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Münchner kunsttechnische Blätter — 7.1910/​1911

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Nr. 16
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Klebmittel aus Kasein
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Kunsttechnische Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.36591#0072

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6S

Münchner kunsttechnische Biätter.

Nr. 16.

Klebmittel aus Kasein.
Kasein hat sich als Rohstoff zur Herstellung einer
Reihe von Kiebmittein für verschiedene technische
Zwecke sehr zweckmäßig erwiesen. Kaseinieinie ais
sogenannte Kaitieime zeigen grosse Klebkraft, bedeu-
tende Widerstandsfähigkeit gegen Feuchtigkeit und
Wärme und zeichnen sich besonders dadurch aus,
dass sie beim Erkaiten nicht wie tierischer Leim zu
Gaiterte erstarren, sondern kiebrig bieiben. Soiche
Kaseinkaltieime werden verwendet in der Kartonnagen-
fabrikation, zum Leimen von Holz, als Porzellankitte
usw. Gepulvertes oder granuliertes Kasein bilden das
Rohmaterial zur Herstellung der Kaseinklebmittel.
Unterwirft man Magermilch der natürlichen Säue-
rung oder versetzt sie mit Säüren (am besten stark ver-
dünnte Schwefelsäure), so erhält man Kasein, dessen
Gewinnung jetzt im grossen geschieht. Für Kleb-
zwecke muss ein ziemlich reines Produkt benutzt
werden. Es empfiehlt sich daher, das Kasein vor Ver-
wendung zur Kaltleimbereitung näherer Prüfung zu
unterziehen, besonders auf Säuregehalt und Auf-
schliessbarkeit z. B. mit Borax. Die Gesamtsäure
wird durch Titration mit Zehntelnormal-Alkalilauge
bestimmt; gutes Kasein soll nicht mehr als 0,2 bis 0,3
Proz. Gesamtsäure, auf Schwefelsäure H^SO^ berech-
net, enthalten. Hinsichtlich Aufschliessbarkeit sollen
nach Dr. Reuter 100 Teile Kasein sich bei 60 bis 70° C
in einer Boraxlösung 1:40 Teile Wasser gleichmässig
lösen. Um diese Prüfung auszuführen, verfährt man
folgendermassen: Im Emaillegefäss werden 80 ccm
destilliertes Wasser und 20 g der Kaseinprobe innig
durchgerührt, dem 2 g Boraxpulver zugegeben und
die Masse etwa : Stunde quellen gelassen. Nun er-
wärmt man im Wasserbade auf 60 bis 70" C, bis ein
gleichmässiger Leim entsteht. Gutes Kasein liefert
hierbei eine fadenziehende Masse, welche auf Glas-
platte gestrichen gegen das Licht gehalten einen
gleichmässigen Ueberzug erkennen lässt. Ein zu
saures Kasein erfordert grössere Boraxmengen zur
völligen Lösung, ein mit Salzsäure gefälltes Kasein
löst sich auch bei Zusatz von grossen Boraxmengen
nicht und bildet mit 10 bis 15 Teilen Borax, wie oben
beschrieben behandelt, beim Erkalten gallertartige
Masse. Man kann Kasein auch durch Ammoniak,
Natriumphosphat aufschliessen, d. h. in Lösung bringen.
Aetzalkalien und Alkalikarbonate sind zu diesem
Zweck nicht geeignet, sie zersetzen das Kasein und
liefern wenig haltbare Lösungen.
Borax ist ein ziemlich teueres Produkt, deshalb
wendet man zumeist zur Herstellung von Kaseinkleb-
mitteln andere Auischliessstoffe an. Im Nachstehen-
den folgen einige Vorschriften zur Fabrikation von
Kaseinkaltleimen (nach „Seifensieder-Zeitung" 1909
Nr. 1):
1. 30 T. Kaseingranulin werden mit ioo T. Wasser
verrührt und die Masse etwa 1 Stunde stehen gelassen,
dann unter Rühren nach und nach 23 T. Ammoniak
0,923 spez. Gew. und zuletzt io T. Natronlauge 40" Be
zugegeben. Man setzt das Rühren solange fort, bis
ein völlig gleichmässiger langfadenziehender Leim
entstanden ist, welcher erforderlichenfalls noch mit
Wasser auf die gewünschte Dünnflüssigkeit verdünnt
werden kann.
2. In 100 T. Wasser löst man 2 T. Boraxputver
auf und verrührt mit dieser Lösung 30 T. granulirtes
Kasein innig, lässt die Masse etwa 1 Stunde quellen,
erhitzt dann unter Rühren im Wasserbade auf 60 bis
70" C, lässt erkalten und verrührt damit nach und
nach 12 T. Ammoniak 0,91 spez. Gew. bis zu gleich-
mässiger Beschaffenheit der Masse. Endlich gibt man
noch 10 T. denaturierten Spiritus und je nach Bedarf
Wasser als Verdünnungsmittel hinzu.
3. Man lässt ein inniges Gemisch aus 30 T. granu-

