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Münchner kunsttechnische Blätter — 7.1910/​1911

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Nr. 10
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Berger, Ernst: Raehlmanns neueste mikrochemische Analysen und die Technik der römisch-pompejanischen Wandmalerei
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Mai, Johann: Autographische Zeichnungen zur Vervielfältigung im Steindruck, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36591#0043

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Nr. io.

Münchner kunsttechnische Blätter.

39'

eine Firnislage zu trennen, wenn die beiden gebrauchten Farben wegen ihrer chemischen Affinitäten
aufeinander wirken konnten. „Dass dieser Gesichtspunkt bei der Wahl der Farben keine unbedeutende
Rolle spielte, geht daraus hervor, dass einzelne als besonders gefährlich bekannte Farben, wie
z. B. schwefel- und bleihaltige und auch kupferhaltige Farben, auf solche Weise voneinander noch
durch zwischengelegte dünne Firnis- oder Lackschichten getrennt wurden."
Die Ergebnisse der mikroskopischen Beobachtung stimmen hier mit den alten Quellen
überein, in denen von solchen Trennungsschichten wiederholt die Rede ist.
Wenn wir diesen durch das Mikroskop erschlossenen Schichtenbau richtig verstehen, dann
wird uns auch die Bedeutung des weissen Malgrundes bei Kreide- bezw. Gipsgrundierung der
Tafelgemälde klar. Er wirkt wie ein Reflektor, der das Licht zurückwirft und die über ihm
liegenden Schichten erhellt (S. 32). Der optische Wert eines solchen Arbeitssystems ist wohl längst
erkannt worden. Auch der Einfluss der farbigen Grundierungen, die bei Leinwandgemälden
des 17. und 18. Jahrhunderts vielfach in Anwendung waren, auf die Technik der Zeit hängt damit
zusammen, denn der gefärbte Grund musste, wo helle Lichter wirken sollten, zuerst unwirksam
gemacht werden, indem man eine Schicht Weiss dick darüberlegte (impastierte), die dann als neuer
Grund für aufzusetzende Lichter und Lasuren diente*)-
In zahlreichen Beispielen zeigt uns der Verfasser dieses Wechselspiel zwischen Mittel und
Zweck bei der Mischung der Farben, und die Gleichartigkeit, mit welcher zu allen Zeiten vor-
gegangen wurde, macht eine Tradition wahrscheinlich, die sich Jahrtausende gleichgeblieben sein
mag. Die mittelalterliche Art der Vergoldungstechnik hat in diesem Zusammenhänge ähnliche
Grundlage, wie die auf altgriechischer Uebung beruhende Technik der pompejanischen Wandmalerei,
ebenso wie die Malart der Altniederländer oder der Meister des Kreidegrundes, denn sie alle
bedienen sich einer mächtigen weissen Unterschicht als ersten Farblage, auf der die anderen Farben
in dünnen Schichten aufgesetzt werden, während wir heutigen Modernen doch zumeist mit einer
einzigen Farbschicht auf ganz dünnem Grunde auszukommen suchen.

II.
Für diese einleuchtenden und für die Kenntnis der alten Malverfahren wichtigen Hinweise
müssen alle, die für alte Techniken Interesse haben, dankbar sein, nicht minder aber auch für die
im zweiten Abschnitte des Werkes veröffentlichten reichen Erfahrungen des Verfassers auf dem von
ihm betretenen Gebiete der mikrochemischen Analyse alter Malereien. Er beschreibt Methode und
Hilfsmittel dieser Analysenform so deutlich und mit allen Einzelheiten, dass hier jeder, der den Beruf
in sich fühlt, die alte Maltechnik durch mikrochemische Analyse zu erforschen, die nötigen Hinweise
und Anleitungen finden kann, wie die Mikroskopie mit der Mikrochemie vereinigt wird.
Gerade in dieser Vereinigung der beiden Methoden liegt die Besonderheit, durch die es
möglich ist, selbst an kleinsten Stücken Reaktionen vornehmen zu können und aus deren Art
Schlüsse auf die Bestandteile sowohl der Farbkörper als auch der Bindungsmittel zu ziehen. Diese
chemische Prüfung unter dem Mikroskop ist jedenfalls der integrierende Teil der neuen Methode,
sie ist auch derjenige, von dem wir am ehesten Aufschlüsse über die Zusammensetzung der gebrauchten
Bindemittel, also die Kenntnis von dem wichtigsten Teile der Maltechnik erwarten dürften. Nach
dieser Methode sind die Untersuchungen über römische und pompejanische Wand-
malerei ausgeführt, die den Inhalt des Hauptteils des Buches bilden.
(Fortsetzung folgt.)

Auiographische Zeichnungen zur Vervielfältigung im Steindruck.
Von Johann Mai. (Schluss.)

Für bessere Arbeiten wird das hierfür besonders
vorbereitete Papier für autographische Zwecke be-
nutzt. Dieses Papier bezieht man aus den grossen
Druckereifachgeschäften**)' da es eben nur dort ailein
in sachgemässer Beschaffenheit und Präparatur vor-
rätig gehalten wird. Die Papiere haben eine Anstrich-
schicht, auf welcher die autographische Tinte sehr
leicht aus der Feder Hiesst und nicht, wie bei un-
präparierten Hadernpapieren oder auf minderwertigen

Holzschliffpapieren, in die Papierschicht sich hinein-
ziehen kann; im Gegenteil bleibt jeder Strich rein und
klar auf dem Anstrich stehen.
Es gibt nun gelbe Autographiepapiere mit und
ohne Linien, die alle undurchsichtig sind; diese werden
für schriftliche Arbeiten, welche durch den Steindruck
vervielfältigt werden sollen, mit Vorteil gebraucht.
Ferner ist das präparierte autographische Pauspapier
sehr stark und gut durchsichtig, in gelblicher oder

*) Dass viel von diesen technischen Kenntnissen durch die Tradition der Werkstatt in Uebung blieb,
mag wohl richtig sein. Dass diese Methoden aber ganz verloren gegangen seien und dass gegenwärtig die
Künstler von diesen Dingen „nichts mehr wissen" (S. 35), glaube ich bestreiten zu sollen. Denn es gibt noch
Kollegen genug, die „optisch" zu mischen verstehen und ihr Farbmaterial so vollkommen beherrschen, wie es
ln früheren Zeiten nicht besser der Fall gewesen ist.
**) Klimsch & Co., Frankfurt a. M.; Rudolf Becker, Leipzig; Steinberg, Berlin S. 14.
 
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