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Münchner kunsttechnische Blätter — 7.1910/​1911

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Nr. 14
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Berger, Ernst: Raehlmanns neueste mikrochemische Analysen und die Technik der römisch-pompejanischen Wandmalerei, [5]
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Berger, Ernst: Neue Wege des Kunstunterrichts
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Kunsttechnische Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.36591#0064

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6o

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. [4.

zu finden, darum braucht uns nicht bange zu sein. Eine haitbarere Matart für die Innenwand-
dekoration wird sich auch schweriich finden lassen!
Dem gelehrten Forscher, Prof. Raehtmann, würden wir dann nicht nur für die wissenschaft-
tiche Ergründung der atten Technik, sondern auch für deren Wiederbelebung zu grösstem
Danke verpflichtet sein.

Neue Wege des Kunstunterrichts.

Im Verlage der Nationalstenographie, Liegnitz,
ist ein stattlicher Quartband erschienen, betitelt:
Unsere Kunstschule, Lothar von Kunowski
— Gertrud von Kunowski. Ein Handbuch
des Lehrens und Lernens. $4 grosse Licht-
drucke: Akte, Porträts, Blumen, Tiere, Stilleben,
Wandbilder in allen Entwicklungsstufen. (Sub-
skriptionspreis 36 Mk.)
Wer sich für die Frage des Kunstunterrichts
interessiert — und dazu gehören wohl Meister
wie Schüler — wird der vorliegenden Publikation
die grösste Bedeutung zumessen. Sie ist ein
neuer und sehr wichtiger Beitrag zum Ausbau
der von L. von Kunowski in seinen bekannten
Schriften „Durch Kunst zum Leben" zugrunde
gelegten Prinzipien. Was hier theoretisch er-
örtert wurde, der Weg, der durch fortgesetzte
Arbeit Schritt für Schritt die Stufen bis zum Ende
des künstlerischen Bildungsganges erklimmt, ist
in dem vorliegenden Bande an einem Beispiel, an
den Arbeiten, Studien und Bildern seiner vorzüg-
lichsten Schülerin, Mitarbeiterin und Gattin Gertrud
von Kunowski in vortrefflicher Weise zur Dar-
stellung gelangt.
Dem Beschauer fällt an diesen Blättern vor
allem die Neuigkeit des Projizierens der Formen,
die strenge Sachlichkeit auf, mit der die Dinge
betrachtet und zu Papier gebracht werden. Es
ist das gerade Gegenteil dessen, was wir in
unseren Kunstakademien zu sehen bekommen;
denn auf die äusserliche Mache, die Geschick-
lichkeit, mit der das Material, sei es Kreide,
Kohle oder Blei, gemeistert wird, ist hier gar
kein Wert gelegt, sondern einzig allein auf das
richtige Verständnis des ganzen Aufbaues. Sieht
man alle die vielen Hilfslinien, die solch eine
Aktstudie in den Anfangsstadien enthält, dann
erkennt man auch gleich, was sie bedeuten sollen,
wie sich Fläche an Fläche schliesst, wie sie sich
perspektivisch aneinanderfügen und scheinbar um
den Körper sich verlieren. Oft scheinen sogar
die rückwärtigen Flächen durch, wie bei einem
Kristall, dessen die Flächen begrenzenden Prismen-
grate sich abzeichnen, wie eine geometrische
Konstruktion. Die Form zu meistern, ist hier als
erste Aufgabe gestellt, ebenso wie es der Bild-
schnitzer tut, der mit seinem Messer Fläche für
Fläche abschneidet und die Kanten stehen lässt,
so „schnittig" sind die Formen behandelt.
Dieses Prinzip führt naturgemäss zu einem
viel innigeren und tieferen Verstehen der Formen,

der Bewegungen, des Lichts und Schattens, als
das rein manuelle, mit dem Auge nur oberflächlich
mögliche „Abtasten" der Details von Haut und
Muskeln. Formverständnis ist das erste, was
der Lehrer von seinen Schülern verlangen muss,
und hierin einen neuen Weg gewiesen zu haben,
ist gewiss ein grosses Verdienst. Auf diesem
Wege sind wohl schon viele gegangen, aber sie
haben die Spuren hinter sich verwischt. Ku-
nowski zeigt auch die leisesten Tritte, man merkt
aber auch, wohin die Schritte führen und ihr Ziel
steht klar vor uns.
Ob die Prinzipien, die hier für die Zeichnung
angewendet wurden, auch in gleichem Masse in
der Malerei zur Geltung gebracht werden können,
d. h. ob die Kunst des farbigen Sehens in gleichem
Masse gelehrt werden kann, das lässt sich aus
dem vorliegenden Beispiel nicht ersehen. Jeden-
falls ist das Können von Frau von Kunowski von
einer persönlichen Eigenart, die nichts Trockenes
und Schematisches an sich hat und auch ohne
das pädagogische Interesse, das die Blätter in
erster Linie beanspruchen, unserer Beachtung wert.
An vortrefflicher Wiedergabe der Blätter hat
es der Verlag nicht fehlen lassen. E. B.
Kunsttechnische Literatur.
Perspektive nach der Natur. Eine leichtfass-
liche Anleitung für den Anfänger. Mit einem
Anhang über Feder- und Bleistiftzeichnen. Von
A. Gruber, Dipl.-Ing. Verlag von Otto Maier
in Ravensburg. Preis brosch. Mk. 1.50, geb.
Mk. 2. - .
Kenntnis in der Perspektive ist für jeden
Zeichner und Maler von grösster Bedeutung. Wer
nicht mit ihren Gesetzen vertraut ist, wird niemals ein
gutes Bild erzielen. Nicht bloss der Landschaftszeichner
bedarf diese Kenntnisse, überall kommt die Perspektive
zum Ausdruck und jede Verfehiung an ihr fällt selbst
dem Laien sofort ins Auge. In diesem Büchlein
liefert der Verfasser den Beweis, dass man nicht
Folianten mit mathematischen Konstruktionsregeln zu
studieren braucht, um Perspektive zu lernen. In einer
sehr leichtverständlichen Weise zeigt er in Bild und
Wort die perspektivischen Grundgesetze und führt sie
in so praktischer Weise vor Augen, dass ihr Ver-
stehen kaum Schwierigkeiten bereitet. Ein neues,
sehr zweckdienliches Verfahren, das hier angewendet
ist, unterstützt die leichtverständliche Anleitung ganz
besonders, so dass auch ältere Künstler zur Erneuerung
ihrer inzwischen verblichenen Kenntnis der Perspektive
angeregt werden können.
 
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