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Münchner kunsttechnische Blätter — 7.1910/​1911

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Nr. 24
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Buss, Otto; Berger, Ernst: Briefe von Dr. Buss † über das punische Wachs, [3]: mit Einleitung von E. B.
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Literatur
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Münchner kunsttechnische Btätter.

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Nr. 24.

aufgetragen, eine Lage von Kalkbrei (gelöschten
und mehrere Tage gelagerten Kalk) und feinen
weissen Seesand. Der Verputz wird mit eigenen
Kellen geglättet, aber kalt. Ich hoffe, auf einem
Stück solchen Verputzes, auf Eternitplattc aufge-
tragen, die punischen Wachsfarben probieren zu
können. Trotz der Roheit meiner provisorischen
Pröbchen habe ich gesehen, dass das punische
Wachs viel besser poliert als z. B. die Wachs-
terpentinpaste, die unsere Marmoristen anwenden,
und die gegen Waschen widerstandsfähig ist. Ich
möchte noch nicht dafür einstehen, dass punisches
Wachs auf trockenem Kalk erhitzt punisches
Wachs bleibt, und sich nicht mit Kalk unlöslich
verbindet resp. umsetzt. Man kann über solche
Sachen, selbst wenn man ein noch so gelehrter
Chemiker ist, nicht a priori urteilen, da man diese
Verhältnisse im Kolleg nicht erörtert, man muss
sie probieren und untersuchen. Wir Photoche-
miker kennen das zur Genüge, da sich bei uns
oft Erscheinungen zeigen, über welche die Herren
hinterm Katheder ungläubig die Köpfe schütteln
würden, weil alle Weisheit zu deren Erklärung
noch nicht gereicht hat.
Ich halte es daher noch nicht für unmöglich,
dass punisches Wachs auch auf der trockenen
Mauer Kalkwachs bildet, auch gegen die Ansichten
von Dr. * und * *) Beweise dafür muss man
allerdings noch suchen.
In der Hoffnung, Ihnen bald über Resultate
genauerer Versuche Mitteilung machen zu können,
begrüsst Sie freundlichst
mit vorzüglicher Hochachtung
Ihr ergebener
Dr. Buss.
Nachschrift:
Damit endet der Briefwechsel. Man wird dar-
aus erkennen, dass die in den Brielen zum Aus-
druck gebrachte Annahme geeignet ist, die fast
unvereinbar scheinenden Differenzen dennoch aus-
zugleichen. Vielleicht findet sich ein Chemiker,
der die Buss'schen Versuche wiederholt und deren
Resultate sicherstellt. Ich .wäre dann gerne be-
reit, ihm dabei behilflich zu sein und die nötigen
maltechnischen Hantierungen vorzunehmen. E. B.

*) Diese Bemerkung bezieht sich auf die Möglich-
keit, dass die Wachsseife mit dem Kalk eine chemische
Verbindung eingehe, eine Erklärung, die mir seinerzeit
von dem anerkannt tüchtigen Chemiker Dr. Hobein
gegeben wurde. Dr. H. hatte mir sogar durch Hand-
schlag versichert, für die Richtigkeit dieser Annahme
event. öffentlich eintreten zu wollen! Auch die später
angefochtene Behauptung, die sich bildende Kalkseife
sei im Tectorium, besonders bei Anwesenheit von
Eisenoxyd chemisch schwer nachzuweisen, hatte ich
der gleichen Autorität zu danken.

