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Münchner kunsttechnische Blätter — 7.1910/​1911

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Nr. 6
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Die Chancen des Deutschen Farbenbuches, [3]
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Berger, Ernst: Die Geschichte der Maltechnik in der neueren Literatur, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36591#0026

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22

Münchner kunsttechnische matter.

Nr 6.

Para-Doxin, Limonit, Eburit, Energie, „Nur diesen"
usw.
Einige Namen für Kaitieime, sog. Kaltwasser-
farben für Innenanstriche, lasse ich noch fotgen:
Amphibolin, CoHodin, Coiperfekt, Hyperolin, Alpina-
weiss, Bavaria-Farbe, Mackein (der Firma Mack),
Kronenleim, Sichelieim (der Firma Sichel), Schau-
Schau, Tuberin, Tip-Top, Marotin, Casefrin, Am-
braiin, Casalith, Purolin, Duramyl, Corlosif, Ornit,
Fioridin, Aiba blanca, Durabit, Agummii, Fondin,
Grundin, Bindenorm (!), Haftin, Brandin, Giykom,
Herkula, Feisenieim, Isotekt usw.
Diese ganz wahitos aus etlichen Nummern
von Malerzeitungen zusammengestellte Liste von
Spezialitäten der Farbenbranche gibt doch zu
denken. Der Konsument, d. h. hier der Deko-
rationsmaler, Anstreicher, Lackierer, muss doch
Bedarf an diesen Materialien haben, dafür sprechen
auch die Hunderte von Gutachten, die die Fabri-
kanten zu Reklamezwecken veröffentlichen, und
sowohl Fabrikant als Abnehmer scheinen sich da-
bei ganz gut zu stehen. Aber zu bedenken gibt
es, dass der Maler, Anstreicher, Lackierer doch
niemals weiss, wie die Zusammensetzung des ihm
zum Gebrauch übersandten Materials ist. Er ver-
arbeitet es, weil es ihm Vorteile bringt durch Er-
sparung an Zeit und an Arbeitslohn für die Ge-
sellen, die mit Anreiben und Zurichten ihrer Fir-
nisse und Leime keine Zeit vergeuden. Er kümmert
sich um weiter nichts, als um die rechtzeitige Be-
stellung der Spezialitäten, und sofern er mit der
Lieferung ufrieden ist, bleibt er jahrelang Kund-
schaft der Fabrik. Es gibt wohl mehr als zwei-
hundert solcher „Spezialartikel" und sämtliche
sind patentamtlich eingetragen in die Liste für
Deutsche Reichs-Waren-Zeichen (D. R. W. Z.), ge-
messen also gesetzlichen Schutz gegen Nachahmung.
Wird das „Deutsche Farbenbuch" darüber hin-
weggehen können, all die Hunderte von Speziali-
täten aufzunehmen? Und wird es die chemische
Zusammensetzung, die allgemeine physikalische
Beurteilung, Untersuchung und Verwendbarkeit all
dieser Materialien bekanntgeben können, ohne das
Fabrikationsgeheimnis zu verletzen?
Lässt das „Farbenbuch" aber alle diese Spezial-
artikel beiseite, dann entsteht eine Lücke, die sehr
merklich empfunden werden wird. Und noch eins:
Die Liste wird niemals vollständig sein, weil
kaum eine Woche vergeht, ohne dass neue „Neu-
heiten" auf den Markt gebracht werden; mithin
wird das „Farbenbuch" stets Nachträge bringen
müssen.
Was hat endlich der Kunstmaler von allen
diesen, ihn nichts angehenden Dingen? Die Deko-
rations- und Zimmermalerei berührt ihn nicht, eben-
sowenig die Lackiererei, es sei denn, dass er als
„Innenarchitekt" tätig ist. Auch die Abteilung
für Buch- und Kunstdruck, die Tapeten- und Bunt-
papierindustrie wird ihm wenig Interesse abzü-

