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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 16,1.1902-1903

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Heft 12 (2. Märzheft 1903)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7615#0836

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Lin Mensch mit seinem Beil. Das blitzt. . . Ach, will —
Ich wache auf — nicht enden das Gebrüll!

Und wieder träum ich. Lndlos seh aus grauer
verlorner Ferne eine Voppelmauer
Lserlaufen ich. Dazwischen Tier nach Tier
In langer Reihe, blökend, durch die Bahn
Lilig hertrottend bis zum Ziele hier.

Da steht der Mensch mit seinem Beil und hackt
Mit schnellen Schlägen, wie die Uhr ticktackt,

In all die Stirnen. lvie er trifft, versinkt
Die Leiche rasch, und weiter blinkt nnd blinkt
Das Beil, und weiter rennts in wilder Lile
In endlos langer Reihe her zum Beile . . .

Wieder erweckts mich, wieder kommt der Tranm.
Da seh ich weit bis hin zum Lsimmelssaum
Von ll)ies an wiese grünes Lsügelland.

Nitten darauf der Mensch, an seiner Lsand
Zwei Tiere, die zerschneidet er und macht
Aus ihnen vier und aus den vieren acht
Und immer fort so mit geheimer Macht,

Tötend und mehrend, bis das weite Land
UUt Tier und Tier gefüllt ist bis zum Rand.

Lr würgt und mehrt, und mehrt nur, um zu morden,
Blutgierig ins Unmeßliche die Lsorden,

Lrwürgt und mehrt und wächst vom Blut als Bpott
Des Schöpfers auf zum riesigen Aftergott —

Lin einziges Gestöhn dröhnt schaurig auf
Allüberall . . .

Und wieder weckts mich auf.

Der goldene Tod.

Rein U)ind im Segel, die 5ee liegt still —

Aein Fisch doch, der sich fangen will!

So ziehen die Netze sie wieder herein
Und murren, schelten und fluchen drein.

Da neben dem Rutter wirds heller und licht
N)ie weißliches bfaar, wie ein Greisengesicht,

Und ein triefendes Lsaupt taucht auf aus der fflut:
„Li, drollige Nenschlein, ich meins mit euch gut —

Ich gönn euch von meiner lherde ja viel,

Doch heut ift mein Iüngster als Fisch beim Spiel,
Den rnußt ich doch hüten, ich alter Reck,

Drum jagt ich sie all miteinander weg —

Doch schickt ihr den Iungen mir wieder nach Lsaus,
So werft nur noch einmal das Fangzeug aus:

Der schönste ist mein Söhnchen klein,

Das übrige mag euer eigen sein!"
 
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