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Münchner kunsttechnische Blätter — 7.1910/​1911

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Nr. 6
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Berger, Ernst: Die Geschichte der Maltechnik in der neueren Literatur, [2]
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Pudor, Heinrich: Das Reformatelier
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.36591#0028

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24

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr 6.

Holzaschenlauge (Pottasche) „löslich ist", so müsste
nach dieser Behauptung die Maltechnik ein Jahr-
tausend gezögert haben, eine hinlänglich erprobte
Erfahrung (die Lösung des Wachses in Holzaschenlauge)
für ihre Zwecke zu verwerten! Fürwahr ein sehr
merkwürdiger Entwicklungsgang! Wie viel natürlicher
ist doch die durch bestimmte Zeugnisse gestützte und
aus den Bedürfnissen der Handwerkspraxis
erklärliche Annahme, dass eine Art Wachstempera
schon ziemlich frühzeitig, jedenfalls im i. Jahrhundert
n. Chr., neben der alten Enkaustik bekannt gewesen
und in ihren letzten Ausläufern noch bis ins 14. und
15. Jahrhundert vereinzelt in Uebung geblieben sei,
während die Enkaustik allmählich schon in die byzan-
tinische Harz-Oel-Malerei übergegangen war)
III.
Die verschiedene Auffassung des geschichtlichen
Entwicklungsganges der Mattechnik vom Altertum zum
Mittelalter von seiten Eibners hängt zum Teil zusammen
mit der Verschiedenheit der Ansichten von der Natur
des sog. punischen Wachses und seinem Gebrauch in
der alten Technik. Ich berühre damit eine alte und
auch in neuester Zeit bis zum Ueberdruss behandelte
Streitfrage, bei der, so oft sie besprochen wurde, bei-
nahe jeder, der das Wort nahm, eine andere Erklärung
von dem gegeben hat, was man unter dem punischen
Wachs zu verstehen habe, das von den Alten als die
beste Wachsart (optima) bezeichnet wird und den
Vorschriften des Plinius und Dioskorides zufolge durch
mehrfaches Kochen mit „Nitrum" und Meerwasser,
durch Bleichen, Auswaschen und einige andere Ver-
richtungen hergestellt wurde.
(Fortsetzung folgt.)
Das ReiormateHer.
Von Dr. Heinrich Pudor.
Dem Inhaber einer grossen Kunstanstalt ereignete
es sich kürzlich, dass er von dem neuangestellten
Vorsteher seines photographischen Ateliers hören
musste, das Atelier sei nicht richtig gebaut.
„Wie sagen Sie, nicht richtig gebaut? Aber es
ist erst im vorigen Jahre gebaut mit grossen Mitteln,
nach dem neuesten Stande der Wissenschaft und
Technik" entgegnete der Chef.
Der Angestellte aber blieb dabei, das Atelier sei
falsch gebaut und habe nicht das richtige Licht. Und
als der Chef ihn aufforderte, sich doch einmal näher
zu erklären, erwiderte derselbe folgendes:
,Das Atelier empfängt das Licht nur von zwei
Seiten. Ein modernes Atelier muss von allen Seiten
Licht erhalten.'
„Von wievielen Seiten ?"
,Von sechs Seiten. Von oben und unten, von
rechts und links, von hinten und vorn. Es soll nicht
nur oben und an einer Seite Glaswände haben, sondern
an allen Seiten.'
„Warum?"
,Weil es selten vorkommt, dass ich den aufzu-
nehmenden Gegenstand nur von oben und von einer
Seite beleuchtet haben will, sondern weil ich ihn zu-
meist auf allen Seiten vom Lichte umflossen sehen will'.
„Ja, wie ist denn das aber möglich?"
,Mit Hilfe der Errungenschaften der modernen
Technik sehr leicht möglich. Wände, Dach und Fuss-
boden müssen aus Glas bestehen.'

und Nero, ein unmittelbarer Vorgänger des Plinius,
der ihn auch schon zitiert. Sammonicus hat aber
noch das erste Drittel des 3. Jahrhunderts n. Chr.
erlebt.

