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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 16,1.1902-1903

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Heft 7 (1. Januarheft 1903)
DOI article:
Batka, Richard: Das Deutsche Kunstlied, [3]: die Berliner Schule
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Avenarius, Ferdinand: Naturprodukt und Kunstwerk
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https://doi.org/10.11588/diglit.7615#0525

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unverührt läßt. Von dem iälteren) Aerchardt, dessen „Veilchen" em
Mendelssohn und Brahms nach Mozart noch vertrug und dessen „Freud-
voll und leidvoll" erst durch Beethoven verdrängt worden ist, enthäll
Erks Liederhort noch mehrere zwanzig Lieder, die heute wohl insge-
samt schon verklungen und vergessen sind. „Den wortgewordenen Geistes-
blick zu sättigen mit gleichem Ton" war auch ihm nicht vergönnt. Das
Beste, was man dem einen wie dem andern nachsagen kann, ist, daß
ihre Musik den Text nicht umfüllt, sondern trügt und die Wirkung des
Dichterwortes aus den Hörer nicht stört und üehindert. Selbständige
Kraft ist ihn nur selten oder nur stellenweise zu eigen. Bemerkenswert
sür ihren Standpunkt ist die Vorrede eines der vielen Reichardtschen
Liederhefte, worin er sagt: „Meine Melodien entstehen jederzeit aus
wiederholtem Lesen des Gedichts von selbst .... Soll man das nun
aber im Vortrage erkennen, so rnuß der Sänger vorher die Worte ganz
lesen und so lange lesen, bis er sühlt, daß er sie mit wahrem Ausdruck
liest, und dann erst sie singen."

Eben als diese Skizze in Satz kam, legte der Cottasche Verlag
das dreibändige, grundlegende Werk Max Friedländers über das deutsche
Lied des s8. Jahrhunderts* auf den Weihnachtstisch. Durch diese aus
jahrelangen Studien fußende Arbeit ist die bisherige Kemrtnis des
Stoffes natürlich überholt, das Urteil über Einzelheiten vielfach üerichtigt
und vor allem das Bild der Entwicklung um viele und charakteristische
Züge bereichert worden. Diese neuen Ergebnisse hier einzuschalten war
leider nicht mehr möglich, sie sind sür eine populäre Darstellung auch
nicht von so großem Belang. Der praktische Musiker wird sich vor allem
vom zweiten Bande des Werkes angezogen fühlen, das die Musikbeispiele
enthält und Renaissance-lustigen Sängern vierthalbhundert größtenteils
unbekannte Lieder zur Auswahl vorlegt. Diese Blütenlese erhält da-
durch ihren besonderen Wert, daß der Sammler bekanntlich nicht bloß
Gelehrter, sondern auch Sänger ist, sich also nicht nur von musikphilo-
logischen Gesichtspunkten leiten läßt, vielmehr mit starkem Optimismus
der Wiederbelebung des alten Liederschatzes das Wort redet. Wir werden
bei der Betrachtung der süddeutschen und österreichischen Liederschule
noch Gelegenheit nehmen, aus das Friedländersche Werk zurückzukommen.

R. B.

j^alurprociukl uncL Nunslwerk.

Während des Dresdner Kunsterziehungstages erregte ein verdienter
Mann dadurch Heiterkeit, datz er offen gestand, er wisse mit Hans von
Volkmanns bekanntem Bilde „Die Sonn' erwacht" nichts anzusangen.
Was daraus dargestellt sei, das verstehe er nicht — seien das Wellen
oder Wolken oder Ballen oder was, und wo kämen plötzlich die Kinder
herd Also selbst aus dem Dresdner Kunsterziehungstage konnte das
vorkommen: Das Frohzusammensassende in Hans von Volkmanns
Waldesbuchten da unten, der Jubel des kommenden Tages, der sich in
der Engelschaar schier selbstverständlich verkörpert, von all dem hatte
der Redner nichts erfaßt, und doch hielt er sich sür berechtigt, in einer

* Max Friedlnnder, das deutsche Lied im s8. Jahrh. Quellen und
Studieu. (Sturrgart, Cortas Nachs.)

zvs

s. Ianuarbeft syoä
 
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