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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 16,2.1903

DOI Heft:
Heft 19 (1. Juliheft 1903)
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Unsre Noten und Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.7954#0421

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vielleicht größer, gerviß komplizierter, mühsamer, ausgekünstelter, aber darum
nicht kunstvoller — eben nicht besser/

Das diesem Hefte vorgefügte Bild, der Dichterling hinterm Pegasus nach
Thomas Theodor Heine, zeigt unsern Lesern den vielgeschmähten und
vielgepriesenen Simplizissimus-Zeichner als Maler — wer das Original unsres
Bildes sehen will, kann das gegenwärtig in der Dresdner Ausstellung tun.
Wenn an nichts anderm, würden wir aber den Künstler an einer Eigenschaft
wieder erkennen, die seinen Karikaturen nicht zum geringsten ihren hohen Kunst-
wert gibt, an dem freien Großsehen in seinen Werken. Man kann verschieden
,großsehen", kann es vor allem, indem man vereinfacht sieht, Heine tut das
in diesem Werke nicht einmal sehr, alles im Vordergrunde und besonders das
Bäumchen ist verhältnismäßig weit durchgezeichnet, aber gerade dadurch gc-
winnt unser Empfinden den rechten Gegensatz, wenn es sich von dem eleganten
Herrlein vorn mit dem Pegasus zu der großen Welt im Hintergrunde weg-
schwingt. Die beidcn spottenden Elsen, so allerlicbste Backfische sie sind, könnte
man bei diesem prächtigen Aufschwunge sast entbehren, wären sie nicht aus
andern Gründen im Bilde erforderlich. Von dem überaus geschmackoollen
Kolorit des Werkes, von der Reinheit des Lichtes, das sich darin über Ferne
und Nähe ergießt, kann unsre Reproduktion allerdings trotz ihrer Farbigkeit
nicht mehr als Andeutung geben.

Die Zeichnung Alfred Rethels stellt »Frauenlobs Begräbnis" dar,
die Frauen zeigt es uns, die 138 t des Minnesängers Heinrich von Meißen
Leib zu Mainz in die Gruft tragen, Das Blatt ist in dieser Form wohl kurz
vor Rethels Hochzeit entstanden, ein Jahr vielleicht vor jener »Genesung", die
unsre Freunde schon autz den „Meisterbildern" kennen, und aus demselben Ge-
fühlskceise heraus. Der Genesung seiner jungen Gattin folgten die ersten Vor-
wehen seiner Geisteserkrankung bald, Das hier wiedergegebene Werk ist auch
keines mehr aus der Zeit seiner vollsten Kraft, aber ein seiner würdiges Werk
ist es gewiß noch,

Die Steinzeichnung von Eduard Euler, die man im wesentlich größeren
Original durch den Künstlerbund Karlsruhe erhalten kann, will nicht mehr als
anspruchslos eine Studie nach der Natur bieten, Wenn die kleine Flußaue
trotzdem zu uns auch mit einem Hauche ihrer Lieblichkeit spricht, so wird das
ja wohl an dem liegen, was gerade der Künstler aus den Erscheinungen heraus-
sah. Denn wie viel tst hier weggelassen, wie viel vereinfacht wordenl Von
den Zweigen und selbst den Stämmen nahm der Maler ja eigentlich nur den
Gesamthauch, wenn ich so sagen darf: nur den Nebel der Form, Und er tat
Recht daran, — so gut ein anderer Recht daran getan hätte, allem ins Ein-
zelne nachzugehen, wenn er vor derselben Landschaft etwas anderes inner-
lich erlebt hätte, auf dessen Wiedergabe es ihm ankam.

Berantwortlich ^ der Herausgeber Ferdinand Avenarius in Dresden-BIasewitz. Mitredakteure:
für Musik: vr, Richard Batka in Prag-Wetnbcrge. für btldendeKunst? Profefsor Paul Schultze-
Naumburg in Saaleck bet Kösen tn Thürtngen, — Sendungen für den Text an den Herausgeber.

über Mufik an vr. Batka. — Druck und Verlag von Georg D- W, Callwey in München.
Bestellungen. Anzeigen und Geldsendungen an den Berlag Gcorg D- W. Lallwey tn München,
 
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