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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 16,2.1903

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Heft 17 (1. Juniheft 1903)
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Procul, Beatus: Ueber staatliche Bauten: ein Brief
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7954#0279

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gestattet, wird man über so verschwindende und rein theoretische Ver-
waltungsbedenken wohl hinwegsehen künnen.

Jch glaube, Sie ersehen aus meinem Vorschlag, daß die Möglich-
keit, das staatliche Kunsttreiben fruchtbar und anregend zu gestalten,
nicht so ausgeschlossen ist, wie Sie glauben. Jch bin auf Jhre Antwort
gespannt und grüße Sie inzwischen bestens.

Jhr Beatus Procul.

^ose klätter.

vie 8e«leur«ng grosser stlenscken

Von Ralph Waldo Emerson.

Borbemerkung. Der hundertste Geburtstag Emersons wird
am 25. Mai nicht nur in Amerika als ein großer Festtag in Geistes-
land gefeiert, auch in Europa, dem alten, hat Emerson nun schon
eine gute Gefolgschaft. „Sie sind eine neue Aera in Jhrem neuen
gewaltigen Lande," schrieb ihm ja schon Carlyle, Thndall betrachtete
ihn als den größten Anreger all seiner Leistungen, und auch in
Deutschland bildete ihm schon Herman Grimm eine Gemeinde. Sie
besteht aus feinen Menschen, groß ist sie auch heute noch nicht. Wes-
halb nicht? Liegt vielleicht im deutschen Wesen etwas, was dem
Wesen dieser ganzen Gattung des geistreichen Essays widerspricht,
als deren Ausbilder und Hauptvertreter man Emerson betrachten
kann?

Wäre dem so, ich weiß nicht, ob es ohne weiteres einen Vor-
wurf für uns bedeutete. Essayisten wie Emerson erfordern ziemlich viel
geistige Mitarbeit vom Leser, wer die gewähren kann, hat aber
unter uns Deutschen meist eine gewisse methodologische Uebung hinter
sich, und die läßt ihn an den Schriftsteller Anforderungen stellen,
welche ein Emerson nicht erfüllt. Jst es Wissenschaft, was man da
liest? Nein, denn von einem logisch geordneten Untersuchen und
Folgern ist keine Rede in diesen oft innerlich kaum zusammenhängen-
den Absätzen, die für ihre Voraussetzungen und Behauptungen Be-
weise meist gar nicht versuchen. Dichtung aber bieten sie auch nicht,
denn sie stellen nicht dar, und Betrachtungen, Ausrufe, Fragen,
Prophezeiungen würden uns aus der Jllusion reißen, wenn wir
überhaupt darein gekommen wären. So gehört zum Genusse hier
cine Einstellung, die uns Deutschen ungewohnt ist, gerade wenn wir
klare Köpfe sind. „Findest du wahr, was ich sage," schreibt Emerson
einmal, „gut — wenn nicht, so hast du sicherlich andere Augen, und
ich wäre ein Tor, wollt' ich verlangen, du solltest mit ihnen ebenso
sehen, wie ich mit den meinen." Spannt der Forscher seinen Geist
zu abstrahiereudcm Dcnken an, der Dichter zu konkretem Verkörpern,
sv läßt sich cin Essayist wie Emerson von den Wogen seines Be-
wußtseins tragen, ohne bestimmte Arten von Seelenvorgängen grund-
sätzlich zurückzudrängen oder zu betonen. Weder Wissenschaft noch
Kunst bereichert er unmittelbar. Aber er gewährt uns Einblicke in
das Leben einer anderen Seele, die all ihre Kräfte gesteigert hat,
die gleichsam eine Feststunde lebt. „Wir können von einem andern

Iunihest iZoz

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