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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 16,1.1902-1903

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Heft 4 (2. Novemberheft 1902)
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Avenarius, Ferdinand: Literarischer Ratgeber des Kunsthandwerks für 1903, [5]: Kunstblätter und Bildwerke
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https://doi.org/10.11588/diglit.7615#0298

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I^unftblätter uncl Kilcleri-verke.

Kunstblätter und Bildenveike zu empfehlen, wtrd durch sehr Verschiedenes er-
schwert. Wie unser Buch- und Musikalienhaudel ist auch uuser Kunsthandel bisher
fast ausschließlich „Geschäft" gewesen, mußte es sein, da er gauz allein auf sich selber
augewiesen war, denn der Allgemeinheit kam es kaum jemals bei, in der Erkeuutuis,
daß hier ihre Jnteressen verwaltet wurden, mitzuhelfen. Aber auch wo uneigen-
nütziger guter Wille mitspricht, fehlt es uoch vielfach an der klaren Einsicht, was denn
eigeutlich da oder dort geschehen könnte — uusere ganze Bewegung ist noch viel zu
arm au Erfahruug, als daß wir schon praktisch wäreu. Diese Verhältuisse ließen
sich vielleicht ändern, andere Hemmungen liegen unabänderlich in der Natur der Sache.
Wo sich's um Kunstgeschichte, um Kunstwissenschaft überhaupt handelt, ist das Hauvt-
interesseja eines des Verstandes. Wenn ich aber das Jnnerste eines Kunstwerkes genieße,
so ist mein Verhältnis zu ihm Gefühl, ist's Liebe, die nicht vou Begriffen und Keunt-
nissen, sondern von der unmittelbaren Antwort meiues so oder so gefüllten Jchs auf
die Ausprache dieses Du abhäugt. Hüten wir uns, da dreinzureden, — was wir da-
mit erhielten, wäre nur Suggestiou. Das Jch vou Suggestionen gerade frei zu
machen, es in seinem Kern uud in seinen Organen zu stärken, daß es kräftiger aufnehme
und verarbeite, das ist im Grunde die einzige Möglichkeit, eine Seele von der Ver-
irrung au Minderwertiges zu lösen. Gewiß, die Vorführung des Vortresflichen muß
dabei helfen. Jn uoch anderem Sinue, als bei den Gebieten des Wissens. muß aber
der einzelne hier selber prüfeu, was mit seiuem eigenen Herzton zum Akkorde zu-
sammenklingt. Wer iu großen Städten wohnt, kann das am besteu, indem er Samm--
lungeu besucht, Galerieu und besonders „Kupferstichkabinette", deren Angestellte zur Vor-
führung ihrer Schätze da und, unsern Erfahrungen uach, allerorts auch bereit sind.
Hat man sich dort darüber geklärt, was man am liebsten wünscht, so wird man ost
schon an Ort und Stelle erfahren können, in welcheu Reproduktiouen es zu beschaffen
ist. Wenn uicht, so wende man sich an eine unserer großen Kunsthandlungen, deren
Adressen ja leicht zu erfahren sind — in diesen sind jetzt denu doch schon Leute zu
stnden, die Urteil haben. Das ist freilich gewiß: wenn Kunstblätter recht wirken
sollen, so muß mau sie ins Haus bringen. Die Kunstfreunde in Kleinstadt uud
Dors, am Urquell aller Knnst, der Natur, viel besser daran als der Großstädter,
haben's in Hinsicht auf solches Auswählen ja allerdings schwieriger. Vielleicht glückt's
dem Dürerbuud, auch da mitzuhelfen, vorläufig wird unser Blatt ja das Jahr über
tun, was es tun kaun. — Geben wir uun die paar Fingerzeige, die sich heute und
hier geben lassen.

Von farblosen mechanischen Reproduktionen altmeisterlicher Kunst, die auch
in Einzelblättern verkauft werden, sind die besten die beiden großen Kohledruck-
Serien von Braun und von Haufstängl, wahrhaft stolze Publikationen uach Ori-
ginalaufnahmen der meisten interessauten Werke sämtlicher großer und vieler kleiner
Galerien, kunstgeschichtlich vou unschätzbarer Wrchtigkeit. Die Braunschen Blätter sind im
allgemeinen malerischer, die Hansstänglschen in den Einzelheiten schärfer. Die schönsten
Photogravüren gibt bisher woh! die Photographische Gesellschaft heraus. Könuen diese
Ausgaben der Natur der Sache nach nicht wohlfeil sein (sie kosten 5—9 Mark und
mehr das Blatt), so haben Hanfstängl und Bruckmann neuerdings doch auch eine
große Menge von Bildern in kleineren „Pigmentdrucken" zu je 1 Mk. herausgegeben.
Gute große Lichtdrucke bieten die Seemannschen „W an d b il der". Einzelblätter in
wechselnder Technik, wie sie uns je dem einzelnen Gegenstande am augemessensten er-
schien, in vornehmer Ausstattung, mit Text und doch zu billigem Preise wollen die
„Vorzugsdrucke" des Kunstwarts geben. Einzelblätter in Umschlag für je 25 Pfg.
bieten bekanutlich unsere „Meisterbilder", die sich zugleich bemühen, durch Aus-
wahl, Auordnung und vor allem durch begleitenden Text das Kunstgenießeu zu er-
leichtern. Der nicht vorherzusehende Erfolg der „Meisterbilder" hat uun andere Ver-
leger zu Nachahmungen ermutigt: Nöhring in Lübeck gibt „Meisterw er ke in
Emzelblättern" in Lichtdrucken zu je 30 Pfg., und Fischer u. Franke in Berlin geben
„Hundert Hauptblätter der graphischen Kunst des 15. bis 18. Jahrhunderts"
heraus, die gieichfalls auch einzeln abgegeben werden. Beide Unternehmuugen machen
sich's aber recht bequem: von einem Jndividualisieren der Reproduktionstechnik kann
hier ebensowenig die Rede sein, wie von einem eindringenden Prüsen aus den Aweck
hin beim Wählen und Anordneu, und das schwierlgste, den besprechenden Text,
schenken sich alle beide ganz. — Keine Einzelblätter geben die folgenden Sammelwerke

2x8

Aunstrvart
 
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