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Münchner kunsttechnische Blätter — 7.1910/​1911

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Nr. 15
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Bilder-Restaurierung durch Elektrizität
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Kunsttechnische Literatur /Anfragen und Beantwortungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.36591#0068

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64

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr 15.

Bilder-Restaurierung durch Elektrizität.
In Paris spielt sich zurzeit ein Prozess ab, der des-
haib ein besonderes Interesse beansprucht, weit dabei
eine überraschende Erfindung zutage gefördert wurde,
die dem Angeklagten gelungen ist, nämlich die eines
Verfahrens zur Restaurierung alter Gemälde mittels der
Elektrizität. Der Erfinder war von einem Gläubiger,
von dem er sich, auf das neue vielversprechende Ver-
fahren hin, Geld geliehen hatte, den er aber nicht be-
friedigen konnte, des Betrugs bezichtigt worden. Bei
der Gerichtsverhandlung wurde natürlich die neue
Methode der Restaurierung erörtert. Das Gericht stand
freilich bisher diesen Darlegungen sehr skeptisch gegen-
über, bis jetzt der ehemalige Präsident der Societe des
Artistes Frangais, Tony Robert-Fleury, eine Aussage
machte, die für den Angeklagten wie für die Bedeutung
seiner Entdeckung ungewöhnlich günstig lautete.
Robert-Fleury bekundete, den Experimenten des Er-
finders, der lange Zeit hindurch sein Schüler gewesen
sei, beigewohnt und mehr als einmal geradezu wunder-
bare Resultate beobachtet zu haben. „Sie schienen
mir wirklich ganz ungewöhnlich. Der Angeklagte sandte
durch die restaurationsbedürftigen Gemälde gewisse
Ströme, die auf der Farbfläche eine Art Ausschwitzung
hervorbrachten. Diese Aussonderungen wurden mit
Baumwollwischen abgetupft. Das Gemälde gewinnt da-
mit seine ursprüngliche Frische wieder, ohne in irgend-
einer Richtung Schaden zu erleiden. Alle die schwarzen,
öligen Fette werden beseitigt, und in erstaunlich kurzer
Frist erscheint das Bild wie neu gefirnisst. Ich über-
gab dem Angeklagten ein altes Porträt meines Vaters
zur Restaurierung; das Bild hing seit Jahren in meinem
Arbeitszimmer. Es befand sich in einem bejammerns-
werten Zustand, mit der Zeit hatten sich dicke, ölige
Fettschichten auf der Farbfläche angesammelt. In einer
halben Stunde wurden diese fettigen Bestandteile ent-
fernt und die ursprüngliche Frische wiederhergestellt.
Die Bleisalze waren beseitigt, die Farben kehrten wieder,
und das Bild ist gerettet." — Diese Bekundung des
Künstlers erregt das grösste Aufsehen, denn sie ver-
spricht die Möglichkeit, auf elektrischem Wege den
kostbaren Schöpfungen alter Kunst gefahrlos ihre volle
Schönheit wiederzugeben, während man es bisher oft
erleben musste, dass die Restaurierung nach der bis-
her üblichen Methode den Kunstwert alter Gemälde
nicht selten verminderte oder zerstörte. (Frkf. Ztg.)
Kunsttechnische Literatur.
Das perspektivische Skizzieren nach drei Linien-
gesetzen für Fach- und Kunstgewerbeschulen
sowie zum schnelleren Selbststudium. Von W.
C. M. Vorwerk. Hamburg 1908, Verlag von
Boysen & Maasch. Preis brosch. Mk. —.70.
An der Hand des Visierapparates wird der
methodische Gang beschrieben und durch Illustrationen
erläutert, wie die Verkürzungen der Linien sich auf
der Bildfläche darstellen. Dieses kleine Heft wird
manchem Lehrer seine Arbeit erleichtern helfen, wenn
es sich darum handelt, die Grundbegriffe der Perspek-
tive seinen Schülern verständlich zu machen.
Plastische Anatomie des Menschen. Ein Leit-
faden zum Studium für Künstler. Von Prof.
L.Heupel-Siegen, Maler. 2. Auflage. Düssel-
dorf 1909, Verlag von Aug. Bagel. Preis geb.
Mk. 2.—.
Mit diesem Werk hat der Verfasser unter sach-
gemässer Zugrundelegung unserer bekanntesten Ana-
tomiewerke (Hänle, Hyrtel, Spalteholz, Pfeiffer, Koll-

