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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 16,2.1903

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Heft 15 (1. Maiheft 1903)
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Schultze-Naumburg, Paul: Hermann Muthesius über englische Baukunst
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7954#0165

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aus der Vermählung von deutschem und antikem Geiste hervorge-
gaugen sind, mnßte diese nahe Verwandtschaft mit dem Griechen-
tum ihren sichtbaren Ausdruck finden. Daß später akademische
Schulmeisterei unverstandene griechische und besonders römische Bau-
glieder nur noch in rein äußerlicher Weise verwendete, um einen
„Palaststil" vorzutäuschen, hat mit den Erscheinungen, dic ich mcine,
gar nichts zu tun. Man wolle sich nur daraufhin alle die guten ein-
fachen deutschen Landhäuser u. s. w., die wir nach und nach abgebil-
det haben, prüfend ansehn. Jn ihrer regelmäßigen klaren Einteilung
liegt ein Stück gemessener Lebensführung, die.an die Erziehung durch
das Altertum gemahnt, ein Stück südlicher Heiterkeit glänzt von fern
darüber, die man bei der englischen Tradition nie empfinden wird.
Es ist eben dort ein anderer Reiz, der uns sofort umfängt; zu-
nächst der einer andern Atmosphäre, dann aber auch eines anderen
Geisteslebens, das seine Wurzeln deutlich noch weniger versehrt, als
bei uns, aus dem Mittelalter herleitet.

Dieses nur die ganz allgemeinen Gesichtspunkte. Daß die ver-
schiedenen Lebensformen auch im Einzelnen ihre verschiedenen Bau-
formen herbeiführen müssen, ist selbstverständlich. Jch bin nicht genug
Kenner des englischen Lebens und englischer Sitten, um den Ver-
such zu cinem solchen Vergleich zu wagen. Sckultze-Naumbnrg.

L,08e klatter.

stkaeterlincks „pelleas unck l^elioanüe".

Vorbemerkung. Von den Vorstellungen des Maeterlinckschen
Stückes „Pelleas und Melisande", die in Berlin setzt die neueste Theater-
Sensation bilden, spricht Schönhoff in unserm heutigen Berichte, und
wir bitten, was er dort sagt, vor den folgenden Seiten zu lesen.
Unsre eigne Meinung über Maeterlinck weicht, wie die älteren Leser
des Kunstwarts wissen, wesentlich von der ab, die ihn mit der gegen-
wärtigen Mode sei es als hochbedeutenden Dichter oder auch als
großen Denker oder gar als großen Propheten preist. Einen großen
Propheten sehen wir in Maeterlinck nicht, weil wir nicht sehen, was
Großes er denn prophezeie, einen großen Denker nicht, weil uns
zu einem Denker vor allem Klarheit und Unbefangenheit zu gehören
scheinen, einen großen Dichter nicht, weil uns dazu ein umfassender
Reichtum des Erlebens, eine „Fülle der Gesichte" zu gehören scheint.
Wohl aber sehen wir in diesem Belgier den nach einer bestimmten Rich-
tung hin am weitesten vorgedrungenen Könner, einen hochbegabten und
verdienten poetischen Spezialisten. Wir haben ja schon oft von der
Wichtigkeit gesprochen, die unsrer Meinung nach für die bildenden
und darstellenden Künste das Studium des Traumes hat. Maeter-
linck arbeitet, bewußt oder unbewußt, in seinen älteren Werken fast
überall, wenn wir so sagen dürfen, mit der „Technik" des Traumes
meisterhaft und er stellt dadurch auch die Stimmungen des Traumes
in einer Weise mit seinen Stücken her, wie das so folgerecht ganze Auf-
tritte, ja ganze Werke hindurch noch keiner vor ihm getan hat. Das
ist sicherlich ein großes Verdienst, und es wird Maeterlinck bleiben,
auch wenn sein enger und zager Gefühls- und Gedankengehalt von

iso

Kunstwart
 
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