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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 16,2.1903

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Heft 14 (2. Aprilheft1903)
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Unsre Noten und Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.7954#0128

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Ansi'e l^olen unä kiläer.

Um den Rundschauartikel über Wilh elm Bergers zweistimmig gesetzte
Volkslieder zu illustrieren, geben wir als Probe das Lied „Die Sonne scheint
nicht mehr". Ein ganz echtes Volkslied ist es freilich nicht, sondern, wie es
scheint, von dem Heidelberger Professor Baumstark (t82Z) aus einer volks-
tümlichen Vorlage hergestellt. An der Redaktion der Singweise ist Zuccal-
maglio beteiligt, dem's ja überhaupt gelang, eigene Melodieen in den Volks-
liederschatz einzuschmuggeln, z. B, „Schwesterlein", „Feinsliebchen du sollst mir
nicht barfuß gehn", „Dort in den Weiden". Die kleinen Noten der zweiten
Stimme gelten nur, wenn ihr Jnhaber Tenor singt; man kann die Stimme
auch weglassen und das Lied als Sologesang von einem Mezzo-Sopran mit
Klavierbegleitung ausführen lassen.

DaS zweite Lied ist von I. A. P. Schulz (t782) als Einlage zu dem
Favartschen Singspiel „Ua kss UrAtzls" komponiert worden. Wir geben die
liebliche Melodie mit einer deutschen Uebersstzung in einer von Camillo
Horn eigens für den Kunstwart vorgenommenen Bearbeitung. Das Original
(in6-äur, bei unserer gegen das t«, Jahrhundert bedeutend erhöhten Stimmung
unmöglich) findet man in Friedländers Buch über „Das deutsche Lied des
t«. Jahrhunderts"' I, 2, Abteilung S. t?s — man kann also, wenn man sich
dafür interessiert, durch Vergleichung nachsehn, was der neuere Bearbeiter tun
muhte, um dem Klaviersatz die Steifheit zu benehmen. Die Kadenz auf der
Fermate „im Flug" entspricht der Praxis der Zeit. Wem im Takt 2t das
zu modern klingt, der mag es getrost weglassen, er benimmt aber dadurch
der Harmonie selbst den feinsten Duft. Vortragsbezeichnungen, Phrasierung,
Fingersatz, die Jmitation bei „ihre Zeit schwindet im Flug" u, a. rührt von
Camillo Horn her.

Schließen wir eine Stichsehlerberichtigung an. Jn der Noten-
beilage unseres t?. Heftes fehlt auf Seite 9 am Ende der Takte 5 und 7 das
Auflösungszeichen is vor dem ss der Oberstimme.

Durch die Güte Franz von Lenbachs und des Mannes, dem das
Original gehört, sind wir heute in den Stand gesetzt, den Lesern ein noch nie-
mals zuvor veroielfältigtes Bismarck-Bildnis vorzulegen, das uns persönlich
von allen gemalten Bismarckportraits das liebste ist. Es ift nicht auf grotze
Wirkung hin herausgetrieben und stilisiert — nur eine Skizze, aber unmittel-
bar nach dem Natureindrucke mit genial sicherer Leichtigkeit hingeworfen, zeigt
es in malerischer Beziehung die höchste Ursprünglichkeit, in seelischer die
feinste Jntimität. Der Bismarck, der zu den Lesern aus den »Losen Blättern"
dieses Heftes spricht, der Bismarck voll Geist aber auch voll Wärme, voll
Kraft aber auch voll gesundesten Humores, er sieht sie auch aus diesem köst-
lichen Bildnisse an.

2. Axrilheft tSOZ

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