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Münchner kunsttechnische Blätter — 7.1910/​1911

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Nr. 18
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Eibner, Alexander: Die zerstörende Wirkung des Zinkweiss auf Aquarellfarben und die Frage der Einführbarkeit von Teerfarben in die Kunstmalerei
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Amsler, Richard: Prof. Ostwalds neue Technik für Monumentalmalerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.36591#0079

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Nr. t8.

Münchner kunsttechnische Biätter.

75

das alte und berechtigte Misstrauen der Künstler
gegen jene Teerfarben zu berühren, wie sie noch
vor etwa I $ Jahren hergesteiit wurden. Alle
alten ais „Anilinfarben" bezeichneten Farb-
materiaiien waren teils wegen ihrer geringen
Lichtechtheit, teils wegen Wasserunechtheit oder
Oeiunechtheit mehr oder minder unbrauchbar. J
(Fortsetzung foigt.)
Prof. Ostwaids neue Technik für
Monum enf almalerei.
Herr Maier Rieh. Amsier-Riethaide bei Schaff-
hausen steht uns die foigende Abschrift seines an
Herrn Geheimrat Prof. Dr. Ostwaid-Gross-Bothen ge-
richteten Berichtes über eine ausgeführte Arbeit zur
Verfügung, die woh! ahgemeineres Interesse bean-
spruchen dürfte und aus diesem Grunde hier abge-
druckt wird:
„Ueber meine Erfahrungen mit Ihrem neuen Ver-
fahren für Monumentaimaierei ais Fassadentechnik
mache ich Ihnen, nachdem ein Sommer und ein. Winter
über die Maiereien hinweggegangen sind, nachstehende
Mitteiiungen. Aiifäiiige Wiederhoiungen aus Ihrer Ver-
öffentiiehung in der Beilage der .Werkstatt der Kunst'
(Nr. !3 vom 21. März 1910), die sich bei diesen Auf-
zeichnungen finden, ergeben sich naturgemäss von
seiber.
Der Besitzer einer chemischen Waschanstait und
Färberei in Schaff hausen, Herr Otto Senn, wünschte
bei Geiegenheit der Renovation an den Aussenseiten
seines Geschäftshauses, eines stattlichen, mehrere Jahr-
hunderte aiten Baues, einige Maiereien, die zu seinem
Geschäfte Beziehung haben soiiten und wandte sich
deshaib an mich.
Gerade vorher hatte ich in der .Werkstatt der
Kunst' Kenntnis von Ihrer Mitteilung über die neue
Technik für Monumentaimaierei genommen, und da
ich mir davon viei versprach, machte ich ihm den
Vorschiag, ich möchte mit seinem Einverständnis,
natüriieh auf meine Verantwortung hin, einen Versuch
damit an seinem Hause machen. Da sich Herr Senn
sofort bereitwiiiigst mit meinem Vorschiag einverstanden
erkiärte, machte ich mich sofort nach den nötigen
Vorstudien an die Arbeit.
Die drei Fronten des Hauses haben foigenden
Bitderschmuck:
I. Hauptbiid: 2,4 m breit, 2,6 m hoch, mit 4 Figuren,
etwas über Lebensgrösse. Richtung: Südsüdwest.
II. Kartusche: 2,5 m iang, 0,7—m hoch, mit
Firma und 2 Wappenschiidern in Früchtenzweigum-
rahmung. Richtung: Westen.
III. Färbergeseiie, über dem Eingang in die Fär-
berei, Nordseite. (Südwesten bringt uns den meisten
Regen.)
Ais Bindemittei bei der Erstehung der Farbstifte
verwendete ich teiis Tragantiösung nach Ihrer Angabe,
teiis Gummiarabikum, ais Weiss setzte ich den Farb-
puivern Schiemmkreide zu und steiite mir von jeder
Farbe in verschiedenen Heiiigkeitsgraden so vieie Stifte
her, dass ich sicher sein konnte, keine Nachmischungen
während der Arbeit vornehmen zu müssen.
Soiite einem während der Arbeit eine Farbe aus-
gehen, so wäre es missiieh, da man die richtige Nuance
kaum wieder herausbekäme. Um die richtige Kon-
sistenz des Farbbreies zum Formen der Farbstifte zu
erzieien, und um diese nach dem Formen rascher zu
trocknen, iegte ich den Farbbrei, bezw. die geformten
Stifte auf poröse Gips- oder Tonpiatten, die das über-
flüssige Bindemittei rasch absaugen. Das voiiständige
Austrocknen der fertigen Stifte erfoigte an der Luft.
Die Hersteiiung der Farbstifte erfordert insofern einige

