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Münchner kunsttechnische Blätter — 7.1910/​1911

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Nr. 15
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Bakenhus, Gerhard: Lacke und Retuschierfirnisse: vergleichende Studien
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https://doi.org/10.11588/diglit.36591#0065

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München, 17. iprH i()ii.

Beilage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint i4tägig unter Leitung von Maier Ernst Berger.

YH.Jahrg. Nr. 15.

Inhalt: Lacke und Retuschierfirnisse. Von G. Bakenhus. — Bilder-Restaurierung durch Eiektrizität.
Kunsttechnische Literatur. — Anfragen und Beantwortungen.

Lacke und Retuschierürnisse.
Vergteichende Studien von G. Bakenhus.

In der Maleret ist wohl den Lacken verhältnis-
mässig früh grosse Beachtung geschenkt worden,
und zwar mit Recht, denn ein guter Lack schützt
ein Gemälde ungemein gegen äussere Einflüsse,
und zwar so, dass manche Farben auf alten Ge-
mälden überhaupt nicht mehr vorhanden wären,
wenn sie nicht durch den Lack geschützt wären.
In fast allen alten Malerrezeptbüchern findet
man solche von Lacken. Ich greife nur eine
geringe Zahl heraus, weil sie sich meistens wieder-
holen oder doch so ähnlich sind, dass es auf
eins herauskommt. Durchaus nicht alle alten
Rezepte sind nun würdig, wieder in die Malerei
eingeführt zu werden. Leider aber werden sehr
oft von Malern solche alte Rezepte zusammen-
gestellt und ohne weiteres verarbeitet, ohne sich
vorher zu überzeugen, ob nun auch für den
speziellen Fall dieses das geeignete ist, oder ob
wir nicht etwas besseres an die Stelle zu setzen
haben. Oft wird auch ein halbverstandenes Re-
zept angewandt und als das einzig Wahre ge-
priesen, und die Bilder haben in kurzer Zeit zu
büssen.
Seit Jahren habe ich mich mit Versuchen von
Lacken und Retuschierfirnissen beschäftigt, habe
aber immer gezögert, meine Erfahrungen bekannt-
zugeben, da es mir schien, als hätte ich immer
noch nicht genügend ausprobiert. Falls ich mich
also an ein oder der anderen Stelle geirrt haben
sollte, so möge man bedenken, dass eine absolute
Objektivität nur sehr schwer zu erreichen ist, da
die äusseren Einflüsse hier oft eine zu grosse
Rolle spielen. Ich möchte aber bitten, meine
Angaben möglichst genau nachzuprüfen, da je
mehr Versuche angestellt werden, desto klarer
würde sich das Haltbarste herausstellen.
Wir müssen nun genau unterscheiden zwischen

Retuschierfirnis, provisorischem Firnis und Schluss-
lack.
Die Proben wurden in folgender Weise an-
gestellt: Rein weiss grundierte Pappe wurde, nach-
dem sie vollständig trocken war, in zwei Exem-
plaren durch Bleistiftstriche in so viele Teile
geteilt, wie Lacke zu probieren waren. Beide
wurden nun in gleicher Weise mit den zu pro-
bierenden Lacken bestrichen und trocknen ge-
lassen. Nachher wurden sie ein Vierteljahr der
Dunkelheit und schlechter auch feuchter Luft aus-
gesetzt. Hiernach wurde die eine ein Viertel-
jahr vor ein Fenster gestellt, wo Feuchtigkeit
und Sonnenlicht darauf einwirken konnten, ausser-
dem noch mehrere Jahre ohne besondere Vor-
sicht im Atelier herumgeworfen, so dass sie bald
im Licht, bald im Schatten standen, also unge-
fähr so, wie voraussichtlich später auch mit den
Bildern umgegangen wird.
Da stellten sich nun überraschende, von mir
nicht erwartete Resultate ein. Gelb wurden die
Lacke mehr oder weniger alle, sie bleichten auch
nicht einmal, gelb geworden, im Lichte wieder
aus, zum Unterschied von Oel, welches meistens
wieder ausbleicht.
Doch nun zu den alten Rezepten, denen ich
einige neuere anfüge. Theophylus Presbyter
(etwa um I ioo) führt in seiner Schedula Diver-
sarum Artium im 21. Kapitel folgendes Rezept an:
„Vom Leime. Vernition: Bringe Leinöl in
einen neuen kleinen Topf und gib arabischen
Gummi, welcher Forniss genannt wird, hinzu,
aufs feinste gerieben, welcher das Ansehen von
lichtestem Weihrauch hat, beim Brechen jedoch
einen helleren Glanz zeigt. Wenn du dieses (ohne
Wasser) über Kohlen gestellt hast, koche es so,
dass es nicht siede, bis der dritte Teil verschwunden
ist und hüte es vor der Flamme, weil es allzu
gefährlich ist und von derselben ergriffen, mit
 
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