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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 16,1.1902-1903

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1902)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7615#0123

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Rofner (sieht sich in der Stube um. Bestätigt): Ja . . . ja . . . ganz
fremd I (tzartnäckig) Aber jetzt hab' ich schon auf'baut . . . jetzt geh' ich nimmer
von der Hütte . . .

Rofnerin (sehr beredt): Was wehrst üich so! Wir können uns ja fo-
wieso nicht mehr halten auf dem Gütel . . . famt aller Arbeit nimmer! Wie
sollen wir nur die Zinsen vom Kapital aufbringen, das du jetzt für den Bau
schuldig bift! Und jeüer Wettersturz fchwemmt uns das Erdreich vom Acker .. .
und jedesmal müsfen mir die Erden wieder auf dem Buckel hinaufschleppen
. . . buttenweis! Schau dich nur an, Martin! Bist ein junger Mensch und hast
dich ftarr und alt gearbeitet . . . mit lauter Schleppen und Tragen . . .

Rofner (hat den Kopf in die Hände gestützt und stöhnt tief auf): Ia
. . . das hab' ich mich . . . und steh' jetzt vor der Versteigerung . . .

Rofnerin (feurig, beredt): Und wenn uns einmal ein Halm reift, dann
schlagt ihn der Schauer nieder oder frißt ihn das Steueramt aus! Und wie sie
einem gleich die Fäust' machen . . . und wie sie einem drohen, wenn man
einmal nit akurat nach ihrer Pfeife tanzt! Martin, mich freut's nicht mehr da,
feit sie meinen Vater so gehunzt haben . . . ich mag nicht mehr bleiben!

(Man sieht durch das Fenster in der dämmernden Landschaft auf einer
kleinen Anhöhe plötzlich ein mächtiges Bergfeuer auflodern.)

Metzger (sieht das Feuer. Ganz erschrocken): Was ist das? Jetzt haben
sie das Sonnwendfeuer ...

Wendl (nach einem Blick durch das Fenster, hastig): Da brennt schon
das Feuer auf der Rofnerwiese!

Obholzer (verdutzt): Was? lEilt zum Fenster.)

Wendl (hastig der Türe zu): Komm, Vorsteher! Vor dem Haus sieht
man's besser! (Durch die Tür ab.)

Obholzer (vom Fenster weg, wütend): Hat er es doch durchgesetzt!
(Eilig mit Wendl und Metzger ab.)

Mattes Ehrnreich (beschwichtigend): Nurnitsoaufgeregt! (Den anderen
nach. Läßt üie Stubentür hinter sich offen.)

Rofner (ist bisher ziemlich apathisch dagesessen. Nun kommt Leben
und Bewegung in ihn. Er sieht sich hastig, scheu in der Stube um, ob nie-
mand mehr da sei. Steht auf, lehnt die offengebliebene Tür zu, setzt sich wie-
der. Mit einer gewissen Hast, als wollte er die willkommene Gelegenheit des
Alleinseins rasch zu einer Aussprache unter vier Augen benützen): Hast schon
ganz recht, Annemarie! Ganz recht! Es ist da kein Bleiben mehrl (Verzagt
ausschnaufend) Aber was dann! Was soll dann mit uns geschehen ... was
fangen wir dann an .. . ich und du!

Rofnerin (ohne zu stocken. Beredt): Auswandern tun wir! Wohin
du willst! So gut treffen wir's überall! Die harte Arbeit sind wir gewöhnt!
Wir werden uns schon über Wasser halten!

Rofner (stimmt lebhaft bei): tzast ganz recht! So gut treffen wir's
überall! Das ist wahr! (Dann wieder in Zagen und Zweifel) Aber... was
sollen wir dann ... was ...

Rofnerin (bereit, seine Bedenken zu zerstreuen): Was! Red' nur!

Rofner (feufzt nachdenklich): Mein Gott, was fangen wir dann aber
mit der alten Mutter an!

Rosnerin (beredt, ohne einen Augenblick zu stocken): Die Mutter geben
wir derweilen zu meiner Basel! Das ist eine gute Seel'I Die gibt ihr oon

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