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Münchner kunsttechnische Blätter — 7.1910/​1911

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Nr. 20
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Eibner, Alexander: Die zerstörende Wirkung des Zinkweiss auf Aquarellfarben und die Frage der Einführbarkeit von Teerfarben in die Kunstmalerei, [3]
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Berger, Ernst: Zur Frage der römisch-pompejanischen Wandmalerei: Bemerkungen zu Keims "neuen" Rekonstruktionsversuchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.36591#0086

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82

Münchner kunsttechnische Biätter.

Nr. 20.

des Zinkweiss auf bunte Farben im Lichte aus-
übt. Ich fand, dass Bieiweiss, Spath, Kreide
und Lithopon die Lichtechtheit der erwähnten
Farbstoffe innerhaib derselben Zeit entweder gar
nicht, oder nur unwesentlich nachteiiig beein-
flussen. Von diesen Farbstoffen kommt das Biei-
weiss für Aquareiimaierei nicht in Betracht, da
es durch Schwefeiwasserstoff geschwärzt wird.
Da anderseits Spath und Kreide wegen zu ge-
ringer Deckfähigkeit unbrauchbar sind, so käme
ais Ersatz für Zinkweiss nur Lithopon in Frage.
Wenn es gelingt, diesen Farbstoff völlig lichtecht
herzusteiien, ist die Frage der Einführbarkeit
der besten heutigen Teerfarben in die Aquarell-
malerei und Gouache zwar noch nicht gelöst,
aber der Lösung näher gerückt; denn man muss
in dieser Sache das Urteil des technisch forschenden
Künstlers abwarten.
Auch die Wissenschaft kann diese Frage
jetzt noch nicht als spruchreif betrachten. Ich
möchte nämlich nicht verfehlen zu erwähnen,
dass eine nachteilige Einwirkung des Zinkweiss
auf Teerfarbstoffe auch in der Oelmalerei besteht.
Es sind besonders die bekannten neuen hoch-
roten Teerfarben, welche als Oelfarben in
Mischung mit Zinkweiss im Lichte überraschend
schnell an Intensität verlieren.
Es müsste also das Zinkweiss auch in der
Oelmalerei durch ein anderes Weiss ersetzt
werden, wenn von den Vorteilen der grossen
Brillanz der Teerfarben ohne Gefahr für die
Kunstwerke Gebrauch gemacht werden sollte.
Bedenkt man ferner, dass das geschilderte
Verhalten des Zinkweiss gegenwärtig das erste
Beispiel von zerstörender Wirkung eines mine-
ralischen Farbstoffes auf organische Farbstoffe
im Lichte ist, das wir kennen, so dürfen wir
vermuten, dass im Laufe der Zeit noch andere
Farbstoffe bekannt werden, die sich ähnlich ver-
halten. Nach erhaltenen Mitteilungen trifft dies
bei den Eisenoxydfarben zu. Hierzu kommt das
fast noch völlig unerforschte Verhalten der Teer-
farben in Mischung miteinander und der be-
schleunigende Einfluss des Glyzerins auf die
Lichtwirkung auf Aquarellfarben. Es deutet also
alles darauf hin, dass es noch vieler experimen-
teller Untersuchungen bedarf, um über die Frage
der allgemeinen Einführbarkeit der neuesten
Teerfarben in die Kunstmalerei unter Ausschluss
des Zinkweiss jene Sicherheit des Urteiles zu ge-
winnen, die in einer für die Malerei so ausser-
ordentlich wichtigen Frage notwendig ist. Die
Herstellung der oben angedeuteten Wechsel-
wirkung zwischen den modern empfindenden
Künstlern, der Fabrikation und den Versuchs-
anstalten wird indessen im Laufe der Zeit auch
diese Frage zur Lösung bringen. Mit Bezug-
nahme auf das erwähnte Beispiel des Verhaltens
des Zinkweiss zu Malerfarben im Lichte möchte