„Und das ganze Ding soll in der Luft schweben?
Da fällt es ja herunter."
.Nein, es soll vermittels einer ganz einfachen
Eisenkonstruktion etwa wie ein astronomisches Obser-
vatorium, als ein Rundbau sich erheben, genügend
hoch über der Erde, so dass das Licht tatsächlich
auch von unten kommen kann, wenn auch ein grosser
Vorteil schon darin liegen würde, dass das Licht von
allen anderen Seiten eintreten würde.'
„Aber wie kommt man in das Ding hinein, wenn
es wirklich hoch über der Erde liegt und wenn es
wirklich auch von unten Licht empfangen sollte?"
.Natürlich durch eine Treppe und durch einen
Zugang, der dem Atelier im engeren Sinne kein Licht
fortnimmt. Glasplatten werden heute in genügender
Stärke hergestellt, dass sie als Fussboden dienen können
und dennoch durchsichtig sind.'
„Und der aufzunehmende Gegenstand soll alsdann
auf der Platte keinen Boden unter sich haben und
gleichsam in der Luit schweben? Da würden wir ja
nette Aufnahmen bekommen!"
,Nein, der aufzunehmende Gegenstand muss
natürlich in den meisten Fällen auf einer undurch-
sichtigen Unterlage aufgestellt werden, die je nach dem
Gegenstand verschieden sein muss. Aber im übrigen
muss das Licht auch schräg von unten her eintreten
können.'
„Mir scheint, das Luftschiff wäre dann das Atelier,
wie Sie es sich denken."
.Keineswegs. Denn das Luftschiff ist in Bewegung.'
„Probieren geht über Studieren", sagte der Chef
und liess tatsächlich ein Atelier, wie jener es sich
dachte, bauen, zunächst nur in bescheidenem Umfange,
und die ersten Aufnahmen wurden gemacht.
Der Erfolg war überraschend, selbst für den, der
die Anregung ausgesprochen hatte. Die Bilder waren
nicht nur bei weitem gleichmässiger in der Beleuchtung,
sondern auch ungleich schärfer, weil das neue Atelier
bedeutend mehr Licht hatte. Dazu kam, dass Auf-
nahmen auch an trüben Tagen und am Nachmittag ge-
macht werden konnten. Und endlich erwies sich das
Atelier auch für Lumiere-Aufnahmen als sehr praktisch.
Weitere Vorteile waren, dass die Entwicklung wenig
Zeit in Anspruch nahm und dass weit weniger Auf-
nahmen missglückten, so dass die Unkosten für das
neue Atelier sich schnell bezahlt machten.
Der erste, der dem Beispiele der Kunstanstalt
folgte, war ein Bildhauer, der sich ein Reformatelier
der angegebenen Art bauen liess und ganz „ausser dem
Häuschen" ist vor Freude über das von allen Seiten
über ihn und seine Arbeit und sein Modell herein-
flutende Licht und behauptet, dass er jetzt erst das
richtige Bildhaueratelier habe.
Literatur.
Soeben erschienen:
Mensch und Tier. Grundlagen einer plastischen
Anatomie für Künstler. Von A. Friedei.
20 Tafeln mit 79 Abbildungen. München, Ver-
lag von Ernst Reinhardt. Preis brosch. M. 5.—-
Ueber die Maltechnik der Alten. Mit beson-
derer Berücksichtigung der römisch-pompcja-
nischen Wandmalerei. Nebst einer Anleitung
zur mikroskopischen Untersuchung der Kunst-
werke. Von Prof. Dr. E. Raehlmann in
Weimar. Mit 3 Tafeln. Berlin, Verlag von
Georg Reimer. Preis brosch. M. 6. —.
Verlag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig).
 
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