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Münchner kunsttechnische Blätter — 7.1910/​1911

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Nr. 20
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Berger, Ernst: Zur Frage der römisch-pompejanischen Wandmalerei: Bemerkungen zu Keims "neuen" Rekonstruktionsversuchen
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Anfragen und Beantwortungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.36591#0088

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34

Münchner kunsttechnische Biätter.

Nr. 20.

,,Vitruv sagt ausdrückhch in Bd. VII, Kap. III,
dass wenn die Farben . . . bei dem Poiieren
des Stuckes aufgetragen worden sind, geben diese
einen ieuchtenden Schimmer von sich",
worauf weder Wiegmann noch Donner Wert iegten, ja
K. entdeckt endiich mit einemmaie, dass es sich bei
den Angaben in Vitruvs Kapitel „nur um opus tec-
torium handeit, nicht um die nachträglich
auf den gefärbten und geglätteten Stuck auf-
getragenen,.Matereien und Bemaiungen" eine
Trennung der Arbeitsfoige, die sowohi Wiegmann ais
Donner ganz unbeachtet geiassen hatten.
Genau dasseibe, was hier Herr K. so seibst-
verständhch findet, hatte ich, im Gegensatz zur
Donnerschen Annahme, schon vor :8 Jahren
gesagt. Somit ist K. in diesen Punkten von
Donners Ansicht abgewichen.
IV. Dass Herr Keim seit seiner „Erkiärung"
seine Ansicht hinsichtlich der Richtigkeit der Wieg-
mann-Donnerschen Theorie, die doch Antass des
Streites ist, in einigen grundiegenden Punkten
geändert hat, ist im obigen gezeigt; es foigt aber
noch viei deutiicher aus einem Artikei Geriichs
über die „Technik der pompej.-röm. Wandmaierei" in
„Neue Jahrbücher für das kiass. Aitertum", XXI. Jhg.
(1908), S. 127—144.
Darin ist von „Keims neuen Versuchen" die
Rede, so dass es geboten ist, hier in Verbindung mit
Geriichs Ausführungen näher darauf einzugehen.
Zweieriei muss sofort auffaiien: Warum ist vorher
von diesen Versuchen in den „Techn. Mitt. f. Mai." nie-
mais etwas zu iesen gewesen? Und warum ist nachher
Geriichs Artikei in diesen Biätternniemais abgedruckt
worden? Hier gieich die Antwort: Weit diese Ver-
suche gegen die Wiegmann-Donnersche
Theorie sprechen.
Auch konnte es nicht in Geriichs Interesse iiegen,
die Leser der „Techn. Mitt." mit seinem Aufsatze be-
kannt zu machen, weit er darin von seinem auf dem
Kongress zu München 1905 so geräuschvoi) und so
entschieden verkündeten Urteiie in vieien Punkten
abgewichen war, ja sogar eingestehen musste,
in der phiioiogischen Erkiärung einiger, sehr wichtiger
Vitruvsteiien anderer Ansicht geworden zu sein.
Geriich und Keim sind eben erst im Veriauf ihrer
gemeinsamen Arbeit (a. a. O., S. 129) zu der Ent-
deckung gekommen, dass durch die Kürze in Vitruvs
Darsteiiung (Bd. VII, Kap. 3) „gerade jene Steile,
weiche für die Entscheidung der ganzen
Frage von einschneidender Bedeutung ist,
etwas unkiar geworden sei" und dass es „erst
den gemeinsamen Versuchen des Technikers und des
Phiioiogen (also Keim und Geriich) geiungen sei, eine
eindeutige Erkiärung zu finden, nämiich dieseibe,
die ich schon vor iS Jahren angegeben hatte!
Jetzt stimmen auch sie, wie oben bereits erwähnt
wurde, meiner Erkiärung zu (gegen Donner und
gegen das eigene Kongress-Referat), dass „die antike
Technik der beabsichtigten Biidwirkung entsprechend
eine Teiiung in die Grundierung und den Auf-
trag der Bemaiung (Figuren, Ornamente usw.)
vornehme", und das „Vitruv bei der Schiiderung dieser
Vorgänge bedaueriicherweise (!) seine Aus-
führungen so knapp gehaiten habe, dass sie schwer-
verständiich und infoigedessen fatsch ge-
deutet worden sind" (a. a. O., S. 130 oben).
In seinem Kongress-Referate hatte Geriich mir
zum Vorwurf gemacht, den Gebrauch von „Schiag-
höizern" (bacuiorum actionibus) bei der Festigungsarbeit
angenommen zu haben, während vieimehr vom iiacuium
(Giätthoiz) die Rede sei. Jetzt findet er S. 142 gieich-
faiis deren Gebrauch sehr wichtig („Vitruv schärft

