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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 16,2.1903

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Heft 18 (2. Juniheft 1903)
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Batka, Richard: "Ein Heldenleben" von Richard Strauss
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Haenel, Erich: Adolf Bayersdorfer
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https://doi.org/10.11588/diglit.7954#0332

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Man muß technisch ein bischen über Beethovens O-änr-Sonatine hin-
aus sein, um da mitspielen zu können. Aber wie Singer diese von
Grund auf orchestral entworfene Partitur klavierfähig gemacht hat,
das ist ohne Uebertreibung gesprochen ein Meisterstück, wenn wir anch
einräumen, daß die Thematik des Werkes einer pianistischen Wieder-
gabe von vornherein günstigere Chancen darbot, als etwa „Zara-
thustra" und „Don Qnixote", die ohne die Farbe der Jnstrumente
da auch des sprechenden Ausdruckes verlustig gehen. Manches will
sich ja selbst hier keineswegs in klaviermäßiges Wohlgefallen auf-
lösen, z. B. der höhnende Chorus der Beckmesser. Dazu gehört
eben die Spielweise der Holzbläser ganz wesentlich; das synkopierte
Geschrill der dritten Oboe anf dem hohen o z. B. vermag kein
Tasteninstrument in seiner Drastik nachzuahmen. Jm Original glaubt
man Ferdinand Hiller persifliert, wie er Franz Liszt anf dem

historischen Hausschlüssel auspfeift. Auch von der Pracht des Kolo-

rits bekommt man nnr eine Vorstellung, wenn man schon weiß, wie
ein Strauß-Orchester klingt. Gelegentliche Andeutungen der Jnstru-
mentation wären wohl auch dem Pianisten willkommen gewesen, und
nnr nebenbei bemerke ich, daß der Partitur jene alles nieder-
schmetternden Fortissimo-Wirknngen fehlen, die wir vom Anfang des
„Zarathustra" kennen. Dem bedeutenden Gesamteindruck wird sich
aber auch im Klavierauszuge kein Vorurteilsloser entziehen können,
wir vernehmen auch da die mitunter rauhe aber gewaltige Sprache
Eines, der was zu sagen hat. Jch rechne das Heldenleben zu jenem

Großen und Seltenen in der Kunst, das uns die Wonne lehrt, sich

klein zu fühlen. R. B.

Hclolf kayersclorfer.

Die Kunstgeschichte, so jung sie als festumgrenzte und ihrer
Ziele klar bewußte Wissenschaft dasteht, hat doch schon das Glück
gehabt, eine Anzahl der abgeschlossensten und feinsten Charaktere un-
seres Schrifttums in der Reihe ihrer Kämpfer zu sehen. Wenn auch
Schnaases Persönlichkeit heute uns schon etwas in dem kühlen Licht
eines philosophisch engbrüstigen Systematikers erscheint, so quillt doch
aus vielen Teilen seines Hauptwerkes, des gewaltigen Torso der
„Weltgeschichte der Knnst", der warme Hauch eines Geistes, dem die
Kunst ein Königreich gesteigerten und darum mit heiligstem Ernst
auszuschöpfenden Menschentums darstellte. Burckhardt vollends braucht
keine Apologie. Bei ihm ist die Form, d. h. der sprachliche Stil
seiner Werke, an Reinheit und Würde den hohen Zeiten und er-
habenen Erscheinungen in vollem Maße ebenbürtig, die er uns ent-
hüllt. Man könnte die Anschauungen dieses Historikers zeitlos nennen,
wenn man damit die Unberührtheit von den trüben Wellen der ak-
tuellen Kunstpolitik bezeichnen, ihnen den Jnhalt einer mit divina-
torischer Schauenskraft aus den Mächten der Vergangenheit ausge-
zogenen und zu bleibendem Edelmetall gehärteten absoluten Kunst-
weisheit zugestehen will. Das Szepter, das er geführt hatte, ver-
blieb nach seinem Tode in den Händen Karl Justis, des Velasquez-
Biographen und großen Rekonstrukteurs des 18. Jahrhunderts, das

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