Uebung, ais die verschiedenen Farben das Bindemittei
in verschiedenen Mengenverhäitnissen und in verschie-
dener Konzentration veriangen, weit sie sonst ieicht
zu hart werden und dann auf der Mauer nicht gut ab-
geben.
Nach Ihren Angaben hatte ich vor Beginn der
Arbeit durch den Maurer einen Kaikverputz erstehen
und dann mit Kaikmiich abßizen iassen. Dabei ist
sorgfäitig darauf zu achten, dass auf der Fiäche nicht
zu viei Kaik zurückbieibt; die Fiäche soii rauh sein,
nicht giatt und fettig anzufühien, da die Farben beim
Fixieren ieicht abgeschwemmt werden.
Auf der genügend rauhen Fiäche haftet die Farbe
gut; in die Meinen Vertiefungen, die sich immer noch
im Verputz befinden, rieb ich die Farbe mit dem Finger
hinein; eine Methode, die zwar im Interesse der Haut
nicht sehr empfehienswert ist, die aber den Vorzug
hat, dass die Farbe sitzt: Das Arbeiten auf dem gut
vorbereiteten Grund mit den Farbstiften ist ein wahres
Vergnügen und man kommt ausserordentlich rasch
vorwärts. Korrekturen iassen sich ieicht anbringen
und auch das Ineinanderarbeiten von verschiedenen
Tönen iässt sich sehr ieicht vornehmen; nur soii man
den Grund bei soichen Partien der Maierei, die weiss
oder sehr hei! werden solien, sorgfäitig schonen, da
dort Korrekturen nicht . wohi vorgenommen werden
können, ohne Spuren von Farbe zurückzuiassen.
Oberster Grundsatz bei dieser Technik ist nach
meiner Ansicht:
Das Biid in sejuer Gesamtheit voiiständig
fertig zu macheüj bevor fixiert wird: Korrek-
turen nach dem Fixieren führen zu endiosen Quäiereien.
Namentlich ieidet die Frische der Farbe sehr, wenn
man nachträglich heiie Farben auf dunkiere setzt; be-
sonders wenn man die Farben mit Schiemmkreide ge-
mischt hat.
Beim Fixieren ist, wie auch Sie besonders betont
haben, die grösste Vorsicht darauf zu verwenden, dass
keine Fixativtropfen über die Arbeit iaufen, da man
dadurch ieicht die Arbeit beschädigen kann und zu
widerwärtigen und zeitraubenden Nacharbeiten ge-
zwungen wird.
Läuft das Kasein über die nichtüxierte Farbe her-
unter, so biidet sich, abgesehen davon, dass die Farbe
ieicht mitgerissen wird, dort wo die Fixativtropfen
stehen bieiben, Kiümpchen, die dann nachher beim
Abreiben mit Paraffin weggerissen werden; es ent-
stehen weisse Fiecken, wo der Verputz biossgeiegt
wird und damit auch Angriffspunkte für atmosphärische
Einflüsse.
Die meisten Farben zeigten nach dem Fixieren
mit Kasein einen etwas dunkieren Ton ais vor dem
Fixieren (ich habe aiierdings nur mit Kreidezusatz ge-
arbeitet und kein anderes Weiss verwendet), was
übrigens nicht von Beiang ist, da man sich ja sowieso
vor der Arbeit überzeugen wird, wie sich die Farben
verhaiten.
Seibstverständiich muss man die Maiereien nach
dem Fixieren mit Kasein und Formaiin gut austrocknen
iassen, bevor man ans Paraffinieren geht. Nach meinen
Erfahrungen hat sich die Tiefe der Farben durch
Paraffinieren kaum oder gar nicht verändert. Der
ganz schwache Gianz, den die BiidHäche durch das
Paraffin erhäit, gibt den Farben etwas Weiches.
Was die Haitbarkeit der nach dem neuen Ver-
fahren an Fassaden ausgeführten Maiereien betrifft,
so habe ich das voiiste Vertrauen dazu. Ais voriäußge
Probe iiess ich in Gegenwart meines Auftraggebers
nach der Voiiendung des ,Färbergeseiien' das ganze
Biid mit dem Hydrantenschiauch abspritzen; das Wasser
iief dabei über das Biid wie über das Gefieder einer
Ente.
Die Arbeiten wurden ausgef(ihrt im Juii ietzten
Jahres. Der ausnahmsweise regnerische und windige
 
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