locken imstande sein, so dass nur ein ganz ge-
ringer Teil des „Farbenbuches" ihm etwas zu bieten
haben wird. (Schluss folgt.)
Die Geschichte der Maltechnik in der
neueren Literatur.
Von E. Berger. (Fortsetzung.)
Eine solche Art, mit der blossen Nennung des
Autornamens zu zitieren, ist nur geeignet, das Ver-
trauen zu vermindern gegenüber anderen Bemerkungen
kunstgeschichtiichen Inhalts, bei denen gleichfalls jeder
exakte Stellennachweis fehlt. Man möchte sich über
die Richtigkeit der Behauptungen durch Nachschlagen
sofort vergewissern können, und gerade für die alte
und die mittelalterliche Technik wird dies bei der
Wichtigkeit der Quellenschriften zu einem
unabweisbaren Bedürfnis. In der „Literatur-
Uebersicht", die sehr reichlich die moderne Literatur
berücksichtigt, sind nur fünf hierhergehörige Werke
erwähnt, nämlich Plinius und Vitruv, Cennini, Lionardo
da Vinci und Carel van Mander (bei dem letzteren
nur die deutsche Uebersetzung, die den Abschnitt
mit der für Maltechnik wichtigen „Einleitung" nicht
einmal enthält); es fehlen die Hauptquellen: Theophilus,
Heraclius, das Strassburger Ms., das Mayernsche Ms.,
die von Merriheld herausgegebenen Quellen (auch
dieses Werk ist nicht genannt), Vasari, Armenini, die
Spanier u. a., deren Schriften in der „Materialienkunde"
zu wiederholten Malen erwähnt und angeführt
werden. Wer sich mit Quellenforschung eingehend
befasst hat, wird wohl meist erraten können, weiche
Stellen jeweils gemeint sein dürften, aber das Buch
ist doch hauptsächlich für solche bestimmt, die erst
in die Materie eingeführt werden wollen, und
selbst dem Verfasser dieser Zeilen ist es mitunter
schwer geworden, die Stellen aufzufinden, auf die
Eibner sich bezieht; so wenn S. 176 gesagt wird:
„Das Strassburger Ms. erwähnt, dass Zinnober
von den altflämischen Malern ohne Bedenken
gebraucht wurde."
Denn in der zitierten Quelle findet sich von alt-
flämischen Malern nicht das geringste! Sollte diese
irrtümliche Angabe auf eine unrichtig übertragene
Stelle der deutschen Uebersetzung von Eastlake, auf
die ich in diesen Blättern, III. Jahrg., Nr. 9, aufmerk-
sam gemacht habe, zurückzuführen sein, dann beweist
dieser Umstand mit aller Deutlichkeit, wie wichtig
die genaue Quellenangabe in solchen Fällen ist. Eine.
Namensverwechslung scheint vorzuliegen, wenn es
S. 379 heisst: „Nach Armenini war der sog. Rubens-
firnis ein Gemisch aus Mastix, Olio d'Abezzo und
Olio di sasso." Aber Armeninis Buch erschien 1587
und Rubens (geb. 1577) war damals ein zehnjähriger
Knabe! Schlägt man bei Armenini nach, so findet
man, dass es Correggio ist, dem der Gebrauch
dieses Firnisses zugeschrieben werden muss. Eine
ähnliche Namensverwechslung liegt offenbar auch
S. 247 in der Stelle von den „grossen Meistern des
Fresko von Giotto bis Tintoretto, Knoller usw."
vor. Tintoretto hat zwar auch einige Fresken an
Aussenseiten venetianischer Paläste gemalt, aber keine
einzige dieser Fresken hat sich erhalten. Keinesfalls
kann er als grosser Freskomaler bezeichnet werden.
Ich vermute, dass es Tiepolo heissen sollte.
Eine ganze Reihe von historischen Ungenauigkeiten
bietet der Abschnitt über die Experimente mit der
Enkaustik auf S. 336. Es handelt sich hier um „die
Versuche von Bachelier (1771), Calau, Caylus, Lorgna,
Porri u. a. zur Wiederherstellung des punischen Wachses,
die sämtlich Wachsemulsionen . . . lieferten." Ein
Vergleich der einschlägigen Literatur ergibt, dass
 
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