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Münchner kunsttechnische Blätter — 7.1910/​1911

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Nr. 5
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Gerhardt, Fritz: Die Farbengebung bei Monumentalmalereien
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Berger, Ernst: Die Geschichte der Maltechnik in der neueren Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.36591#0023

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Nr 5.

Münchner kunsttechnische Blätter.

19

gefahr wie im gewöhnlichen Fresko wirken. Da-
durch erhalten sie, glaube ich, den besonderen,
dem Fresko vero ähnlichen Reiz. Die Skala meiner
Marmor-Kaseinfarben ist ungewöhnlich gross, be-
sonders wenn der Künstler meinen Rat befolgt
und zum Mischen den „Marmor" möglichst viel
anwendet, mit Zementgrau besonders für Lüfte
und Fernen. Dann bekommt er den Charakter vom
Fresko viel vollkommener, und erst wenn das Bild
in dieser Weise beisammen und geändert ist (was
ja hier gestattet ist, ohne die Flächen herunter-
zuschlagen), dann erst sollten die auf dunklen
und feurigen Ton besonders präparierten Farben,
sei es durch Uebermalen, nass oder haibtrocken
Lasieren usw., zu kräftigem Farbenreichtum ge-
steigert werden, wie dies in P. Jansens prächtigem
Bilderfries zum Ausdruck gebracht worden ist.
In keiner anderen Monumentalmalerei ist eine so
schöne Symphonie von Tönen bis jetzt erreicht
worden.
Ueber die obigen Fragen möchte ich recht
viele Meinungen von Künstlern und Kennern zur
Richtschnur haben, denn mein Bestreben ist —
und trotz meines hohen Alters will ich noch nützen,
wo ich kann — diese Farben auf eine Vollkommen-
heit zu bringen, die allen künstlerischen An-
forderungen gerecht wird. Zuschriften erbitte ich
an meine Adresse: Düsseldorf, Pempelforterstr. 60.
Im voraus verbindlichsten Dank und Gruss!
Fritz Gerhardt.
Die Geschichte der Maltechnik in der
neueren Literatur.
Von E. Berger.
Im Laufe der letzten Jahre ist, insbesondere seit
Chemiker von Fach sich diesen Fragen zugewandt
haben, die vordem nur in Künstlerkreisen interessierten,
die Literatur über Maltechnik durch einige Werke be-
reichert worden, welche die bisherigen Lücken in will-
kommener Weise auszufüllen geeignet sind.
Das erste Buch dieser Art war das von Linke
über „Die Malerfarben, Mal- und Bindemittel sowie
ihre Verwendung in der Maltechnik", das alles für die
Praxis Wissenswerte auf etwa So Seiten — die „Ein-
führung in die Chemie" nicht inbegriffen — in knapp-
ster, leichtfasslicher, ich möchte sagen in klassischer
Form mitteilt. Es folgte W. Ostwald mit seinen
„Malerbriefen", worin die Maltechnik mehr nach der
physikalischen Seite hin behandelt und der Abneigung
der Malerkreise gegen rein theoretische Erörterungen
durch die lichtvolle Darstellung weit entgegengekommen
wird, und kürzlich mit der von ihm und seiner Tochter
Margarete unter dem Titel „Farben und Malerei"
herausgegebenen deutschen Uebersetzung des Werkes
von A. H. Church, „The Chemistry of Paints and
Painting"*), einer in jeder Hinsicht vorzüglichen „Zu-
sammenfassung von Arbeiten und Erfahrungen, die der
(englische) Verfasser seit fast einem Lebensalter in
dauernder Hingabe an den Gegenstand geleistet und
gesammelt hat" und die der Uebersetzer für „ausser
Vergleich" erklärt „mit allen ähnlichen, nicht nur in

*) Sammlung maltechnischer Schriften, Bd. III.
München 1908, Verlag von Georg D. W. Callwey.

