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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 16,2.1903

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Heft 18 (2. Juniheft 1903)
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Batka, Richard: "Ein Heldenleben" von Richard Strauss
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https://doi.org/10.11588/diglit.7954#0330

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stöhnt und leidet. Endlich schüttelt er sie wie mit Ekel ab, und
„in Froschpfuhl all das Volk verbannt, das seinen Meister je ver-
kannt". Eine andere, lieblichere Erscheinung fesselt nunmehr den
Blick. Jm Gesang einer Solovioline tritt „des Helden Gefähr-
t i n" ihm entgegen. Zwar nicht gleich „wie ein Gebild aus Him-
melshöhn", nein, als ein anmutiges, aber auch launisches, kapriziöses
Geschöpf, das neckt und schmollt, das den leidenschaftlichen Werber
in einem Atem anlockt und zurückweist, bis auch sie dem Sturme
des Gefühls erliegt und eine herrliche Liebesmelodie die Herzen ver-
bindet. Das nämliche Problem wie in der „Feuersnot" des Meisters,
aber mit wie viel mehr Eingebung und Seelengröße hier erfaßt!
Trompetensignale rufen den Helden aus den Armen der Liebe auf
dic Walstatt. Durchführungsteil. Von allen Seiten ziehen die
Widersacher zu Heer. Jhr kleinliches Gezeter wächst zu einer krie-
gerisch drohenden Marschweise auf. Lang währt der Kampf. Es
kracht und dröhnt. Jmmer neue Scharen wirft des Helden siegendes
Ungestüm zu Boden, und mitten im dichtesten Gewühl verläßt ihn
der Gedanke an die Gefährtin nicht, sondern zieht ihm wie ein holder
Traum beglückend und ermutigend durch den Sinn. Endlich ist der
Feind gestürzt, der Sieg errungen, und der Held darf nach einer
feierlich-erhabenen Kadenz im Gefühle des Triumphes schwelgen. Es
ist kein lärmender, rauschender, prahlerischer Siegesjubel, was ihn be-
wegt, sondern ein ruhiges Hochgefühl, das ihn durchschwillt und be-
seeligt und das er, die treue Gefährtin fest an sich drückend, da aus-
kostet. Nun ziehen in langer Reihe „des Helden Friedens-
werke" an nns vorüber, Motive aus allen Straußschen Werken,
Don Juan, Zarathustra, Tod und Verklärung, Macbeth, Eulenspiegel,
ein „Potpourri", wie es nur ein Nichard Strauß schreiben konnte,
der hier eine Blütenlese aus sciucm Schaffen mit Meisterhand zu
einem Kronz von überwältigcnder Farbenpracht windet. Aber die
Welt will nichts wissen von diesem Strome von Schönheit, sie ver-
harrt teilnahmslos. Da zieht er sich still zurück in ländliche Ein-
samkeit, deren Jdyll uns sanfte Schalmeienklänge malen. Des Hel-
den Weltflucht und Vollendung schildert nun der letzte Ab-
schnitt. Aus der milden Resignation scheucht ihn zuweilen die Er-
innerung an das Vergangene auf, er gedenkt der argen Kämpfe und
Hindernissc, aber auch des genossenen süßen Liebesglücks. Auch hier
keine äußerliche „Verklärung", sondern seelische Vertiefung des in-
neren Vorgangs. Mit einer sanften Modulation nach Moll über-
rascht unsern Helden der Tod. Sein Geist entschwebt, das Ewig-
Weibliche (Solovioline) zieht ihn hinan.

Das ist „ein Heldenleben" von Richard Strauß. Viel Jndi-
viduelles spielt da mit hinein, und es ließe sich das Ganze durch
eine allzupersönliche Auslegung leicht trivialisieren. Jrgend ein „Wi-
dersacher" braucht statt des „Helden" nur den „kgl. preußischen Hof-
kapellmeister" einzusetzen und das Programm so auszudrücken: 1. Frisch
vom Konservatorium. 2. Die erste Rezension. 3. Zum Standesamt.
4. Um die Meisterschaft. 5. Opus 12 bis 35. 6. Der Herr Hof-

kapellmeister in Pension. Gewiß, in diesem Sinne ist oft Kritik aus-
geübt worden und die Lacher brachte man auf seine Seite. Jst aber

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