Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Münchner kunsttechnische Blätter — 7.1910/​1911

DOI issue:
Nr. 23
DOI article:
Buss, Otto; Berger, Ernst: Briefe von Dr. Buss † über das punische Wachs, [2]: Mit Einleitung von E. B.
DOI article:
Berger, Ernst: Ueber den Einfluss der diesjährigen abnormen Hitze
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.36591#0100

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
96

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 23.

spezieh Dr. **)s Arbeit gelesen und studiert
und glaube, dass er bezüglich Nitrum = Soda
recht hat In seiner chemischen Beweisführung
ist verschiedenes anfechtbar, aber ich glaube
doch, dass Ihr früherer Standpunkt betr. Ver-
seifung richtig ist. Er hat recht, dass puni-
sches Wachs ein fester Körper ist, und Sie wären
auch zu dieser Ueberzeugung gekommen, wenn
Sie in Ihrer Darstellung des punischen Wachses
nicht das Salz (Meerwasser) weggelassen hätten.
Ich sende Ihnen heute eine Probe reinen
Wachses, nebst einer Probe festen punischen
Wachses, und möchte Sie bitten, mit dem reinen
Wachs folgenden Versuch zu machen.
In einem reinen Pfannchen (Emaille) lösen Sie
in 200 ccm dest. Wasser 7 g (±=^ 3,5% = dem
Gehalt des Meerwassers an Salzen) reines Koch-
salz und 5 g kalzinierte Soda, erwärmen und
werfen IO g von meinem reinen Wachs hinein.
Sie erhalten in wenigen Minuten Kochens einen
dicken schleimigen Schaum (Oos des Plinius), den
Sie mit dem Löffel abschöpfen können aus der
kochenden Flüssigkeit. Tragen Sie den Schaum
in kaltes Wasser ein, so resultiert eine krümelige
Masse, die, auf ein Tüchlein gebracht, abgepresst
und getrocknet, das punische Wachs darstellt.
Um die Wirkung des Salzes kennen zu lernen,
empfiehlt es sich, den Versuch mit Wasser und
Wachs allein und mit Wasser und Soda und
Wachs zu wiederholen mit gleichen Mengen. Die
durch Salz abgeschiedene Masse, getrocknet, ist
in kochendem Wasser zu einer milchigen
Flüssigkeit lösbar, die, erkaltet, mit Farben
verrieben, zweifellos ein gutes Bindemittel liefert.
Im Vergleiche mit dieser, Plinius genau fol-
genden Bereitungsweise verstehe ich **s Angaben
nicht. Wenn Sie von der Identifizierung Ihrer
Wachspottascheflüssigkeit mit punischem Wachs
abgehen können zugunsten der festen aus Ihrer
Flüssigkeit mit Salz abgeschiedenen Masse, dann
lässt sich eine glänzende Rechtfertigung Ihrer
Ansichten auf der Basis einer kombinierten Ver-
seifungs-Emulsionstheorie erzielen, welche die
Frage endgültig erledigt. Wenn Sie den mal-
technischen Teil der Beweisführung übernehmen
und mir den chemischen überlassen, so können
wir zusammen den Beweis vollständig und ein-
wandfrei führen. Ich zweifle nicht, dass sich
die Verseifung beweisen lässt, denn nur mit einer
solchen ist auch die Emulsion zu erklären.

In Eile

Dr. Buss.

NB. In einigen Tagen komme ich ausführ-
licher auf die Sache zurück.
(Schluss folgt.)