deutscher Sprache verfassten Büchern gleichen Inhalts"
(vgl. Vorrede a. a. O.).
Während nun Linke jeder Erörterung älterer
Kunsttechniken geflissentlich aus dem Wege geht,
weil er auf dem Standpunkte steht, die moderne
chemische Wissenschaft genüge vollauf, eine allen
Zwecken entsprechende Maltechnik auf synthetischem
Wege zu begründen, enthält Church vielfache Hinweise
auf diese für alle Maler wichtigen Dinge, die von
einer aussergewöhnlich sicheren Beobachtung und auf
langjährigem Studium fussender Sachkenntnis zeugen.
Die neueste Erscheinung auf diesem Gebiete ist
ein Werk A. Eibners, „Malmaterialienkunde als Grund-
lage der Maltechnik"*), dessen Verfasser bekanntlich
seit einigen Jahren der Leiter der Versuchsanstalt und
Auskunftsstelle für Maltechnik an der Technischen
Hochschule zu München ist. Sein Buch erscheint
mit der vollen Ausrüstung chemischer und physikalischer
Gelehrsamkeit; es stellt als Norm für das in Bildung
begriffene „Deutsche Farbenbuch" neuere Unter-
suchungsmethoden von Farben und Bindemitteln auf
und fasst alles zusammen, was in den letzten Jahr-
zehnten in Fabrikation undAnwendung von Malmaterialien
für künstlerische und gewerbliche Zwecke Beachtung
fordert: Surrogate, Verfälschungen, Nachweise der
Echtheit, Handelsgebräuche, Missstände in der An-
wendung usw. Nicht nur alles, was der Verfasser
selbst auf dem Gebiete gearbeitet hat, sondern ebenso
das von anderen darüber Veröffentlichte ist in über-
sichtlicher Anordnung dargelegt, um für alle mit Farben
arbeitenden Berufsklassen sozusagen ein Standardwork
zu schaffen, wie es bis jetzt nicht existierte.
In Eibners Buch wird auch vielfach dieGeschichte
der Technik älterer Zeiten, vom Altertum bis zur
neueren Zeit berührt. Aber auf diesem für den ge-
lehrten Chemiker allerdings ziemlich abseits liegenden
Gebiete sind ihm eine Reihe von Irrtümern unterlaufen,
die den kunsthistorisch bewanderten Leser befremden
müssen. Da das Buch seiner ganzen Anlage nach
bestimmt erscheint, allen, die sich über Maltechnik
genauer unterrichten wollen, als Qu eilen werk zu
dienen, so ist es zu bedauern, dass den kunstgeschicht-
lichen Bemerkungen nicht dieselbe Sorgfalt gewidmet
worden ist, die das Werk in den übrigen Teilen aus-
zeichnet. Und wenn ich hier einige verbesserungs-
bedürftige Stellen hervorhebe, so geschieht dies mit
dem Wunsche, dass weitere Auflagen dem Verfasser
Gelegenheit geben, die Mängel soweit als tunlich ab-
zustellen. Einige Fehler mögen wohl auf Rechnung
der sehr eilig ausgeführten Druckarbeit zu setzen sein
— sind doch noch Arbeiten, die in den Herbstmonaten
1908 erschienen, berücksichtigt worden — andere da-
gegen erscheinen als wirkliche Versehen, die dem
arglosen Leser leicht verborgen bleiben, wenn er nicht
darauf aufmerksam gemacht wird. Die zumeist kunst-
geschichtlicher Detailarbeit angehörigen Partien hätten
sich gewiss fehlerfrei gestalten lassen, wenn der Ver-
fasser sich der Mitwirkung eines mit dem Thema ver-
trauten Fachmannes versichert hätte, und ich glaube,
dass er dessen Hilfe vor Herausgabe einer zweiten
Auflage kaum wird entbehren können.
Schon der allererste Satz des Vorwortes,
der fast programmatisch für das ganze Buch sein soll,
ist nicht von Fehlern frei. Es heisst da:
„Der römische Schriftsteller Plinius d. J. (!) be-
klagte es in seinen naturgeschichtlichen Schriften,
dass die Malerei durch die Einführung unhaltbarer
Farben im Laufe der Zeit Einbusse erlitt, während
man in der ägyptischen Kunst, die nur die vier

*) Für Kunststudierende, Künstler, Maler, Lackierer.
Fabrikanten und Händler. Berlin [909, Verlag von
Jul. Springer.
 
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