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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 2.1906

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Sechstes Heft (Juni 1906)
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Bruck, Robert: [Rezension von: Ludwig Kainzbauer, "Hans Holbeind d. j., der Verbesserte". Eine neue Untersuchung der beiden Madonnen des Bürgermeisters Meyer]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50012#0113

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MONATSHEFTE

DER KUNSTWISSENSCHAFTLICHEN LITERATUR

unter Mitwirkung vieler Kunstgelehrten herausgegeben von
Dr. Ernst Jaffe und Dr. Curt Sachs.

QCF
□flSü

Sechstes Heft. □ Juni 1906.

TOD

Deutsche Kunst.
Ludwig Kainzbauer, „Hans Holbein d. j.,
der Verbesserte“. Eine neue Untersuchung
der beiden Madonnen des Bürgermeisters
Meyer. A. Bruckmann’s Verlag. München
1906. 28 S. M. 2 Taf. Gr. 8°. M. 1.—.
Zweck der Schrift ist, nachzuweisen, dass nicht,
wie jetzt allgemein als erwiesen angenommen
wird, das Darmstädter Bild, sondern die Dresdner
Kopie das Original Holbeins sei. Die kleine Ab-
handlung teilt der Verfasser aussei' der Einleitung
und dem Schlusswort in sechs Kapitel: 1. Der
Holbeinkongress 1871. 2. Das Format. 3. Der
Hintergrund. 4. Die Gestalten. 5. Die Pentimenti.
6. Farbe und Firnis.
Kainzbauer hat sich die Literatur über den
Holb einstreit verschafft, durch die er, wie er
schreibt, in seiner Ansicht nur noch bestärkt
worden ist, und er sagt: „Eben durch diese Lite- |
ratur bin ich nun veranlasst, meine Untersuchungen
und Folgerungen der 0Öffentlichkeit zu übergeben.“
Bei dem Holbeinkongress in Dresden 187 I, wo
beide Bilder nebeneinander verglichen werden
konnten, standen sich damals die Ansichten von
einer Anzahl Kunstgelehrter und von 19 Malern
gegenüber. K. will nun die Stimmen nicht zählen,
sondern abwiegen, und rechnet aus, dass die Kunst-
gelehrten von 1871 — A. Weltmann, M. Thausing,
C. von Lützow, Adolph Bayersdorfer, F. Lipp-
mann, W. Lübke, Bruno Mayer, S. Vögelin, Th.
Gädertz, W. Hemsen, Julius Meyer, K. Woermann,
G. Malss und G. Bode — damals zusammen nur
173 Jahre „des klaren Verständnisses“ besassen,
dass dagegen die 19 Maler, die für die Dresdner
Madonna, als Original Holbeins, ihre Stimme ab-
gaben und erklärten, das Darmstädter Bild sei im
Firnis so verdunkelt und so übermalt, dass eine
gründliche Beurteilung unmöglich sei, mit 509
Jahren des Verständnisses antreten konnten. K.
sagt: „Nach diesem ersten Kapitel brauchte
eigentlich über die Sache keine weitere Zeile ge-
schrieben zu werden.“ Dann befänden wir uns
auf dem Standpunkt von 1871 und müssten alles

das, was in den folgenden 34 Jahren über Holbein
und diese beiden Madonnenbilder geschrieben
worden ist, negieren. Das sieht auch der Verfasser
selbst ein, denn er will, dass seine Schrift eine
Anregung sein soll, „die Angelegenheit doch noch
einmal zu untersuchen, jetzt nach 34 Jahren, wo
die Kunstwissenschaft gewiss praktischer geworden
ist.“ K. scheint nicht berücksichtigen zu wollen,
dass aus der Mehrzahl der jungen Kunstgelehrten
von damals ausgezeichnete Gelehrte und Kunst-
kenner geworden sind und dass sich ihr damals
geäussertes Urteil auf das glänzendste bewährt
hat; das sicher übereinstimmende Urteil der heu-
tigen Kunsthistoriker würde dem Verfasser noch
eine grössere Enttäuschung bereiten. Ein Kenner
und Gelehrter wie K. Woermann in Dresden
z. B., der sicher alle die scheinbaren Gründe, die
Kainzbauer für die Holbein-Echtheit der Dresdner
Madonna in das Feld führt, ganz eingehend längst
wiederholt geprüft und untersucht hat, und dem
jeder glauben wird, dass er gern das Original
Holbeins in der seiner Obhut anvertrauten Dresdner
Galerie besässe, tritt wie seiner Zeit beim Holbein-
kongress, so auch heute in seinem GaJeriekataloge
und ferner im Texte zum Braun’schen Galerie-
werke für die Echtheit des Darmstädter Bildes ein.
Und würden heute nach 34 Jahren wieder die
beiden Gemälde von den 19 Malern geprüft werden
können, so wäre das .Resultat sicher das, dass sie
sich dem Urteil der Kunsthistoriker anschlössen.
Kainzbauer scheint nicht zu wissen, dass einer
jener 19 Maler, der frühere Galeriedirektor Julius
Hübner, im Dresdner Galeriekatalog vom Jahre
1880 bereits ('S. 19. Anm.) seine Ansicht von 1871
geändert hatte und ebenfalls das Darmstädter Bild
als das ursprüngliche Original bezeichnete. Wenn
der Verfasser von seiner Ansicht betreffs der Echt-
heit der Dresdner Madonna überzeugt ist, so ist
darüber nichts zu sagen, das ist seine persönliche
Angelegenheit. Wenn -er aber seine Ansicht in
einer Broschüre der Oeffentlichkeit übergibt, so
muss er es sich auch gefallen lassen, wenn jeder
Kunsthistoriker, der K.’s Schrift liest, dieselbe
auf das entschiedenste verurteilt. Der Verfasser
 
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