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Münchner kunsttechnische Blätter — 7.1910/​1911

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Nr. 12
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Berger, Ernst: Raehlmanns neueste mikrochemische Analysen und die Technik der römisch-pompejanischen Wandmalerei, [3]
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Eibner, Alexander: Zum Artikel: Die Geschichte der Maltechnik in der neueren Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.36591#0055

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Nr. !2.

Münchner kunsttcchnische Blätter.

5'

6. Oberhalb dieser Wandfarbe beündet sich ein krümelig glänzender Ueberzug,
der die Steiie des modernen Firnisses vertritt, aber im Vergleich zu diesem eine
verhäitnismässig mächtige Lage vorstellt.
7. In aiien Wandfarben, die ich untersuchte, waren verbrennbare, verkohiende
Substanzen nachweisbar. Es sind aiso deutliche Spuren organischer Sub-
stanz in den Farben vorhanden.
8. In fast allen Fällen war beim Beginn des Verkohlens (Schwarzwerdens) der
Farbschichten ein deutlicher Geruch nach verbranntem Horn bemerkbar.
Es ist also stickstoffhaltige Substanz (Eiweiss, Leim usw.) in der Farbe."
Wer die Streitfrage, deren Entscheidung nunmehr vorliegt, genauer verfolgt hat, wird in
den obigen Schiüssen gerade die grundlegenden Punkte bemerken, die ich vor Jahren im Gegen-
satz zur aligemeinen Ansicht zuerst ausgesprochen hatte:
1. die Annahme der in der Masse gefärbten obersten Stuckschicht;
2. die durchgängige Giättung dieser Schichten ev. in mehreren Lagen;
3. die Verwendung organischer Substanz ais Zuschläge und zur Glättung.
Alle diese Dinge sind Kriterien der Stuccolustro-Technik. Sie sind dem „reinen"
Fresko fremd!
Wer diese technischen Unterschiede richtig zu beurteiien versteht, wird demnach keinen
Augenbiick im Zweifel sein, in welchem Sinne die Raehlmannsehen Analysen die
Frage der römisch-pompejanischen Technik entscheiden: ob im Sinne der reinen
Fresko- oder der Stuccolustro-Technik!
Wie sich die Anhänger des „reinen" Fresko mit der Raehimannschen Entscheidung abhnden
werden, ist hier nicht Sache der Untersuchung. Nach dem Raehimannschen Ausspruche, dass „beide
Teile recht haben", liegt das Recht in der Mitte. Inwiefern die Stuccolustro-Technik auch An-
spruch auf diesen Teil des „Fresko" machen kann, habe ich in meiner „Maltechnik des Altertums"
S. 82 deutlich genug hervorgehoben. Ich will auch gern meinerseits zur Beendigung des Streites
beitragen und wiederholen, dass die pompejanisch-römische Technik als „geglättete Fresko-
malerei" anzusprechen ist, insofern nämlich Stucciolustro auf noch feuchtem Grunde ausgeführt
werden muss, allerdings mit der Beschränkung, dass die Art der Glättung und der Erhärtung
bei Stuccolustro mit Fresko keinerlei Beziehungen hat.
Die Freskoanhänger werden einwenden, dass die Raehimannschen Analysen kein Wachs,
das doch zur Schlusspolitur nach meiner Rekonstruktion unentbehrlich sei, ergeben haben, also hätte
ich — unrecht! Aber der Mangel von Wachs in den Tektorien von Pompeji ist sehr einfach zu
erklären, da der heisse Aschenregen, durch den Pompeji vernichtet wurde, Ursache gewesen ist und
die sehr dünne Wachsschicht aufgesogen hat. Die im kleinen wiederholten Versuche haben die
Wahrscheinlichkeit dieses Prozesses ergeben, indem echte pompejanische Stuckproben, die mit Wachs
überzogen worden waren, nach Ueberrieselung mit heisser Asche ihren Wachsüberzug verloren hatten
(sie efferveszierten nämlich beim Beträufeln mit Salzsäure, was sie vorher nicht taten!). In einem
Falle hat Prof. Raehlmann aber dennoch das Vorhandensein von Wachs konstatiert, und zwar bei
gelbem Grund (a. a. O. S. 66), ein Beweis dafür, dass Donner und seine Nachfolger auch in dem
Punkte unrecht haben, wenn sie aus der einen Stelle (gelegentlich des zinnoberfarbigen Stucco,
Vitr. VII, Q, 3 und Plin. XXXIII, § 122) folgern: nur bei Zinnoberfarbe wäre ein Wachsüberzug
üblich gewesen, sonst aber nicht.
Alles in allem: Wenn die Raehimannschen Analysen die Streitfrage über die Technik der.
römisch-pompejanischen Wandmalerei entschieden haben, wird wohl niemand darüber im Zweifel
sein, in welchem Sinne diese Entscheidung ausgefallen ist. (Fortsetzung folgt.)

Zum Artikel: Die Geschichte der Maitechnik in der neueren Literatur

sendet uns Herr Prof. Dr. Eibner fotgende
Beric
In der Fortsetzung seines Artikels: „Die Ge-
schichte der Maltechnik in der neueren Lite-
ratur", in Nr. 7 des Jahrganges VII der Münchner
kunsttechnischen Blätter Seite 26 schreibt Herr Berger
über das von mir in der Beilage zur Münchener All-
gemeinen Zeitung 1905, Nr. 275 und 276, beschriebene
und nach der Vorschrift des Dioskurides hergestellte
Wachspräparat (sog. punisches Wachs) folgendes:
„Vor allem ist es wichtig, ob die von Eibner als
Punisches Wachs gekennzeichnete Masse in der Weise
zu gebrauchen ist, wie dies Plinius oder Vitruv bei

htigung.
dem Ganosisverfahren beschreiben. Und tn diesem
Puyi^r^ steigen mir gerechte Bedenken auf, denn es
ist mir nicht ein einziges Mal gelungen, diese „krümelige,
luckige Wachsmasse", weder mit wenig Oel, wie es in
der Vorschrift heisst (ceram punicam . . . paulo oleo
temperatum), noch überhaupt zu einer flüssigen Masse
zu schmelzen.
Die Stelle: „Diese krümelige, luckige Wachs-
masse" kann beim Leser die Annahme erwecken, Herr
Berger habe das von mir hergestellte Originälwachs-
präparat in Händen gehabt, als er die von ihm be-
 
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