**) Wie allgemein bei ähnlichen Anlässen üblich,
werden hier die Personennamen durch Sternchen ersetzt.

Ueber den Einfluss der diesjährigen
abnormen Hitze
auf alte Gemälde berichten die folgenden Zeitungs-
notizen.
Den „M. N. N." entnehmen wir folgende Nachricht:
„Die Gemäldegalerie im Keller. Unser tro-
pisches Klima hat für die Gemäldegalerie des Germa-
nischen Nationalmuseums in Nürnberg eigenartige Folgen
gehabt. In den Oberlichtsälen des Museums hat sich
eine so starke Hitze entwickelt, dass eine Reihe der
besten Bilder jetzt aus den Sammlungsräumen entfernt
und in einem Kellerraum untergebracht werden mussten.
Es handelt sich um Arbeiten von Nürnbergs grösstem
Sohn Albrecht Dürer — seine grosse Beweinung Christi
und die Bilder der Deutschen Kaiser Karls des Grossen
und Maximilians, die früher bei den Reichskleinodien
aufbewahrt wurden —, ferner um Bilder seiner Nürn-
berger Vorgänger, wie Hans Pleydenwurff, und von
Dürers Lehrer Michael Wohlgemut. Auch andere
deutsche Bilder, darunter solche des Augsburger
Meisters Hans Burgkmair, wurden aus den drückend
schwülen Räumen entfernt. Begannen doch die un-
ersetzlich wertvollen Werke unter dem Einfluss der
Atmosphäre schwer zu leiden. Es bildeten sich Risse,
und Bilder, die aus mehreren Holzplatten bestanden,
drohten auseinanderzuspringen. Da der Aufenthalt in
diesen Galerieräumen bei der Hitze für den Besucher
so wie so nicht zu den Annehmlichkeiten gehört, ist
die Galerieleitung zu dem eigenartigen Entschlüsse
einer Ueberführung in den Keller gekommen. Diese
Zustände in der Gemäldegalerie des Museums bedürfen
schon seit Jahren der Abhilfe und werden durch den
Neubau, für den das Grundstück ja schon erworben
ist, endlich auch beseitigt werden. Denn nicht weniger
als im Sommer unter der Hitze leiden die Bilder im
Winter unter der Kälte. Sah man doch vor kurzem an
einem der Hauptwerke vor Dürerscher Nürnberger
Malerei lange Feuchtigkeitsstreifen — anscheinend war
der Firnis flüssig geworden und über die Bild-
tafel herabgeüosSen (i! Im Winter wohl ausgeschlossen!
E. B.) Bei Feuersgefahr ist überdies dieser ganze
Teil des Museums mit seinen leichten Holzeinbauten
und besonders der eine, schlauchartig lange Korridor
mit seinen Bildern aufs höchste gefährdet. So werden
hoffentlich die jetzige Hitzwelle und ihre Folgen da-
zu beitragen, dem Germanischen Museum recht bald
den nötigen Neubau für seine Bildergalerie zu schaffen.
Im Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin
mussten viele Bilder aus den Sälen entfernt werden,
weil sie sich geworfen hatten oder gesprungen waren
oder weil schon die Malerei abblätterte. In dem kleinen
Oberlichtsaale der deutschen Schule waren sogar alle
Gemälde abgenommen und der Saal geschlossen. In
den letzten zehn oder vierzehn Tagen sollen die Bilder
durch Reissen und Abblättern mehr gelitten haben, als
in der ganzen Zeit, seitdem das Kaiser-Friedrich-
Museum eröffnet ist."
Die Schädigungen, denen Gemälde besonders Tafel-
bilder durch Temperatur- und Feuchtigkeitseinflüsse
ausgesetzt sind, wurden wiederholt in diesen Blättern
erörtert. Auch auf die Wichtigkeit, in Galerien aul
möglichste Gleichmässigkeit hinsichtlich der Feuchtig-
keit acht zu haben, ist aufmerksam gemacht und die
Notwendigkeit, sich durch Hygrometer über diese Ver-
hältnisse ständig zu orientieren. Natürlich tut's der
Hygrometer allein nicht, sondern die Einrichtung ist
nötig, durch Verdampfen oder Zerstäuben von Wasser,
häuüges nasses Aufwaschen des Bodens u. a. den richtigen
Feuchtigkeitsgrad zu erhalten. (Vgl. den Artikel „Die
Rubensbilder der Pinakothek", VI. Jhg., Nr. r und 2
dieser Blätter.) B.
 
Annotationen