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Münchner kunsttechnische Blätter — 7.1910/​1911

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Nr. 3
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Wenn Bilder lange gerollt geblieben sind
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https://doi.org/10.11588/diglit.36591#0013

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Manchen, 31. Okt. 1910.

Beilage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint i4tägig unter Leitung von Maier Ernst Berger.

TU. Jahrg.

Nr. 3.

Inhait: Wenn Bilder lange geroüt gebiieben sind. Von C. F. — Geschichte der Wandmaiereien des Domes
zu Aachen. Von Paui Gerhardt, Düssetdorf. — Das Schriftzeichnen. Von Johann Mai. — Literatur-
anzeige.

Wenn Bilder lange gerollt geblieben sind.

Nicht jeder hat das Giiick, seine grossen
„Maschinen" in den Besitz einer Galerie oder eines
Privatmannes gelangt zu wissen, und wenn über-
grosse Biider nach ihrer Ausstellungstourne (viel-
leicht erst nach vielen Kreuz- und Querfahrten)
wieder an den Schöpfer zurückkommen, dann hat
der Maler das Interesse an der, wie es ihm scheint,
verfehlten Arbeit verloren, und da es ihm meist
an Raum gebricht — auch an Lust! — sein Werk
wieder aufzustellen, so bleibt es in der Kiste so-
zusagen — eingesargt. In welchem Zustande sich
die Malerei nach dem vielfachen Auf- und Ab-
spannen, dem Hin- und Herstossen in den Aus-
stellungslokalen der Kunstvereine, Kunsthandlungen
usw. befindet, das wird nicht untersucht, bis eines
Tages wieder einmal die Aussicht lockt, die alte
„Schwarte" einem Liebhaber für ein paar elende
Schillinge abzulassen, und um ihm die Möglichkeit
zu bieten, das Bild, dessen Photographie ihm Vor-
gelegen, im Original zu sehen, muss die Kiste ge-
öffnet, die Leinwand abgerollt und aufgespannt
werden.
Wer das alles mitgemacht hat, der weiss, was
ihm dabei bevorsteht! Das Bild, an dem ich die
hier zu schildernden Erfahrungen machte, wurde
schon vor mehr als zwanzig Jahren gemalt, es hat in
mancher Ausstellung die Besucher — hoffentlich! —
erfreut, und einmal brachte es dem Autor sogar
die grosse silberne Medaille auf einer Weltaus-
stellung. Aber das ist auch schon lange her, und
als die Lagerkosten beim Spediteur sich allzusehr
zu vergrössern drohten — es waren bereits an
die 70—80 Mk. —, da Hess ich die Kisten in den
Keller schaffen, die Rolle mit den drei Bildern —
es war ein Tryptichon — wollte ich aber zum
besseren Schutz in einer Ecke meines Ateliers
aufbewahren. Schon gelegentlich dieser Arbeit
entdeckte ich zu meinem Erstaunen, dass die

Bilder verkehrt, d. h. mit der Bildseite nach
innen auf der Rolle befestigt waren und noch
dazu — der E . . . von Packer glaubte wohl,
wie klug er war — lag als Zwischenschicht in
ganzer Breite sog. Detailzeichenpapier. War nun
das Bild auf seiner letzten Fahrt längere Zeit in
einem überwarmen Magazin aufbewahrt oder hatte
sich die Farbenschicht, besonders in den Schatten-
partien, die mit Asphalt gemalt waren — damals
war es noch nicht ein Verbrechen, mit Asphalt zu
malen! — etwas aufgeweicht, was ja nicht un-
möglich ist, da bekanntlich ölige Substanzen, auf
Leinen oder Lumpen verteilt, sich leicht er-
wärmen, genug, beim Abrollen der Bilder zeigte
es sich, dass das erwähnte Papier auf den dunklen
Teilen festklebte und bei dem Versuche, es mit
Gewalt zu entfernen, blieben natürlich kleine
Stellen der Farbe an dem Papier kleben, überall
lochartige Vertiefungen in der Bildfläche zurück-
lassend. Es wäre — wie ich jetzt glaube —
richtiger gewesen, das Bild erst einige Zeit offen
liegen zu lassen, bis die erweichte Farbmasse
wieder fest geworden wäre, und dann mit lau-
warmem Wasser die Papiere abzulösen. Aber
erstens dachte ich damals nicht daran und zweitens
war gar keine Zeit dazu, denn die Umrollung musste
in einem Speichergange vorgenommen werden,
wo dazu wenig Platz war. Ich begnügte
mich also nur damit, die drei Bilder mit der
richtigen Seite nach aussen aufzurollen und stellte
die Rolle, mit Packpapier umwickelt, in die Ecke
des Ateliers.
Vor kurzem kam nun die „Lockung" und die
Notwendigkeit, das Bild vor dem Wegschicken
noch einmal anzusehen und, wo nötig, auszubessern,
denn die grössten Partien des Bildes waren noch
mit dem erwähnten Papier beklebt geblieben,
als — es waren ja auch wieder IO Jahre ver-
 
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