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Münchner kunsttechnische Blätter — 7.1910/​1911

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Nr. 4
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Die Chancen des Deutschen Farbenbuches
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Gerhardt, Paul: Geschichte der Wandmalereien des Domes zu Aachen, [2]
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Nr 4.

Münchner kunsttechnische Blätter.

'S

z. B. das Eisen (Eisenoxyd) die Substanz oder
der Stoff, dem die Ocker ihre gelbe und rote
Farbe verdanken, genau wie Kupferfarben dem
Kupfer, Chromfarben dem Chrom ihre Farbe zu
verdanken haben; mithin ist das Eisen, Kupfer,
Chrom usw. jeweils der Farbstoff für die be-
treffenden körperhaften Farben. Allerdings hat
das Wort Stoff im Deutschen zwei Bedeutungen:
I. bedeutet es Substanz oder Materie (z. B. in
Sauerstoff, Wasserstoff, Kohlenstoff usw.), 2. be-
zeichnet man mit Stoff ein fertiges, aus Fasern
gewebtes Produkt, wie Seiden-, Leinen-, Wollen-,
Futterstoffe u. dgl. Sollte nun etwa im Worte
,,Farbstoff" diese Bedeutung anklingen, sofern man
als Farbstoffe nur organische Farben bezeichnet,
dann wäre dieser Ausdruck nicht mit dem Sprach-
gebrauch im Einklang, diese Farben müssten sonst
„Stoffarben" heissen! Daraus ergäbe sich dann
der wirkliche Gegensatz zu den Körperfarben,
als welche die „Farben" bezeichnet werden. Ich
weiss momentan nicht, mit welchem Worte man
die die Unterlage durchdringenden Substanzen im
Gegensatz zu „Körperfarbe" benennen könnte. Man
würde die letztere ebensogut mit Malerfarbe
bezeichnen können, insofern die Maler Körper-
farben nur oberflächenhaft gebrauchen, während
die Färber „Farbstoffe" verwenden. Aber selbst
diese Unterscheidung ist nicht allseitig durchführ-
bar, weil es neuestens eine Menge organische
„Farbstoffe" gibt, die ebensogut als Pigmentfarben,
d. h. zu Zwecken des Oberflächenanstrichs dienen,
wie zu Färbezwecken.
(Fortsetzung folgt.)
Geschichte der Wandmalereien
des Domes zu Aachen.
Von Paul Gerhardt-Düsseldorf.
(Schluss.)
Durch schriftliche Ueberlieferung ist uns wenig-
stens der Inhalt der Darstellungen erhalten geblieben.
An der östlichen Mauer befand sich eine Darstellung,
„Christus am Kreuz", zu beiden Seiten „Maria" und
„Johannes". Die nördlichen Felder schmückten der
„Heilige Christophorus" und das Wappen des Stifts,
der kaiserliche Adler in goldenem Felde, wechselnd
mit goldenen Lilien in Blau. Darauffolgend die Weihe
der Pfalzkapelle durch Papst Leo III., daran anschliessend
die Anbetung der heiligen drei Könige. Auf der Süd-
seite sah man Petrus vor Christus auf dem Meere.
Jetzt folgte abermals, der Nordseite entsprechend, das
Wappen des Stiftskapitels. Die beiden folgenden
Bilder zeigten je einen Kaiser und eine Kaiserin mit
dem Kirchenmodei] in den Händen. Zwischen den
beiden ersten Figuren stand die Jahreszahl 1486 und
oberhalb derselben las der vorerwähnte städtische
Archivar Meyer „renovatum 1622".
Ursprünglich war dieser Zyklus grösser, denn schon
1781 war ein grosser Teil mit Kalktünche überzogen
worden. In der Tat fand man 1867 bei Untersuchung
der Wände ein vollständiges Bild, eine in Aachen
vollzogene Kaiserkrönung darstellend, und der Archivar
Käntzeler berichtet weiter, dass die Malereien in
Temperafarben ausgeführt gewesen seien und eine
schöne Zeichnung verraten hätten. Leider ist vor der

