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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 2.1906

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Sechstes Heft (Juni 1906)
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Sachs, Curt: [Rezension von: Wilhelm Bode, Rembrandt und seine Zeitgenossen. Charakterbilder des grossen Meister der holländischen und vlämischen Malerschule im siebzehnten Jahrhundert]
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Scherer, Christian: [Rezension von: Cte. de Chavagnac et Mis. de Grollier, Histoire des Manufactures franc̨aises de Porcelaine]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50012#0115

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Juni-Heft.

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

107

Niederländische Kunst.
Wilhelm ßode, Rembrandt und seine Zeit-
genossen. Charakterbilder der grossen
Meister der holländischen und vlämischen
Malerschule im siebzehnten Jahrhundert.
Leipzig 1906, Verlag von E. A. Seemann.
289 S. 80. M. 8.-.
Man liest das schöne Buch mit dem Bedauern,
dass der Verfasser, der die erstaunlichste Material-
kenntnis und das feinste Verständnis für Kunst-
werk und Künstlerpersönlichkeit mit der äusser-
ordentlichsten Charakterisierungsfähigkeit und dem
glänzendsten, farbenprächtigsten Stil verbindet,
uns seit langem kein zusammenhängendes Werk
mehr beschert. Bode wäre wie kein anderer ge-
eignet, die Geschichte der niederländischen Kunst-
blüte zu schreiben. Statt dessen müssen wir uns
mit kleinen Studien begnügen, die freilich gehalt-
voller sind als mancher Foliant.
Eine Charakteristik Rembrandts eröffnet den
Bänd. Was uns Bode über ihn zu sagen hat,
wissen wir aus zahlreichen Arbeiten, die er seit
Jahrzehnten veröffentlicht. Neues Material wird
hier ebensowenig geboten wie in den folgenden,
auch schon zum grössten Teil in wenig anderer
Gestalt publizierten Aufsätzen. Es ist auf eine
Festlegung der Persönlichkeit abgesehen, nicht auf
eine gelehrte Monographie. Das Historisch-Bio-
graphische spielt dabei nur eine nebensächliche
Rolle; es wird nur benutzt, um das Oeuvre im
Grossen zu ordnen.
In langer Prozession ziehen die grossen nieder-
ländischen Meister an uns vorüber. Unmittelbar
hinter Rembrandt schreitet sein Antipode Frans
Hals. Nicht immer hat er die Anerkennung ge-
funden, welche wir ihm heute zollen, die wir uns
an seiner herzerquickenden Frische erbauen. Was
heute an ihm geschätzt wird, das ist hauptsächlich
seine ungeschminkte, poselose Art, die ihn in
scharfen Gegensatz zu den gleichzeitigen Meistern
der Utrechter Schule stellt, zu den Honthorst,
Terbruggen und Bylert. Auf Hals, der als
Genremaler immerhin zum Sittenbild noch nicht
durchgedrungen ist, folgen die eigentlichen hol-
ländischen Sittenmaler, zunächst Nicolas Maes, in
der Spätzeit allerdings von Flandern abhängig,
der so ganz anders geartete Jan Vermeer van
Delft und Pieter de Hooch, die noch unmittelbar
unter dem Einfluss Rembrandts stehen, wenn auch
z. B. Hooch nicht sein Schüler gewesen ist, dann
Gabriel Metsu, Gerard Ter Borch und Jan Steen.
Die holländische Landschaftsmalerei wird in ihren
Hauptvertretern skizziert, den Hercules Segers,
Jacob van Ruisdael, Meindert Hobbema, Aert van

der Neer, Aelbert Cuyp, Paulus Potter, Adriaen
van der Velde und Philips Wouwermann, dann die
Stillebenkünstler in den Meistern Jan Davidsz de
Heern, Willem Kaiff und Abraham van Beijeren.
Adrian Brouwer, Anton van Dyck und Peter Paul
Rubens beschliessen den Zug; diese beiden werden
unter besonderen Gesichtspunkten behandelt, van
Dyck als Mitarbeiter von Rubens, und Rubens
selbst in seiner letzten. Schaffensperiode unter dem
Einflüsse seiner zweiten Gattin Helene Fourment.
Am frischesten und bedeutungsvollsten ist wohl
die Studie über Hercules Segers, dessen Physio-
gnomie von Bode zum erstenmal gezeichnet und
dessen Werk auf stilkritischem Wege, 'da die Ur-
kunden versagen, aus den Bildern zusammengestellt
worden ist, die heute unter den verschiedensten
Namen, besonders Ruisdael, van Goyen und Rem-
brandt gehen; freilich ist bei Segers der Forscher
so glücklich, in den zahlreichen farbigen Radie-
rungen ein reiches Vergleichsmaterial zur Ver-
fügung zu haben.
Curt Sachs
Französische Kunst.
Cte. de Chavagnac et Mis. de Grollier, Histoire
des Manufactures f ran^aises de Porcelaine. Paris,
A. Picard et fils, Editeurs, 1906. (XXV1II-967 p.)
in 80. fr. 40.— .
Es ist eine unbestrittene Tatsache, dass gegen-
wärtig kein kunstgewerbliches Gebiet sich bei
Forschern wie bei Liebhabern und Sammlern einer
solchen Beliebtheit erfreut, wie gerade die Keramik
und innerhalb derselben wieder ganz besonders
das Porzellan. Jene zahlreichen Publikationen über
das Porzellan und seine Geschichte, die, z. T.
selbständiger Initiative entsprungen, z. T. durch
die von verschiedenen Museen veranstalteten Aus-
stellungen angeregt, in den letzten Jahren nicht
nur in Deutschland, sondern auch im Ausland
erschienen oder noch im Erscheinen begriffen sind,
sprechen beredter als alles andere für das lebhafte
Interesse, das man heute diesem wichtigen und
interessanten Zweig kunstgewerblicher Tätigkeit
allgemein entgegenbringt.
Es ist daher ebenso natürlich wie erfreulich,
wenn neben den berufsmässigen Fachgelehrten
auch einmal feinsinnige Laien, die ja, zumal wenn
sie gleichzeitig auch Sammler sind, häufig in einem
noch engeren und mehr persönlichen Verhältnis
dazu stehen, sich der wissenschaftlichen Erforschung
und Bearbeitung dieses weitverzweigten Gebietes
zuwenden. Solche Unternehmungen darf man aber
um so freudiger begrüssen, wenn sie, wie in dem
 
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