liertem Kasein und 80 T. Wasser einige Zeit st dien,
fügt allmählich unter Rühren 23 T. Natronlangt von
40" Bö hinzu, erwärmt im Wasserbade auf 60 bis
70" C und rührt solange, Bis die Masse gleichmässig
und fadenziehend wird. Nun gibt man noch 15 T.
Wasserglaslösung von 38" Be und 13 T. 30 proz.
Spiritus hinzu; der Kaseinleim kann mit Wasser ver-
dünnt werden.
4. 30 T. granuliertes Kasein werden mit ioc T.
angewärmtem Wasser gut durchfeuchtet, 23 T. Ammo-
niak von 0,91 spez. Gew. allmählich eingerührt, der
völlig gleichmässigen Masse 13 T. Wasserglaslösung
von 28° Be und dann noch 4 T. Chlormagnesiumlös ng
von 27" Bö zugegeben, Verdünnung mit Wasser je nach
Erfordernis.
Um Kaseinklebmittel vor Zersetzung zu schützen,
lassen sich Borsäure, Salizylsäure, Karbolsäure, da
der Ldim stark alkalisch ist, ja auch Formaldehyd
nicht anwenden, da hierdurch das Kasein wieder aus-
gefüllt wird. Man konserviert durch Zugabe von Salol
oder Thymol.
Kaseinleime besitzen tatsächlich hohe Klebkraft
und eine gute Widerstandsfähigkeit gegen Feuchtig-
keit. Farbenzeitung.
Kunsttechnische Literatur.
Kopfzeichnen. Kurzgefasste Anleitung zur zeich-
nerischen Darsteilung des menschiichen
Kopfes. Mit zahireichen Bildern und Vor-
lagen von K. Wellner. Ravensburg, Verlag
von Otto Meier. Preis brosch. Mk. 1.50.
Mit wenigen Strichen ein Porträt machen
zu können, ist der Wunsch vieler. Eine Fertigkeit
darin ist aber nur möglich durch vieles Ueben und
durch Beobachtung der wichtigsten Merkmale, die das
Antlitz eines jeden aufweist. Welche Gesichtspartien
das nun sind, die aufzufassen und zu beobachten sind,
und wie sie dargestellt werden müssen, um eine
frappante Aehnlichkeit zu erzielen, das erklärt durch
praktische Anweisung und zahlreiche bildliche Beispiele
das hübsche Büchlein von K. Wellner. Hier hat ein
Praktikus seine Beobachtungen niedergelegt, aus denen
ein jeder profitieren kann. Der rührige Verlag hat
mit diesem Hefte seiner bekannten und vielverbreiteten
Kunstbibliothek gewiss einem vielseitigem Wunsche
entsprochen; denn neben dem Landschaftszeichnen
wird nichts mehr gepflegt als das Zeichnen des mensch-
lichen Kopfes. Bei einer neuen Auflage könnten noch
einige Hinweise auf den Ausdruck, die sog. Physio-
gnomik des Gesichtes von Nutzen sein.
Die Schrift im Handwerk. Das Schriftschreiben
und seine Anwendung in Schule und Werkstatt.
Herausgeg. von Ernst Bornemann, Barmen,
und Paul Hampel, Breslau. Heft I: All-
gemeine Einführung in das Schriftschreiben.
Frankfurt a. M., Verlag von Franz B. Auffarth.
Preis M. 1.20.
In der modernen Plakatkunst /nimmt die Schrift
eine so bedeutende Stelle ein, dass es für viele un-
erlässlich ist, sich mit den Grundgesetzen des Schrift-
schreibens und der Schriftanordnung usw. zu befassen.
Das vorliegende i. Heft bringt ausser dem nötigen
Handwerkszeug eine Reihe von modernen Schriften
in einfachen und kräftigen Typen. Wenn die folgenden
Hefte von der gleichen Güte sind, dann haben wir ein
Vortagenwerk für Schrift, wie es den heutigen Bedürf-
nissen entspricht.

Vertag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig.
 
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