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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 16,2.1903

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Heft 16 (2. Maiheft 1903)
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Unsre Noten und Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.7954#0250

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dort im Original in der ^Lcactemia 6i Lan Ouca und das gleichfalls in einem
Abbilde heute vor dem Kunstwarr hängt — nüchst den beiden „sützen Rüpeln'"
unter der sixtinischen Madonna sei es, abgesehen von einigen Christkindern, das
beliebteste Kunstkind der ganzen Welt. Jch weih nicht, ob das ohne weiteres
ein Lob bedeutet, doch handelt sich's hier nicht um eine schnell vorübergehende
Mode, und eine dauerhafte Verehrung auch der grohen Menge pflegt zwar
selten die allerersten Meisterwerke, selten aber auch wertloses Zeug zu treffen.
Sichsr ist, datz Karls Söhnlein auf diescm Bildnis viel weniger hergerichtet
wirkt, als auf den repräsentantiven Bildnissen Van Dpcks, es ist so, wie's da
steht, ungemein gcwandt aus dem Leben genommen, es erscheint kindlich, un-
befangen, höchstens ein wenig erstaunt darüber, was der Onkel Maler da macht.
Jn Farbe wie Form ist's mit den Pastellstiften virtuos gemalt, nur die Hände
wären für ein fertiges Bild bei der klaren Ausführung des Uebrigen zu
flüchtig hingesetzt — nach ihrer Form würde man nicht einmal wissen, ob sie
in Handschuhen stecken oder nicht. Unser Bild konnte übrigens leider nicht nach
dem Originale unmittelbar hergestellt werden, ihm liegt die vorzügliche grohe
farbige Vervielfältigung zugrunde, die bei Trowitzsch L Sohn in Frankfurt a. O.
erschienen ist und allen, denen schon unser Bildchen gefällt, sehr zur Beachtung
empfohlen sei. Man kann's dorther für t2,so Mk. auf Karton, und in elfen-
beinfarbenem Rahmen für 2s Mk. beziehen.

Unter den hinten angefügten Bildern ist das erste ein zeitgenüssisches
Bildnis Ludwig Tiecks, das wir wieder dem schönen Könneckeschen „Bilder-
atlas zur Geschichte der deutschen Literatur" entnehmen, der in der Elwertschen
Buchhandlung zu Marburg erschienen ist.

Dann folgt eine Bildnisbüste von Julius Exter. Wir glaubten, es
würde unsere Freunde interessieren, diesen ungemein feinen plastischen Kopf
mit dem kürzlich gebrachten Kinderbildnisse (Kw.XVI, 14) desselben Künstlers zu
vergleichsn, weil hier, wo ein und dieselbe Künstler s e e l e sich äuhert, angesichts
der verschiedenen Ausdrucksweisen ganz besonders deutlich hervortritt, wie ver-
schieden die impressionistische Malerei und wie ein Plastiker mit andern Worten:
wie verschieden der Natur gegenüber ein Künstlerauge sich „einstellt". Dort
ein Beobachten ausschliehlich auf die Farbflecken hin und ein Wirken ausschließ-
lich mit ihnen, hier, wenigstens beim Kopf, ein Arbeiten ausschließlich mit
der Form. So einfach die kleine Gegenüberstellung ist, so widerlegt sie doch
wohl deutlich genug die naive Vorstellung des grohen Publikums, dah man ein
Kunstwerk schon erschöpft habe, wenn man nur recht deutlich den Gegenstand
erkannt hat, den es darstellt. Die Mitfreude am „Wege" des Künstlers, an
der technischen Bewältigung einer Aufgabe, wollen wir unsererseits in der
Mitfreude beim erreichtcn Ziel doch auch nicht übersehen.

Die letzte Beilage gehört zu dem kleinen Rundschau-Aufsatze von tzans
Thoma in Sachen des früheren Beitrages „Kein Plagiat".

Verantwortlich: der Herausgeber Ferdinand Avenarius in Dresden-Blascwitz. Mttredaktcnre:
für Musik-Or. Richard Batka in Prag-Weinberge, ftir bildendeKunst: Proscssor Paul Schultze-
Naumburg in Saaleck bei Kösen in Thüringen. — Sendungen für den Text an den Herausgeber,
über Musik an vr. Batka. — Druck und Verlag von Georg D- W. Callwey in München.
Bestellungen, Anzeigen und Geldsendungen an den Verlag Georg D. W. Callwey in München.
 
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