ich erwähnen, dass die Lösung derartiger Pro-
bleme den Vertreter der Wissenschaft bis an die
Grenzen der Erkenntnis heranführt, dass also die
Beantwortung maltechnischer Fragen nicht selten
weit grössere Anforderungen an diesen stellt, als
angenommen wird. So fehlt zurzeit eine hin-
reichende Erklärung der erwähnten Wirkung des
Zinkweiss so gut wie vollständig. Die Resultate
des vorgeschlagenen Zusammenarbeitens werden
also nicht in allen Fällen rasch zu erhalten sein.
Dies ist indessen kein Nachteil, da, wie das an-
geführte Beispiel zeigt, auch in maltechnischen
Fragen durch Uebereilung mehr Fehler begangen
werden können, als durch Abwarten.
Zur Frage der römisch-pompejanischen
Wandmalerei.
Bemerkungen zu Keims „neuen" Rekonstruk-
tionsversuchen.
München, 6. Juni :91t
In Nr. 23 der „Techn. Mitt. f. Mal." (XXVII Jhg.
vom i.Juni a. c.) benachrichtigt die Deutsche Gesell-
schaft zur Förderung rationeller Malverfahren (e. V.)
in München ihre Mitglieder, dass Herr A. W. Keim
auf Wunsch des Vorstandes sich bereit erklärt habe,
die von ihm (schon vor Jahren) in Aussicht gestellten
praktischen Proben in der römisch-pompej. Wand-
malereitechnik (Freskotechnik) Montag, den [2. Juni
a. c. in der Städtischen Gewerbeschule (Malschule)
unter Aufsicht des technischen Ausschusses zu fertigen.
Auch an den Schreiber dieser Zeilen ist die Ein-
ladung gelangt, bei dieser „Vorführung" anwesend zu
sein, sowie sein Verfahren zu zeigen und Proben vor-
zulegen.
In der gleichen Nummer der „Techn. Mitt. f. Mal."
wird ausser der für die Mitglieder des Internationalen
Kunstkongresses zu Rom April 19:1 bestimmten, sehr
kurzen deutschen „Zusammenfassung" meines ge-
legentlich dieses Kongresses in italienischer Sprache
gehaltenen Vortrages: „Ist die Technik der pompeja-
nisch-römischen Wandmalerei verloren gegangen?",
noch meine erste „Oeffentliche Aufforderung
an die Anhänger der Donnerschen Fresko-
theorie" (vom 28. Juni 1905, s. Münch. Kunstt. Bl.,
I. Jhg., Nr. 2t), sowie Keims „Erklärung" vom 2. Nov.
1903 (s. Münch. Kunstt. Bl., II. Jhg., Nr. 6) abermals
zum Abdruck gebracht. Herr K. fügt hinzu, dass es
demnach seine Aufgabe sei, eine oder mehrere Proben,
seiner Rekonstruktion oder eine in der antiken
Freskotechnik hergestellte Nachbildung röm.-pompej.
Wandmalerei zu fertigen bezw. vorzulegen, und dass er
insbesondere beweisen werde, dass in ,F r e s k o t e c h n ik'
.Glanz und Glätte', wie solche heute noch zu
sehen, erreichbar sind", was ich, wie bekannt,
früher und auch neuerlich bezweifelt hatte.
Diese Keimsche Kundgebung veranlasst mich s c h o n
jetzt zu folgenden Bemerkungen:
So begrüssenswert es auch ist, dass Herr Keim
nunmehr die Beweise für die Richtigkeit der von ihm
vertretenen Wiegmann-Donnerschen Freskotheorie
erbringen will, so kann es bei diesem Anlasse nicht
gebilligt werden, dass er in seiner neuesten Erklärung
die Hauptpunkte der Theorie, um die es sich in
etster Linie handelt, vollständig unbeachtet lässt oder
beiseite zu schieben sucht. Denn er spricht von
Proben „seiner Rekonstruktion" und nicht aber von
der Wiegmann-Donnerschen, die, wie ich zeigen werde,
in mehrfacher Hinsicht von der seinigen abweicht.
 
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