DOI Heft:
Heft 2 (2. Oktoberheft 1902)
DOI Artikel:Batka, Richard: Das Deutsche Kunstlied seit Bach, [1]
DOI Artikel:Schultze-Naumburg, Paul: Die Ausstellung "Neue Frauentracht" in Berlin
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.7615#0104
scheidene Musikliebhaber an „Oden", d. h. Gedichten, die man beliebten
Tanzmelodien unterlegt hatte, und eine Sammlung solcher Lieder gab
ein Leipziger s736—^5 unter dem Pseudonym „Sperontes' singende
Muse an der Pleitze" heraus. Jn Leipzig entstanden auch um die-
selbe Zeit die ersten liedartigen Gesänge, deren Wert nicht bloß ein
historischer, sondern ein dauernder, auch heute noch vollwichtiger ist, die
Lieder Johann Sebastian Bachs. Mit ihnen, die unsere lebendige Ton-
lyrik eigentlich erst eröffnen, werden wir uns im nächsten Kapitel näher
zu beschüstigen haben. R. B.
Nis Kussteliung in LZsrlin?
Wenn ich heute von der eben genannten Ausstellung erzähle, so
möchte ich, um sedem Mißverständnis vorzubeugen, sogleich bemerken,
daß diese Ausstellung aus meine Anregung hin entstanden ist und unter
meinem Vorsihe stattfindet. Das Folgende ist also durchaus ein Bericht
pro llonro.
Schon vor Jahren habe ich im Kunstwart in einigen Aufsätzen
die Grundprinzipien der Frauentracht in kurzer Form festzulegen ge-
sucht. Jm Vorjahre zeigte ich hier mein bei Diederichs erschie-
nenes Buch über die Kultur des weiblichen Körpers als Grundlage
der Frauenkleidung an und bat die Leser, sich mit dieser sür uns
so wichtigen Frage zu beschäftigen. Avenarius unterstützte diese
Vitte. Die Bekanntschast mit der Sache muß ich nun allerdings hier
voraussetzen, denn ich wüßte sonst nur ein Mittel, einen Fernstehenden
sür sie zu interessieren oder ihn zu unsern Ansichten zu überzeugen:
nämlich alles das zu wiederholen, was ich damals in meinem Buche
sagen mußte. Das aber ist hier nicht möglich.
Die Ausstellung sollte dazu dienen, jenes theoretische Eintreten
in die praktische Betätigung überzuleiten, indem sie einen Ueberblick
über das bot, was auf diesem Gebiet nun immerhin auch schon pr aktisch
geleistet ist. Die Teilnahme an der Neugestaltung der Frauenkleidung
wächst in einer ungeahnten Weise, überall aber begegnet man der Klage,
daß man keine Mittel und Wege sähe, sich diese Kleidung ohne große
Mühen zu verschaffen. Hier konnte am besten eine Ausstellung abhelsen,
einesteils, indem sie in weiterern Rahmen eine Uebersicht über die vielerlei
Möglichkeiten der Gestaltung bietet, andernteils, indem sie über die Be-
zugsquellen unterrichtet. Dieser Versuch ist an verschiedenen Städten schon
mit kleineren Ausstellungen gemacht worden, die von den Ortsgruppen
des Vereins zur Reform der Frauenkleidung veranstaltet wurden. Aus
ganz anderem Boden standen die Ausstellungen, die die künstlerische
Gestaltung der Frauenkleidung anstrebten, ohne den Resormgedanken zum
leitenden Grundgedanken zu machen. Van de Velde z. B. hat ausdrück-
lich erklärt, daß er mit unseren Bestrebungen, die die Korsetfeindschaft
* Die Ausstellung sindöt bis zum 8. November im Hohenzollern-Kunst-
gewerbehause statt, Berlin V/., Leipziger Straßs und enthält aus Berlin,
Breslau, Dresden, Kiel, Leipzig, München, Koburg, Magdeburg, Darmstadt,
Nürnberg, Bremen, tzalle, Zürich und andern Ortsn etwa hundert Kleider.
