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Münchner kunsttechnische Blätter — 7.1910/​1911

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Nr. 16
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Bakenhus, Gerhard: Lacke und Retuschierfirnisse, [2]: vergleichende Studie
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https://doi.org/10.11588/diglit.36591#0071

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Nr. <6.

Münchner kunsttechnische Biätter.

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nur dann konstant, wenn alle Intervalle zwischen
den Farbmoteküien mit dem durchsichtigen Harze
vollständig ausgefüllt sind, weshalb jene Steilen
in einem Temperabilde, welche vom Harz des
Firnisses noch nicht vollkommen getränkt sind,
beim Trocknen wieder matt und undurchsichtig
werden und daher nachgehrnisst werden müssen."
Weiter auf S. 47 sagt er:
„Bei der Temperafarbe hingegen dringt der
Firnis durch die Farbe und umhüllt sie bleibend
mit einem durchsichtigen Medium." ^
Auf Seite 48 sagt er:
„denn nach einiger Zeit stellt sich bei Oelbildern,
wenn sie einschlagen, das Bedürfnis des Firnis-
sens ein und da steht man vor der Quelle des
Ruines aller Oelbilder.
Denn während für die Temperafarbe zu ihrer
Festigkeit gerade der Firnis von Vorteil ist (die
stärksten Kitte, welche es gibt, bestehen aus einer
Verbindung von Leim und Harzen), so wirkt der
Firnis auf einem Oelbilde geradezu zerstörend.
In die trockene Temperafarbe dringt nämlich der
Firnis ganz gleichmässig ein und macht sie zur
Leimharzfarbe, auch Oelfarbe trocknet er auf der
OberHäche oder dringt unregelmässig in einzelne
Teile ein und reisst sie infolge des verschiedenen
Trockenprozesses auseinander.
Ich bin überzeugt, dass mein nach alten
Rezepten (?) hergestellter Harzfirnis ganz vorzüglich
ist. Er besteht aus Mastix und Damar in rekti-
fiziertem Terpentin gelöst mit einem kleinen Zusatz
von venetianischem Terpentin und Balsam copaivae."
(Balsam copaivae nach altem Rezept?)
„Im allgemeinen haben alle Firnisse, ob
ätherische oder alkoholische oder gar Oelhrnisse,
den Nachteil, spröde zu werden.
Wenn sie wie Glas auf der OberHäche eines
Oelbildes auftrocknen, so reissen sie durch Zu-
sammenziehung die Oelfarbe auf.
Da aber meine Temperafarben den höchst
geschmeidigen Honig enthalten, so bewahren meine
geßrnissten, auf meinen äusserst geschmeidigen
Leinwänden gemalten Temperabilder stets die
grösste Geschmeidigkeit und lassen sich daher
viel besser wie Oelbilder aufrollen."
Nach meinen ca. 15jährigen Versuchen, die
ich mit verschieden zusammengesetzten Tempera-
farben machte, ist nun gerade der Lack der Ver-
derb der Temperafarben, wenn er nicht auf ganz
besondere Art aufgetragen wird.
In dem öfter zitierten Werk findet sich auf
S. 18p eine Notiz über Firnis auf Wasserfarben:
„Wenn du fetten und öligen Firnis über
Wasserfarben aufträgst, verdirbst du sie. Es ist
nötig, zuerst einen Firnis von Gummi arabicum
oder Eiklar aufzutragen. Dieses muss leicht und
in einem Zuge über die Malerei gestrichen werden
ohne ein zweites Mal darüber zu gehen. Lasse
ihn trocknen und dann überstreiche den andern
wasserbeständigen Firnis, wovon du oben mehr-
fache Beschreibung hast. Daneben der Gummi
oder Eiklarfirnis, Eiklar von drei Eiern zu Wasser
geschlagen. Kirschgummi'/, Unze, Gummi arabicum
2 Unzen. Mische es gut; gleich viel Rosenwasser
ist beizugeben. Erwärme ohne zu sieden. Beim
Seihen füge bohnengross Honig bei."
Ich nehme anstatt dessen rein weisse Gela-
tine mit einem geringen Zusatz von Alaun oder
ganz wenig doppelchromsaurem Kali, dadurch
wird der Firnis gegen Wasser unempfindlich.

Zinnober in Tempera wurde ohne diesen
Zwischenfirnis in ganz kurzer Zeit schwarz, damit
überstrichen ist er bis heute tadellos erhalten.
Ein Schüler von mir malte vor etwa 8 Jahren
zugleich dasselbe Motiv in Oel und nach Pereiras
Art in Tempera; das Oelbild ist bis heute tadel-
los erhalten und frisch, das Temperabild ist stark
gedunkelt und ganz mit feinen Rissen besäet.
Ich bemerke, dass das Temperabild ursprünglich
klarer und reiner war wie das Oelbild, jetzt —
ist es umgekehrt.
Wenn ein Oelbild gut getrocknet ist, schadet
es gar nicht, wenn man nachher einen Essenz-
firnis daraufstreicht. Nach Entfernen des letzteren
ist in den meisten Fällen das Oelbild vollkommen
intakt.
Ein ca. 200 Jahre altes Oelbild war mit einem
vollkommen trüb gewordenen, stark gerissenen
dunkelbraunen Firnis bedeckt. Nach Entfernen
des letzteren war es so frisch, als ob es erst vor
kurzem gemalt wäre, und kein Sprung darin zu
sehen. Ein anderes Bild, welches wohl 40 bis
50 Jahre in einem Rauchzimmer gehangen hatte,
war so braun, dass man kaum mehr sehen konnte,
was darauf dargestellt war. Nach Abwaschen und
Entfernen des Firnisses war es vollkommen frisch,
bloss einige kleine Stellen, wo der Firnis gefehlt
hatte, waren und blieben braun. Also ein Zeichen,
wie vorzüglich der Lack das Bild schützt. Was
das Nachdunkeln der Oelfarben anbetrifft, so wird
das viel schlimmer gemacht, als es in Wirklich-
keit ist. Ich werde später darüber etwas bringen,
was den Beweis liefern soll, dass dieses wirklich
nicht so schlimm ist.
Ich versuchte ausser den obengenannten auch
noch Zaponlack. Derselbe ist aber für Oel-
und Temperamalerei nicht zu gebrauchen, da er
auf die Farben einwirkt; er macht sie schmutzig,
Zinnober in ganz kurzer Zeit schwarz.
Zum Schluss möchte ich noch erwähnen, dass
nicht immer feststeht, was in alten Schriften ge-
meint ist, wenn von verschiedenen Stoffen ge-
sprochen wird.
Der uns bekannte Sandarak ist z. B. sehr
schwer in Leinöl zu lösen, nur durch sehr starkes
Erhitzen gelingt es. Dann ist aber der Lack so
dunkel, dass er für unsere hellen Malereien nicht
in Frage kommen kann.
Wenn in mehreren alten Schriften von der
Lösung des Copals und Bernsteins gesprochen
wird, ohne sie zu rösten, so muss ich gestehen,
dass ich diesen Mitteilungen etwas skeptisch
gegenüberstehe, denn mir selbst ist kein einziger
Versuch gelungen, ob ich nun die gepulverte
Masse dem Lichte aussetzte oder sie mit Alkohol
behandelte.
Es wäre mir sehr interessant, von Kollegen
oder Chemikern zu hören, ob ihnen dergleichen
gelungen ist.
 
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