völligen Vernichtung, die ein aufschabloniertes, neu-
zeitliches Teppichmuster mit sich brachte, keine Kopie
von der ursprünglichen Malerei gemacht worden.
Sowohl in der Matthiaskapelle (erbaut im 15. Jahr-
hundert) als auch in der Annakapelle (ebenfalls im
15. Jahrhundert) befanden sich Malereien, die jedoch
alle dem Raub der Zeit in Gestalt eines anderen
Kunstgeschmackes anheimgefallen sind. In der Anna-
kapelle treten nach mittelalterlichem Brauch an ihre
Stelle die Namen Jesus, Maria und Anna, aufgemalt in
spätgotischem Rankenwerk, und ein Inschriftenband.
Reste spätgotischer Wandmalereien befinden sich
noch an der Trennungswand in der Hubertuskapelle
und stellen das Martyrium des heiligen Erasmus dar.
Doch auch diese Reste drohen der Feuchtigkeit zum
Opfer zu fallen. Ebenfalls sind in der Karlskapelle
Reste spätgotischer Malereien sichtbar, die aber auch
mehr oder minder dem Verfalle entgegengehen.
Jede Zeit suchte nach ihrer Geschmacksrichtung
etwas Neues und Würdiges zu schaffen und etwas
Originales dem Alten hinzuzufügen, und so finden wir
im 18. Jahrhundert italienische Stukkateure und Maler
mit der inneren Ausschmückung des Zentralbaues be-
schäftigt.
Es waren die beiden italienischen Maler Francesco
Bernardini und Aprili, die den Auftrag hatten, Wände
und Gewölbe mit Malereien auszuschmücken. Sie be-
ginnen ihre Tätigkeit im Jahre 1730 und beenden die-
selbe im Jahre 1733. Aprili schmückte die Wände,
während Bernardini grosse Gewölbegemälde in der
oberen Rundkirche malte. Die Darstellungen nahmen
hauptsächlich Bezug auf die Heiligtümer des Dom-
schatzes. Die Hauptschwierigkeit lag in der perspek-
tivischen Verkürzung, die durch die schräge und auch
zugleich gewölbte Fläche hervorgerufen wurde. Jeden-
falls sollen diese Maler ihre Aufgabe nach Aussage
von Augenzeugen aufs herrlichste gelöst haben. Auch
von diesen Malereien ist heute nichts mehr vorhanden.
Die Künstler haben durch Scheinarchitektur und durch
landschaftliche Hintergründe, Fernsichten, einesteils
gesucht, die Räume scheinbar zu vergrössern, anderen-
teils die Wölbungen leicht zu gestalten. Leuchtende
Farben waren nebeneinandergesetzt, Dunkelblau, Gelb
und Feuerrot in üppigen Gewändern und farbigen
Teppichen. Die Komposition oberflächlich der Zeit
entsprechend. Es wird von den Bildern gesagt, dass
sie keine Kunstwerke waren, dagegen aber einen
mächtigen Eindruck machten.
Aber schon im Jahre 1782 waren die Gewölbe-
malereien ausbesserungsbedürftig. Die Ausbesserung
geschah durch einen Maler Fischer. Aber noch in
demselben Jahrhundert gerieten die Malereien in einen
traurigen Zustand, und als die Franzosen 1794 erst
mit dem Abdecken des bleiernen Daches begannen,
und das Wasser cindringen konnte, machte die Zer-
störung gewaltige Fortschritte.
Im Jahre 1824 dachte man daran, die ausser-
ordentlich beschädigten Malereien vor ihrem end-
gültigen Verfall zu bewahren und betraute mit dieser
Arbeit den Aachener Maler Ferdinand Janssen, der
die Arbeit noch im Jahre 1823 vollendete. Es ist
nicht ausgeschlossen, dass Schinkel, der damals gerade
in Aachen weilte, seinen Einfluss dieserhalb geltend
machte und die erste Anregung zu der Vornahme
dieser Arbeit gab. Gleichzeitig stellte der Maler
Janssen im westlichen Gewölbe ein Gemälde her,
welches die Weihe der Pfalzkapelle durch Papst Leo III.
darstellte.
Aber derWande) der Zeiten und deren Geschmacks-
richtung fügten nicht nur Neues hinzu, sondern es gab
auch Zeiten, die sich dazu berechtigt hielten, Ueber-
liefertes einfach hinwegzufegen. Und so fielen diese
Malereien den Anschauungen der Puristen in den Jahren
1870—1S73 zum Opfer — sie wurden abgeschlagen.
 
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