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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 16,2.1903

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Heft 21 (1. Augustheft 1903)
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Rundschau
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Unsre Noten und Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.7954#0544

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sie bekanntlich den Verein Berliner
Presse, und aus diesem ging hervor
der Bcrliner Presseklub, der da taget,
rvie sich von selbst versteht, in bester
Gesellschaft, mit Bürsenleuten nnd
andern solchen, die ihre Diners mit
getrüffelten Kapaunen und geistreichen
Scherzern schmücken. Aus der Nähe
von tzerz zu Herzen erwächst dann
Freundschaft, aus der Freundschaft er-
wachsen klcine Dienste. Selbstverständ-
lich nur einseitige: ein Borsenmann
z. B. borgt dem Klub ohne Zinsen
und ohne Rückgabetcrmin ein Sümm-
chen, wie man's anderswo stattlich
nennt, abcr eine Gegenleistung — ach,
an was künnt' er wcniger denkenl
Es wäre ja eine Belcidigung, an eine
zu denken, und der Vorsitzende Suder-
mann z. B., das dichtende Kind mit
den Trüumeraugen, die nur aus einer
Welt der Phantasieen Stücke wie »So-
doms Ende" zusammensehen, wie sollte
er wohl gar darauf verfallen, der
Börsenmann hoffe bei der Presse für
seine 25000 Mark auf Entschädigung?
Man kann sich sein Staunen malen.

als im Pommernbank-Prozesse Aeuhe-
rungen fielen, wie: „haben dcnn die
Hcrren gemeint, wir gäben ihnen das
Geld um ihrer schünen Augen willen?"
Aber nun kamen aus den Prioat-
kontoren wie aus den Redaktionen die
Männer, die bewiesen, daß nicht der
Schatten der Jdee einer Ahnung von
einem Gedanken irgend jcmand Be-
teiligtem hätte aufgehen können, so
seien die Ausgaben gemeint gewesenl
Nein, ganz und gar unerwartet sei das
häßliche Licht auf jene Gerichtsoerhand-
lung gefallen, daß es Pressc und
Börse blendete, wie im Dunkel
weilende Liebende. Müsscn wir denn
in alles leuchten, müssen wir denn
ergrünücn wollen, warum jene Aus-
gaben allerdings nur in Gcheimbüchcrn
und hier sogar nur mit schweigend
lächelnden Jnitialen gebucht waren?
Nein, und so dürfen wir hoffen, daß
der schüne Geistcsbund von Presse und
Bürse in seinem trauten Heim, dem
Berliner Presscklub, zum Segen des
wahrhaft freien Mannesworts in alter
Weise weiter blühen möge! A.

Urisi'e j^olen unci Lilcler.

Unsere Notenbeilage bringt einen gemischten Chor des als Komponist,
Theoretiker und Thomaskantor zu Leipzig berühmten Moritz Hauptmann.
Vielleicht ist die gescllige Chorlyrik der Lcipziger Schule (Mendelssohn, Haupt-
mann, Hiller u. s. w.) dasjenige, ivas am lüngsten von ihr leben, ja ver-
mutlich orst recht aufleben wird, wenn ihre Leistungen im „großen Stil", worauf
ihr geschichtlicher Ruhm sich gründet, der Zeit zum Opfer gefallen sind.

Von Bildern ist unserm Heste eines nach Moritz von Schwind
vorgesetzt „Des Knaben Wundcrhorn", im Originale ein Bildchen aus der
Schack-Galerie. Gchört es nicht vor cin Sommerheft? Es kann nichts Ein-
facheres gcben, aber auch kaum etwas, das den Jubel jubelnder zum Ausdruck
brächte, der aus dem Zweiklang von Jugend drinnen und Waldesgrün draußen
im dentschen Herzen zu singen beginnt.

Ganz, ganz anderer Art ist das Werk des Russen Constantin Somof,
das wir ferner bringen. Diese „Dame in Blau" erschien in Deutschland aus
der Berliner Sezessions-Ausstellung des vorigen Jahres, und sie gewann ihrem
Maler die Teilnahme auch dor deutschen Kunstfreunde sofort. Hier zeigte sich
zunächst ein Geschmack, wie cr in solcher Sicherheit auch unter den Bildnern
nichts weniger als häufig ist. Aber es war nicht nur Geschmack, was man
neben dem Können hier bewundcrte. Wenn auch ein gut Teil der Wirkung
auf das Jnteressante des Modells als solchem kommen mochte, auf das Jn-
teresse an dieser eigenartigen Frauenseele — diese Seele so zu schildern zeugte
doch wieder von einem Feingesühl, das wie mit gedämpftem Wohllaut den
Beschauer berührte.

Zu den Bildern nach Friedrich Wasmann schreibt uns Schultze-
Naumburg:


t. Augusthest tsos
 
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