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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 16,1.1902-1903

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Heft 10 (2. Februarheft 1903)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7615#0732

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^iterstur.


G Von den Briefen Mörikes
ist doch schon ein weit größerer Teil
der Oesfentlichkeit übergeben als ge-
meinhin bekannt ist. Jakob Bächtold,
üer erste, der sich wissenschaftlich
mit Mörike befaßt hat, gebührt
das Verdienst, drei ziemlich voll-
ständige Briefwechsel in Buchform zu-
gänglich gemacht zu haben: 1885 den
mitHermann Kurz, 1890 den mit Moritz
von Schwind, 189t den mit Theodor
Storm. Der erste ist der umfangreichste
und bedeutendste, und doch — wie
wenige, selbst von den Verehrern unsres
Dichters, kennen ihn, besitzen ihnl Die-
sen Briefwechsel, in dem zwei zur
Höhe des Lebens emporstrebende
Poeten im freimütigen Gedankenaus-
tausch Stücke ihrer Seele niedergelegt
habenl Derselbe Bächtold hat auch be-
gonnen, einzelne besonders schöne und
wichtige Vriefe Mörikes an verschie-
denen Orten mitzuteilen, so 188H in
üer „Deutschen Rundschau", 1891 und
1892 in der „Deutschen Dichtung".
Schon vorher waren von Professor
Hermann Fischer sieben Briefe ües
jungen Mörike an seinen genialischen
Studienfreund Wilhelm Waiblinger
in der „Neuen Züricher Zeitung" von
1885 bekannt gegeben worden (wie-
üerholt in seinen „Beiträgen zur Lite-
raturgeschichte Schwabens"). Fischers
undBächtoldsBeispiel hatNachahmung
gesunden. Jch selbst habe im vierten
und siebten Hefte der „Deutschen Rund-
schau" von 1895 nicht weniger als 4-1
Schreiben Mörikes aus seiner Sturm-
und Drangperiode veröffentlicht und
weitere Jugendbriefe von ihm in Max
Kochs „Zeitschrift für vergleichende
Literaturgeschichte" 1396 S. 352 ff. und
im „Literarischen Echo" 1900 Heft 16
nachfolgenlassen. NeuerdingshatHarry
Maync, einer der Biographen Mörikes,
im Januarheft 1903 von „Westermanns
Monatsheften" eine Anzahl Briefe an
Mörike und einen von ihm an Aüolf

Stahr herausgegeben. Eine Liste, die
ich mir — zunächst zu Privatzwecken —
über alle gedruckten Mörike-Briefe an-
gelegt habe, weist bereits gegen 1-10
Nummern auf.

Es ist allerdings keine Frage, daß
die in den genannten und noch in
manchen andern Büchern, Zeitschriften
und Zeitungen zerstreuten Briefe, deren
Veröffentlichung mehr oder weniger
den Stempel des Zufälligen trägt, uns
auf die Dauer eine aus der Fülle des
vorhandenen Stoffes sorgsam und
glücklich getroffene Auswahl nicht er-
setzen können. Einer solchen Buchaus-
gabe fteht aber zunüchst noch derWider-
spruch der Hinterbliebenen des Dich-
ters im Wege, der, wie bedauerlich er
für alle Verehrer Mörikes sein mag,
vom menschlichen Standpunkt begreif-
lich erscheint, vom rechtlichen jeden-
salls sich nicht anfechten läßt. Aber
vom i.Januar 1906 ab wird alles, was
der Dichter geschrieben hat, frei, und
dann soll auch die Briessammlung der
Mörike-Gemeinde, die mit Recht nach
ihr verlangt, nicht länger vorenthalten
bleiben. Rudolf Rrauß.

G „Frei zum Dienst." Eine
Diakonissengeschichte. (Leipzig, Ernst
Bredt, M. q.20, geb. M. 5.—.)

Wieder ein tüchtiges Frauenbuch.
Ein Frauenbuch, weil es von einer
Frau geschrieben ist, ein Frauenbuch,
weil es sich der geistigen Not widmet,
die unter vielen der besten unsrer
Frauen nun einmal umgeht und weder
übersehen noch geringgeschätzt werden
dars. Hier wächst sie aus dem Diako-
nissenwesen heraus. Auch als Diako-
nissin weigert sich die gereifte Frau,
fernerhin nur ein bedingungslos er-
gebenes, willen- und gedankenloses
Werkzeug zu sein. Die Heldin, ein
braves und kluges Mädchen aus gs-
bildeterFamilie, kommt nach Prüfungen
und Kämpfen ernst arbeitend zu der
Einsicht, daß Weiblichkeit hier und

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Kunstwart
 
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