Literatur
Die Farbenmischungslehre und ihre praktische
Anwendung. Von Karl Mayer, Chemiker-
Kolorist. Mit 17 Textfiguren und 6 Tafeln.
Berlin, Verlag von Jul. Springer, I$II. Preis
geh. Mk. 4.—, geb. Mk. 4.80.
Wer sich mit der Theorie der Farben oder, wie
es allgemein genannt wird, mit der Farbenlehre be-
fasst hat, wird den Unterschied zwischen der optisch-
physiologischen und der objektiven oder Körperfarben-
mischung kennen, auch die Grundlagen, worauf es be-
ruht, dass sich farbige Lichter, wie sie z. B. das Spek-
trum zeigt, stets zu einer helleren Mischfarbe ver-
einigen, d. h. sich addieren, während Körperfarben die
entgegengesetzte Erscheinung zeigen: diese werden,
passend übereinander aufgetragen (z. B. beim Drei-
farbendruck u. a.), stets eine dunklere bis schwarze
Mischfarbe erzeugen. Dass dieFarben hier subtraktiv ge-
mischt werden, ist damit zu erklären, dass die Körper-
farben nur Licht ausstrahlen, das von ihnen nicht ab-
sorbiert worden ist, d. h. bei Mischungen von zwei
Körperfarben wird durch Absorption der Strahlen
das Licht vermindert.
Diese Prinzipien sind Gegenstand der oben be-
zeichneten Abhandlung. Der Verfasser hat es sich
zur Aufgabe gemacht, auf Grundlage des sogenannten
Dreifarbensystems eine Lehre der Farbenmischung
speziell für die Zwecke des Koloristen, der Färberei
und ähnlicher Gewerbe aufzustellen, um auf einfachem
Wege bestimmte Farbentöne zu erkennen oder mit Hilfe
der m Betracht kommenden, hauptsächlich Anilinfarb-
stoffe nach einer bestimmten Norm zusammenzusetzen.
Für den künstlerischen tätigen Maler sind diese Teile
der Schrift von geringerem Interesse. Für ihn kommt
bestenfalls das Dreifarbensystem bei der Mischung
von Aquarellfarben oder beim künstlerischen Farben-
druck in Betracht.
In dem Kapitel „Lichtfarben und Körperfarben",
das die theoretischen Prinzipien der Farbmischung
behandelt, wird der bekannte Newtonsche, von Max-
well später vereinfachte Versuch, mit Hilfe des Farben-
kreisels Farben zu mischen, beschrieben, und der Ver-
fasser wundert sich, in der Annahme hier eine Körper-
farbenmischung vor sich zu haben, dass die Farben
sich nicht zu Schwarz, wie er vermutete, sondern zu
einem helleren oder dunkleren Grau vermischen. Das
ist hier aber ganz natürlich; denn auf dem in Be-
wegung gesetzten Kreisel gelangen die Farben in
rascher Folge in unser Auge, sie mischen sich rein
optisch, erst auf der Netzhaut entsteht die Mischfarbe,
und diese ist deshalb nur grau (nicht weiss), weil eben
lichtschwächere Körperfarben auf dem Kreisel sich
befinden. Diese Umstände hat der Verfasser miss-
verstanden und daraus resultieren weitere Irrtümer;
z. B. wenn er Seite 16 meint, die Mischfarbe der drei
in gleich grossen Sektoren auf dem Kreisel aufgetragenen
Grundfarben Rot, Gelb und Blau könne unmöglich eine
schwarze sein, weil doch nur ein Drittel der Fläche
mit jeder der Grundfarben bedeckt ist, und es unmög-
lich wäre, mehr als je ein Drittel der Scheibe mit
roten, gelben oder blauen Sektoren zu bedecken!
Auch bei Erwähnung des Lumiere-Verfahrens (S. 29)
vermisst der Leser eine Erklärung dafür, warum hier
als Grundfarben nicht Rot Gelb und Blau, sondern
Rot (und zwar Orangerot), Grün und Violett, also die
sog. Sekundärfarben, genommen werden, und es trifft
auch nicht zu, dass die farbigen Stärkekörnchen „durch
die Einwirkung der Farbe mehr oder minder intensiv
vom Lichte verändert werden". Die gefärbten Stärke-
körnchen werden nämlich nicht verändert, sondern nur
die lichtempfindliche Schicht, in der sie gebettet sind,
und zwar in dem Masse und in dem Verhältnis, als die
 
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