mann usw.) aus seiner langjährigen Lehrerpraxis heraus
einen kurzen Leitfaden der plastischen Anatomie für
Künstler zu schaffen gewusst. Es ist somit ein aus-
gezeichnetes Hilfsbuch, welches bisher gänzlich fehlte;
für Lehrer sowie für die Schüler entstanden, wird es
neben dem Skelett- und dem Muskelmann zur Unter-
stützung des Gedächtnisses vortreffliche Dienste leisten,
insbesondere kann das lästige Nachschreiben während
des Vortrages ganz und gar erspart werden.
Die äusseren Formen des menschlichen Körpers
in ihrem allgemeinen Zustandekommen. Von
Prof. Dr. E. Gaupp, Freiburg i. Br. Mit 22
Textfiguren. (13. Heft d. „Sammlung anatom.
u. physiol. Vorträge u. Aufsätze", herausg. v.
Prof. Dr. E. Gaupp u. Prof. Dr. W. Vogel.)
Jena T911, Verlag von Gustav Fischer. Preis
brosch. Mk. l.$o.
Es ist ein interessantes, für die Künstler wichtiges
Problem, das hier behandelt wird, indem aus dem Auf-
bau der anatomischen Massen auf die Oberflächen-
gestaltung des Körpers Schlüsse gezogen werden. Denn
unser Körper besteht nicht nur aus dem Knochengerüst
und den Muskeln, sondern aus vielfachen Fett- und
Hautschichten, Wülsten, Sehnen und Bändern; die
Bauch-Höhlung ist ausgefüllt mit Eingeweiden, die auf
die äusseren Formen Einfluss nehmen und bei Be-
wegungsänderungen verschieden erscheinen können.
Wie wichtig die Gelenke für die Formen sind, braucht
nicht besonders betont zu werden. Der Verfasser
zeigt an vielen Beispielen, wie sich die Künstler des
Altertums und der Renaissance zu diesem Formproblem
gestellt haben und wie sie den anatomischen For-
derungen gerecht wurden.
Tieranatomie für Künstler. Pferd — Rind —-
Hund. 30 Zeichnungen mit anatomischen Er-
klärungen. Von F. B. Neuhaus, Kunstmaler
in München. München-Leipzig, Hans Sachs-
Verlag (Schmidt-Bertsch & Haist). Preis brosch.
Mk. 4.—.
Unter den verschiedenen Tieranatomien, die für
Künstler geschaffen wurden, ist diese wohl die ein-
fachste und übersichtlichste: aber mitunter wäre doch
näheres Eingehen in die Einzelheiten angebracht ge-
wesen, auch fehlen die Gesamtansichten der Tiere,
sowohl im Skelett als auch in der Muskulatur. Aller-
dings hätte dann der Preis erheblich höher sein
müssen. Sehr gut ist, dass einige photographische Ab-
bildungen nach Tieren die anatomischen Zeichnungen
bereichern.
Anträgen und Beantwortungen.
An E. S., Charlottenburg. Sie schreiben: Bei
einem alten Bilde habe ich die Risse und aufstehenden
Farbenteile durch Bügeln mit dem heissen Eisen wieder
zu und glatt bekommen und zwar bin ich dabei ganz
in der, in Heft 21 angegebenen Weise vorgegangen.
Das Bild ist jetzt schön glatt und fest geworden, nur
zeigen sich an mehreren Stellen (wahrscheinlich dort
wo gebügelt) etwas blau angelaufene Flecken, welche
bei Berührung mit der warmen Fingerspitze ver-
schwinden.- Welchen Ueberzugsfirnis muss ich wohl
verwenden, wenn der blaue Schimmer dauernd weg-
bleiben soll? — In diesem Falle wird Mastixfirniss die
besten Dienste leisten; der blaue Schimmer ist wohl
die Folge der Feuchtigkeit der Luft und vergeht, wenn
das Bild vor dem Firnissen gut getrocknet wird.
 
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