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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 16,2.1903

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Heft 20 (2. Juliheft 1903)
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Bartels, Adolf: Rosegger und die Heimatkunst
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Göhler, Georg: Felix Draeseke, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7954#0445

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die schlichte „Treue", die man jedcrzeit hindurch fühlt. Sie ist meiner
Ansicht nach das Erste und das Letzte dcr Kunst, nicht blotz der
Heimatkunst. Adolf Bartels.

feli» vnaeseke. r.

Jch lasse meinem Aufsatze über Felix Draeseke als Liederkomponisten
heute einen Ueberblick über seine Klavier- und Kammermusikwerke sowie die
kleincrcn Chorsachen folgen. Ein Aufsatz über seine Orchester- und Chor-
werke grotzen Stils wird dann spätcr unsere Betrachtung über Draeseke ab-
schließcn.

Felix Draeseke hat sür das Klavier, von dem er als Komponist ausge-
gangen ist, lange Zeit und in mannigfaltigen Formen geschaffen. Neben seinem
Lehrer Liszt waren Chopin und Schumann die Vorbilder, denen er Anregungen
verdankte. Man mutz dabei bedcnken, datz die ersten in Betracht kommenden
Werke den sechziger Jahren des 19. Jahrhundcrts entstammen. Dic Bestre-
bungen der Lisztschule, durch künstlerische Arbeit auch dcm guten Virtuosen-
und Salonstück seinen Wert zu verleihen, crkenncn wir bei diesen ersten Werken
ebenso wie einzelnc klaviertechnische Spezialitäten dieser Richtung. Zu erwähnen
sind als Arbeiten dieser Gattung die beiden Valsss äs Loooert (op. 4, L. Hoffarth),
die Walzer op. 5 (C. F. Kahni), die Opern-Phantasie über Motioe aus der
»Weitzen Dame" (ox.8, Rozsavölgyi) und dieLetits Histoiro (3 Stücke, op. 9,ebenda).

Jn den Walzern ist das Vorbild Chopins unverkennbar. Aber die
Stücke haben natürlichcs Temperament und brillanten Klaviersatz, gute
Dilettanten und Pianisten, die wirkungs- und gcistvolle Vortragsstücke suchen,
sollten diese Sachen deshalb mehr als bis jctzt spielen. Die Letits Histoirs
besteht aus drei Kapiteln, die mit viel Wärme und Anmut in Schumannscher
Tonsprache erzählt stnd. Das zweite ist ein Kabinettstück für elegante Spieler,
das dritte nühert sich Grieg. — Wenn wir jetzt von Opern-Phantasieen hören,
pflegt uns schlimm zu werden; die Gattung hat aber doch auch ihr Recht, wenn
Künstlerhände sie pflegen. Man hat heutzutage nur wenig Gelegenheit, wirklich
inspirierte, improvisierte Stücke der Art zu hören. Liszts Vorbild hat Dracseke
beeinflußt, wenn er aus Motiven der »Weitzen Dame", die viel besser sind, als
sehr viel moderner Musikkram, eine Phantasie für Klavier schuf, bei der das
Klavier wie die Phantasie wirklich zu ihrem Recht kommen.

Noch viel stärker ist Liszts Einflutz auf die Hans von Bülow gewidmete
Sonate für Klavier (op. s, Rozsavölgyi L Co.). Sie ist eine Phantasie-Sonate
wie die Beethovens in Lüs moll, wie die Liszts. Jm ersten Satze klingen in
einen Trauermarsch Melodieen von Liebes- und Lebenssehnsucht herein, denen
Lisztsche Lieblingswendungen das eigentümliche Gepräge geben. Dem Jnter-
mezzo, das den Walzern op. -z und s ein weitcres Muster derselben Art zufügt,
folgt ein kraftvolles Finale, das seinen Themen in der Hauptsache mehr durch
kunstvolles Variieren als durch motivische und kontrapunktische Arbeit die Teil-
nahme des Hörers bewahrt.

Den Freund kontrapunktischer Arbcit, den Liebhaber feiner harmonischer
und rhythmischer Reize, den sicheren Behcrrscher aller Künste des strengen Satzes
finden wir um so öfter in den Klavierwerken von ox. 13 ab. Fata Morgana,
ein Ghaselenkranz, so betitelt sich dieses op. is (Bote <L Bock), das fürs ein-
gehende Studium eine Fülle von Anregungen birgt und trotz der sehr strengen,
ganz eigenartigen Form lyrische Stimmungsbilder voll so innerlicher Ueber-

2. Inliheft tsos
 
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