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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 16,2.1903

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Heft 17 (1. Juniheft 1903)
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Rundschau
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Unsre Noten und Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.7954#0309

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Trotzdem ich nach dem Preßgesetz
den Abdruck meiner Berichtigung in der
nächsten AuSgabe der Zeitschrift, also
in ihrem ersten Heft, gradezu fordern
konnte, besonders da die Zeit (bis zum
I. April) vollkommen hinreichte, be-
gnügte ich mich mit dem Versprechen
der Redaktion, sie rverde die Berich-
tigung im zweiten Hefte der „Wart-
burgstimmen" veröffentlichen. Jn-
zwischen ist dies zweite Heft erschiencn,
und die Redaktion hat ihr Vcrsprechen

nicht gehalten. Jch sehe mich da-
her genötigt, die Sache jetzt auf an-
derem Wege vor die Oeffentlichkeit zu
bringen, und zwar umso mehr, als
meines Erachtens die Redaktion auch
ihre übrigen Verhcißungen nicht erfüllt
hat, sondern grade die von mir ausge-
sprochenen Befürchtungen des pseudo-
pathetischen Kulturdilettantismus und
der pseudoidealistischen Halbkunstpflege
durch ihre ersten beiden Hefte in bedenk-
lichstemSinne bestätigt hat. R. Deb m e l.

Ansre unä 8Uäer.

Unsre Notenbeilage igibt weitere Proben aus der Liedliteratur des
^8. Jahrhunderts und zwar drei Lieder von Reichardt. Das erste „Jägers
Abendlied" hat Goethe i?75 gedichtet. Reichardts Melodie erschien i?8i
im dritten Bande seiner Oden und Lieder und wurde vom Dichter sehr ge-
schätzt. Genast crzählt, datz er 1814 ihm das Lied vorgesungen habe. Doch
Goethe meinte: „Das singst du schlecht. Der erste Vers, sowie der dritte
müsscn markig sein, mit einer Art Wildheit vorgetragen werden; der zweite
und vierte weicher, denn da tritt eine andere Empfindung ein. Siehst du,
soi" (indem er scharf markierte:) „Da ramm, da ramm, da ramm, da ramm!"
Dabei bezeichnete er zugleich mit beiden Armen auf und abfahrend das Tempo.
Genast verstand nun, was er wollte und erntete bei der Wiederholung Goethcs
Lob. „So ist es besserl Nach und nach wird es dir schon klar werden, wie
man solche Strophenlieder vorzutragen hat." — Reichardt selbst schrieb vor:
„Mit gedämpfter Stimme und zurückgehaltener Bewegung", änderte es aber nach-
her in: „Langsam und leise". Mit der musikalischen Prosodie stimmt auch die
spätere Lesart des Goethischen Textes: „gespannt mein Feuerrohr" besser.
Eine schöne, aber nicht so volkstümliche als unsere, nur auf z Waldhorn-
akkorden ruhende Komposition gibt es u. a. von Franz Schubert. — Tiecks
„Lied der Nacht" ist t?96 gedichtet. Reichardts Musik erschien in der
„Zeitung für die elegante Welt" 1802 und muß beim Vortrag gleichfalls je
nach dem verschiedenen Ausdruck des Tcxtes zu nüanciert wcrden. Sie vcr-
diente allgemein bekannt zu werden. — Zuletzt sei Klärchens Lied aus
„Egmont" mitgeteilt, das in den holländischen Schulen noch heute gesungcn
werden soll und sich selbst neben Beethooens Ilassischer Weise zu behauptcn
vermag.

Der Düsseldorfcr Malcr Peter Philippi, auf dcn Leopold Weber
schon früher von München aus aufmerksam gemacht hat, läßt nun allmählich
auch die bewußten „weiteren Kreise"' auf sich achten. Und das würde selbst
dann erfreulich sein, wenn es ursprünglich nur dem „stofflichen Jntercsse" odcr
dem „Anekdotenhaften" zu danken wäre, denn Peter Philippi ist in der Tat
weit mehr als ein höherer Familienblatt-Jllustrator. Zunächst: er ist auch ein
sehr guter Maler, ein Künstler, der mit großem zeichnerischen Können und
einem feinen Sinn für Farbe der Welt als Augenerscheinung mit ungewöhn-
lichem Geschmacke nachgeht, ohne jede Manier, scharf bctrachtend, man möchte

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1. Iuniheft 190Z
 
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