ausdrückiich ein, den Grund recht gründiich mit Schiag-
höizern zu bearbeiten"); an anderer Steiie (S. 129) er-
kiärt er: „K. hat bei seinen Versuchen feststeiien
können, dass ein Schiagen jeder einzeinen Schicht dem
Mörtei grosse Konsistenz verieiht", und in einer Fuss-
note dazu „korrigiert" er die früher von ihm ge-
äusserte Ansicht.
Die„Poiitiones", d. i. Giättungen des Bewurfes,
von denen Donner bekanntiich nichts wissen woiite, finden
auch G. u. K. jetzt durchaus nötig! „Die Poiitur
muss nach Vitruv sehr häufig vorgenommen
werden, je häufiger je besser, denn nur der
gründiich poiierte Verputz erreicht Gianz
und Festigkeit" (S. 144). Freiiich fügt er sofort
hinzu: Im Anschiuss an Vitruvs Angaben hat man die
Höhe dieses Gianzes vieifach übertrieben. Gianz
und Giätte eines Spiegels, wie Vitruv ais
Massstab angibt, finden sich, soweit meine
(d. i. Geriichs) Kenntnis reicht, in Pompeji nicht."
Aber wie weit reicht diese Kenntnis? Ausser den
paar Bruchstücken im Münchner Deutschen Museum
und in der Arndtschen Sammlung der Giyptothek hat
G. vieiieicht nichts gesehen! Er bemerkte wohi daran,
dass dieStuckfiächen einen Gianz zeigen, während
aufgemaite Ornamente matt seien, aber seiner Be-
obachtungsgabe scheinen Grenzen gezogen zu sein;
sonst hätte er bemerken müssen, dass die Bemaiung
einzehier Bruchstücke in gieich er Ebene mit den
Grundflächen iiegt, dass aiso verschiedene Arten
der antiken Technik unteugbar zu erkennen sind.
Und hätte er die Originale im Deutschen Museum mit
meinen von mir seibst dort aufgesteiiten Rekonstruk-
tionen genau vergiichen, so hätte er schweriich
die unzutreffende Behauptung aufgesteüt
(S. 140 oben): „Der Augenschein der B.sehen Re-
konstruktionen aiiein beweist, dass seine Technik
mit der der antiken Wandmaierei nicht identisch ist."
Er hat eben nur eine Art pompejanischer Wand-
maierei gesehen und für Varianten innerhalb dieser
Technik keinen Biick gehabt.
Nun ist es freiiich schon ein grosser Fortschritt
der Erkenntnis bei den beiden Freskoanhängern und
Verfechtern der Theorie Donners, die stets behaupteten,
dieser hätte das Wesen der antiken Technik richtig
erkannt, dass sie jetzt mit einemmaie zugeben
(S. 127): „In einigen wichtigen Punkten aber
wurde er der antiken Maitechnik doch nicht ganz
gerecht", und zu der Einsicht kommen (S. 131), dass
trotzdem Donner „sich mit Recht auf die ein ausser-
ordentiieh feines Verständnis (!?) für die Prinzipien der
Freskotechnik bekundende Steiie Vitruvs (VII 3, 7)
stütze, seine weiteren Ausführungen nicht
ganz das Rechte treffen, weii er jene Zweiteiiung der
Manipuiationen (d. h. Auftrag der Grundfarbe und
nachherige Maiarbeit, die Donner niemals trennt!)
nicht scharf genug unterscheide und den
Zweck der poiitio deshaib verkenne."
(Schiuss foigt.)
Anfragen und Beantwortungen.
Herrn O. K. in Bremen. — Auf Ihre Anfrage
wegen des Karma-Firnisses, können wir Sie be-
nachrichtigen, dass derseibe vom Koiiegen Hermann
Katsch eingeführt worden ist. Die Zusammensetzung
ist nicht bekannt gegeben, aber nach Urteii von Be-
rufsgenossen ist der Firniss sehr zu empfehlen. Soiite
er dort nicht zu haben sein, dann bitte sich an eine
der in der ,,W. d. K." inserierenden Künstiermagazine
in Beriin oder Düsseidorf zu wenden.

Verlag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig.
 
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