Jedes ist mit der Firma des Ausftellers und mit dem Verkausspreise versehen.
Die Preise gehen von 500 Mk. bis zu den niedrigsten hinab.
60
Runstwart
Tanzmelodien unterlegt hatte, und eine Sammlung solcher Lieder gab
ein Leipziger s736—^5 unter dem Pseudonym „Sperontes' singende
Muse an der Pleitze" heraus. Jn Leipzig entstanden auch um die-
selbe Zeit die ersten liedartigen Gesänge, deren Wert nicht bloß ein
historischer, sondern ein dauernder, auch heute noch vollwichtiger ist, die
Lieder Johann Sebastian Bachs. Mit ihnen, die unsere lebendige Ton-
lyrik eigentlich erst eröffnen, werden wir uns im nächsten Kapitel näher
zu beschüstigen haben. R. B.
Nis Kussteliung in LZsrlin?
Wenn ich heute von der eben genannten Ausstellung erzähle, so
möchte ich, um sedem Mißverständnis vorzubeugen, sogleich bemerken,
daß diese Ausstellung aus meine Anregung hin entstanden ist und unter
meinem Vorsihe stattfindet. Das Folgende ist also durchaus ein Bericht
pro llonro.
Schon vor Jahren habe ich im Kunstwart in einigen Aufsätzen
die Grundprinzipien der Frauentracht in kurzer Form festzulegen ge-
sucht. Jm Vorjahre zeigte ich hier mein bei Diederichs erschie-
nenes Buch über die Kultur des weiblichen Körpers als Grundlage
der Frauenkleidung an und bat die Leser, sich mit dieser sür uns
so wichtigen Frage zu beschäftigen. Avenarius unterstützte diese
Vitte. Die Bekanntschast mit der Sache muß ich nun allerdings hier
voraussetzen, denn ich wüßte sonst nur ein Mittel, einen Fernstehenden
sür sie zu interessieren oder ihn zu unsern Ansichten zu überzeugen:
nämlich alles das zu wiederholen, was ich damals in meinem Buche
sagen mußte. Das aber ist hier nicht möglich.
Die Ausstellung sollte dazu dienen, jenes theoretische Eintreten
in die praktische Betätigung überzuleiten, indem sie einen Ueberblick
über das bot, was auf diesem Gebiet nun immerhin auch schon pr aktisch
geleistet ist. Die Teilnahme an der Neugestaltung der Frauenkleidung
wächst in einer ungeahnten Weise, überall aber begegnet man der Klage,
daß man keine Mittel und Wege sähe, sich diese Kleidung ohne große
Mühen zu verschaffen. Hier konnte am besten eine Ausstellung abhelsen,
einesteils, indem sie in weiterern Rahmen eine Uebersicht über die vielerlei
Möglichkeiten der Gestaltung bietet, andernteils, indem sie über die Be-
zugsquellen unterrichtet. Dieser Versuch ist an verschiedenen Städten schon
mit kleineren Ausstellungen gemacht worden, die von den Ortsgruppen
des Vereins zur Reform der Frauenkleidung veranstaltet wurden. Aus
ganz anderem Boden standen die Ausstellungen, die die künstlerische
Gestaltung der Frauenkleidung anstrebten, ohne den Resormgedanken zum
leitenden Grundgedanken zu machen. Van de Velde z. B. hat ausdrück-
lich erklärt, daß er mit unseren Bestrebungen, die die Korsetfeindschaft
* Die Ausstellung sindöt bis zum 8. November im Hohenzollern-Kunst-
gewerbehause statt, Berlin V/., Leipziger Straßs und enthält aus Berlin,
Breslau, Dresden, Kiel, Leipzig, München, Koburg, Magdeburg, Darmstadt,
Nürnberg, Bremen, tzalle, Zürich und andern Ortsn etwa hundert Kleider.
Jedes ist mit der Firma des Ausftellers und mit dem Verkausspreise versehen.
Die Preise gehen von 500 Mk. bis zu den niedrigsten hinab.
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