Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Münchner kunsttechnische Blätter — 7.1910/​1911

DOI Heft:
Nr. 1
DOI Artikel:
Berger, Ernst: Römische Wachsmalerei zu Goethes Zeit: ein Beitrag zur Geschichte der Maltechnik
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.36591#0005

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

München, 3. Okt. 1910.

Beitage zur „Werkstatt der Kunst" (E.A. Seemann, Leipzig).
Erscheint i4tägig unter Leitung von Maier Ernst Berger.

YH. Jahrg.

Nr.i.

Inhait: Römische Wachsmaterei zu Goethes Zeit. Von E. Berger. — Farbenertebnis und Kotorismus. Von
Wiiheim Waetzoidt. — Anfragen und Beantwortungen.

Römische Wachsmalerei zu Goethes Zeit*).
Ein Beitrag zur Geschichte der Maitechnik.
Von Ernst Berger, München.

Dem Kreise von Künstlern und Kunstfreunden,
weiche sich um Goethe während dessen römischen
Aufenthaites gruppierten, gehörte auch der sachsen-
gothaische und russische Hofrat Reiffenstein an.
Er war Direktor des Erziehungsinstitutes für
russische Künstier zu Rom, und die anerkennenden
Worte, weiche Goethe in seiner „Italienischen
Reise" wiederholt diesem Manne widmet, iassen
auf eine vornehme, begabte Natur schiiessen. Mit
Reiffenstein verkehrt Goethe schon in den ersten
Tagen seines römischen Aufenthaites (8. November
1786), und der erstere wiii sich nur ungern mit
Goethes Inkognito (er reiste bekanntlich unter
dem Namen Kaufmann Möiier aus Leipzig) be-
freunden. Mit Tischbein, Hackert, Angeiica Kauf-
mann sehen wir den Hofrat Reiffenstein befreundet,
und wiederholt treffen wir den Dichter in dessen
gastiichem Hause zu Fraskati, wo die heitere
Künstierkoionie bei gemeinsamen Ausflügen die
landschaftlichen Schönheiten bewundert. An diesen
Mann werden Fremde von Distinktion empfohlen
und er scheint „sein Amt, Fremde zu führen und
zu unterhalten, gehörig ausstudiert" zu haben,
wie Goethe einmal sagt.
Unter dem I. Dezember 1786 schreibt Goethe,
über weiche Mittel Hofrat Reiffenstein zur Unter-
haltung seiner meist diiettierenden Schutzbefohlenen
verfügte; wir vernehmen hierüber wie folgt:
„Hier in Rom, wo man so vieie Fremde sieht,
die nicht aiie der höheren Kunst wegen diese
Hauptstadt der Weit besuchen, sondern auch
wohl auf andere Art unterhaiten sein woiien, ist

*) Dieser Aufsatz ist zuerst abgedruckt in der
Zeitschrift „Deutsche Kunst" (Herausgeb. G. Maikowsky),
1. Jahrg., 1897.

man auf aiieriei vorbereitet. Es gibt so gewisse
Haibkünste, weiche Handgeschickiichkeit und
Handwerksiust veriangen, worin man es hier sehr
weit gebracht hat und die Fremden gern mit ins
Interesse zieht."
„Dahin gehört die Wachsmaierei, die einen
jeden, der sich einigermassen mit Wasserfarben
abgegeben hat, durch ihre Vorarbeiten und Vor-
bereitungen, sodann zuietzt durch das Einbrennen
und was sonst noch dazu gehört, mechanisch be-
schäftigen, und einen oft geringen Kunstwert
durch die Neuheit des Unternehmens erhöhen
kann. Es gibt geschickte Künstier, die hierin
Unterricht geben, und unter dem Vorwand der
Anieitung oft das Beste bei der Sache tun, so
dass zuietzt, wenn das vom Wachs erhöhte und
glänzende Biid in goidenem Rahmen erscheint,
die schöne Schüierin ganz überrascht von ihrem
unbewussten Talent dasteht."
Ausser dieser enkaustischen Wachs-
mai erei, von weicher im weiteren zu berichten
sein wird, kannte Reiffenstein noch eine „andere
artige Beschäftigung", nämiich hohigeschnittene
Steine in feinem Ton abzudrucken und durch eine
Art von Glasmasse, die dann mitgebrannt wurde,
die so entstandenen kieinen Kunstwerke (Me-
daillen usw.) zu festigen. „Zu aiien diesen Dingen
hatte Hofrat Reiffenstein in seinem Hause, oder
wenigstens in seinen nächsten Umgebungen, die
nötigen Gerätschaften und Anstaiten." „Das grosse
aite Küchengewöibe im Reiffensteinschen Quartier
gab dazu die beste Gelegenheit", und mag es in
diesem maierisch genug ausgesehen haben.
Goethe, weichen der entgegenkommende Haus-
herr „wütig und geschäftig" in diese Tätigkeiten
eingeführt hatte, woiite aber „eine fortgesetzte
 
Annotationen