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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 16,2.1903

DOI Heft:
Heft 15 (1. Maiheft 1903)
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Göhler, Georg: Musikpflege und Tagespresse
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https://doi.org/10.11588/diglit.7954#0143

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1>Ill8ikpflege llnct riage8pre88e.

Wer für eine Sache kämpft und nicht von dem eitlen Größen-
wahne befallen ist, den Ruhm des Siegs unbedingt allein haben zu
wollen, wer insbesondere für eine große Sache arbeitet und Ein-
sehen genug hat, um zu wissen, daß eines Mannes Kraft, ja vieler
Freunde Kraft noch nicht hinreicht, um das erstrebte Ziel zu ge-
winnen, der wird über nichts mehr erfreut sein, als wenn ihm aller-
orten Helfer erstehen, die vielleicht ohne seiner zu gedeuken, aber doch
innerlich mit ihm im Bunde die gleichen Anschauungen vertreten. Und
nichts wäre unnatürlicher, als wenn der Anführer einer Bewegung
ohne Grund Elemente, die ihm mächtige Bundesgenossen sein könnteu,
sich zu Feinden oder wenigstens kopfscheu machte. Das tut kein kluger
Mann, und scheint er's zu tun, so wird er Gründe haben.

Auch wir vom Kunstwart haben Gründe, wenn wir gegen aller-
hand Leistungen der Tagespresse in der künstlerischen Verbildung
des Volkes, in der geschäftsmäßigen Verunreinigung des künstlerischen
Anschauens und Urteilens schreiben, wenn wir über ihre Teilnahms-
losigkeit bei tief ins Kulturleben eingreifenden Kunstfragen, über ihre
Unfähigkeit zu unterscheiden, Abstand zu halten im Urteil und Mode-
torheiten zu erkennen sprechen. Denn daß die betroffenen Blätter
eigentlich mächtige Bundesgenossen sein könnten, daß das Wort
von der Weltmacht der Tagespresse nicht bloß eine Redensart ist, das
zu leugnen wäre ja nur Selbsttäuschung.

Aber wie sie jetzt ist, ist die Tagespresse zur Förderung künst-
lerischer Lebensfragen leider nur in so wenigen Fällen dienlich, wie
sie jetzt ist, stiftet sie mit ihrem großen Einfluß so überwiegend Un-
segen, daß nach wie vor eine wichtige Aufgabe der ernsteren Zeit-
schriften bleibt, allmählich die Kunstfreunde im Publikum über
die Zustände dort aufzuklären und auf diese Weise einen Widerstand
anzuregen, der nach und nach zur Besserung mithelfen kann. Auch
der Dürerbund hat ja mit der Einrichtung seiner Zeitungskorrespondenz
die Absicht, hier Hand ans Werk zu legen. Man darf wohl auf das
statistische Ergebnis gespannt sein, wie viele und welche Zeitungen

zos

>. Maibest
 
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