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Münchner kunsttechnische Blätter — 7.1910/​1911

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Nr. 2
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Waetzoldt, Wilhelm: Farbenerlebnis und Kolorismus, [2]
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Berger, Ernst: Römische Wachsmalerei zu Goethes Zeit, [2]: ein Beitrag zur Geschichte der Maltechnik
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https://doi.org/10.11588/diglit.36591#0011

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Nr 2.

Münchner kunsttechnische Blätter.

7

begründeten koloristischen Auffassungsweisen ent-
scheiden.
Nachschrift: Es wäre von Interesse und gewiss
zu begrüssen, wenn auch aus Künstlerkreisen Meinungen
über die hier angeregten, für das künstlerische Schaffen
besonders wichtigen Fragen geäussert würden. Die
Schriftleitung bittet ihr eventuelle Beiträge durch den
Redakteur der „W. d. K." zukommen zu lassen.
Römische Wachsmalerei zu Goethes Zeit.
Ein Beitrag zur Geschichte der Maltechnik.
Von Ernst Berger, München. (Schluss.)
Sind die mit sattem Pinsel aufgetragenen Farben
getrocknet, so macht man diese „durch Ueberziehen
mit geschmolzenem weissen Wachs und Einbrennung
desselben zu enkaustischen Gemälden".
III. Das Wachs wird in „einer glasirten, irdenen
Pfanne, die man in eine grössere von Eisenblech mit
siedendem Wasser über starkes Kohlenfeuer setzet",
geschmolzen und auf die getrocknete Malerei mit einem
Pinsel (Vertreiber) gestrichen. Die (auf dem Titel-
blatte abgebildete) Pfanne mit hölzerner Handhabe
füllt man mit stark glühenden Kohlen (von hartem
Holze, welches keine Funken sprüht), „bläset die
Flockasche ab" und hält die Gluth gegen das auf eine
Staffelei gestellte Gemälde, „in einer Annäherung, dass
die Hitze das überzogene Wachs allmählig zum Ein-
dringen in die Farben wohl schmelzen aber nicht
kochend machen kann". Während dieses Vorganges
hält man den Haarpinsel über die Kohlen, damit das
darin befindliche Wachs flüssig bleibe; dann überfährt
man sanft mit dem Pinsel das in die Farben ein-
dringende Wachs. Dabei tropft das überflüssige Wachs
von dem Gemälde auf ein unter der Staffelei aus-
gebreitetes Papier ab. Sollte trotzdem noch etwas
Wachs hie und da über den Farben stehen geblieben
sein, so kann das Einbrennen und Ueberfahren mit
dem Pinsel wiederholt werden.
Das Bild wird sodann gegen das Licht gehalten
und Pinselhaare oder die durch das Einbrennen „nicht
völlig eingeschmolzenen kleinen Hügelchen" von Wachs
werden mit einer breiten Messerspitze behutsam ab-
gehoben. Die Oberfläche überreibt man, um das Wachs
glänzender zu machen, mit einem reinen, nicht fasernden
Leinentuche „strichweise nach allerley Wendungen".
Die Farben erhalten so Kraft und Durchsichtigkeit
wie in Oelgemälden.
Andere Zubereitungsweise: Beim Gummi-
wasser nehmen andere fünf Untzen arabischen und
eine Untze Gummi-Thragant (das röm. Pfd. = 12 Unzen).
Beim Abreiben der Farben zu % derselben Lg „so-
genanntes punisches Wachs oder vielmehr eine auf
folgende Art zubereitete Wachsseife".
„Man löset ','2 Drachma von alcalischen aus der
Soda bereitetes Saltz in etwas mehr Wasser völlig
auf. Man erwärme diese Lauge über einem gelinden
Feuer, bis solche allmählig heiss wird, wirft sodann
eine Untze in dünne Scheiben geschnittenes weisses
Wachs hinein, rühret selbige mit einem höltzernen
Stäbchen beständig bis zum völligen Verschmeltzen um
und bis sich diese vereinigte Masse aufblähet, und
nach Abhebung vom Feuer, bey anhaltendem Umrühren
zu einer schneeweissen Seiffe wird, welche man nach
völliger Verdickung kalt werden lässt, und zu ob-
gesagtem Gebrauch bei Abreibung derFarben aufhebet."
Es wird hinzugefügt, dass der eigentliche Wieder-
finder der enkaustischen Malerei, der spanische Ex-
jesuit Requeno eine Wachsseife zum Ueberstreichen
von Gyps und Holzarbeiten und Kupferstichen an-
gefertigt habe und zwar nach folgendem Rezept:

2'/s Theile venetianische Seife, Theile weisses
Wachs in kleine Stücke geschnitten, werden in einer
glasirten Pfanne mit Wasser ganz überdeckt, über ge-
lindem Feuer verrührt bis zum Auflösen der Seife
und des Wachses bis zum Ueberschäumen der Masse.
Während diese in einer Hachen Schüssel zum Erkalten
gebracht wird, schlägt man sie behufs besserer Ver-
mengung der Theile.
Die Masse wird vor dem Gebrauch in lauem Wasser
(oder über Feuer) aufgelöst. Das Wasser muss fetter
Milch ähnlich sehen. Mit einem Borstpinsel wird diese
Masse mehrere Male nacheinander aufgetragen. Bei
Gipsarbeiten erfolgt dann Abreiben mit Leinentuch,
um Glanz zu erzielen; ähnlich bei Kupferstichen.
Soweit die Handschrift. Es kann natürlich
hier nicht unsere Absicht sein, auf jene Details
der Wachsmalerei, welche als Rekonstruktionen
der antiken Maltechniken anzusehen wären, näher
einzugehen, da wir nur über die zu Goethes Zeit
in Rom geübte Wachsmalerei zu berichten haben.
Wir können aber diesen Bericht nicht schliessen,
ohne auf eine weitere Verwendung des Wachses
hingewiesen zu haben.
Diese Verwendung betrifft die schon oben
angedeutete Lösung des Wachses in Terpentinöl
mit oder ohne Harzzugabe, wie es Graf Caylus
zuerst vorgeschlagen hatte. Die hier folgenden
Notizen des berühmten englischen Malers Joshua
Reynolds sind seinen Merkbüchern entnommen,
welche er über die Technik der von ihm ge-
malten Bilder hinterlassen hat. Reynolds war
einer jener Künstler, die sich an die Manier der
flämischen Maler, insbesondere an Rembrandt
anschlossen, und er sparte keine Mühe, um in
technischer Beziehung seinen Vorbildern nahe-
zukommen. In seinen Notizen, die von 1755 an
bis in die achtziger Jahre des 18. Jahrhunderts,
also bis zu Goethes römischem Aufenthalte reichen,
sind vielfache Angaben gemacht, die auf Wachs-
malerei Bezug haben. Die meisten während seines
römischen Aufenthaltes gemachten Einzeichnungen
sind zum Teil italienisch abgefasst (s. Eastlake,
Materials for a Hist, of Oilpainting, S. 541 — 544)-
Anfangs mischte Reynolds Wachs mit venetia-
nischem Terpentin und gab diese Mischung den
Oelfarben hinzu. Zum Firnissen nahm er mitunter
dann Wachs allein. So lautet eine Einschreibung,
sein eigenes Porträt betreffend:
„Mio proprio, given to Mrs. Burke con cera
finito quasi, poi con mastic varnish finito intera-
mente, poi cerata senza colori."
Ein andermal verwendet er Wachs mit Ko-
paivabalsam (und dem nötigen Terpentinöl) ge-
mischt:
„Offe's picture with cera and copaiba solo,
cinabro."
Diese Versuche waren aber von keinem gün-
stigen Resultat begleitet, denn eine spätere Ein-
schreibung bemerkt, dass die Farben gesprungen
seien. Reynolds greift dann wieder auf sein erstes
Verfahren zurück. Wir lesen:
„Oct. 1779. Hope, cera solamente. La milior
 
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