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Münchner kunsttechnische Blätter — 7.1910/​1911

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Nr. 11
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Berger, Ernst: Raehlmanns neueste mikrochemische Analysen und die Technik der römisch-pompejanischen Wandmalerei, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36591#0045

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KUMSTTECRMISaX
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München, 20. Febr. 1911.

Be!tage zur „Werkstatt der Kunst" (E.A. Seemann, Leipzig).
Erscheint 14 tägig unter Leitung von Maier Ernst Berger.

TH. Jahrg. Nr. 11.

Inhalt: Raehlmanns neueste mikrochemische Anatysen und die Technik der römisch-pompejanischen Wand-
maierei. Von Ernst Berger. (:. Fortsetzung.) —Die neuen Teerfarben. I. Zuschrift der Firma Dr. Kari
König, G. m. b. H., Düsseidorf. II. Prospekt der Firma Dr. Fr. Schoenfeld&Co., Düsseidorf. III. Die
Lichtechtheit der Körperfarben aus Teerfarbstoffen. Von Dr. Paui Krais. — Literatur. — Anfragen
und Beantwortungen. — Notiz der Schriftieitung.

Raehlmanns neueste mikrochemische Analysen und die Technik der römisch-
pompejanischen Wandmalerei.
Von E. Berger. (t. Fortsetzung.)
Wer die hier in grösster Ausführlichkeit beschriebenen Befunde ohne Voreingenommenheit
durchgeht, wird wohi zu dem Ergebnis gelangen, dass die meisten der bis vor einiger Zeit für
„Fresken" gehaltenen Malereien in Pompeji und Rom doch in einer anderen Maiart ausgeführt
seien! Und es muss hier gleich gesagt werden: der schon Jahre hindurch währende Streit ist durch
die Raehlmannschen Untersuchungen nicht im Sinne der Freskoanhänger entschieden! Schreiber
dieser Zeilen hatte bei der Durchsicht die freudige Genugtuung, Punkt für Punkt zu sehen,
dass seine schon vor Jahren gemachten Beobachtungen und seine auf Quellenforschung und vielen
Versuchen basierte Rekonstruktion der römisch-pompejanischen Wandmalerei, die bei ihrer Bekannt-
gabe auf lebhaftesten Widerspruch stiess, gerade durch die in den neuen mikrochemischen Analysen
enthaltenen entscheidenden Resultate in breitestem Umfange ihre Bestätigung finden! Ja, ich möchte
sogar die Behauptung aufstellen — und werde auch den Beweis dafür zu erbringen suchen — ,
dass erst durch meine obenerwähnten „Rekonstruktionsversuche" die Raehimannschen so verdienst-
vollen Analysen nach ihrem technischen Wert gewürdigt und ihrem vollen Verständnis nähergebracht
werden könnten! Denn alles, was in diesen Analysen an bemerkenswerten Feststellungen unser
Interesse in höchstem Masse hervorruft, lässt sich mit der allergrössten Leichtigkeit mit der
Sfuccolustro-Technik in Einklang bringen, während die Vertreter des „Fresko" wohl schwerlich
die bei allen Stücken vorhandene „Glättungsschicht", die überall nachgewiesene organische
Substanz, die durch die Glättungsschicht getrennten Farblagen der Malerei, den mit
Fresko schlecht vereinbarten Gebrauch organischer Farbstoffe, ebensowenig wie den in der
obersten Stuckschicht gefärbten Auftrag, der für Stuccolustro so charakteristisch ist,
mit ihrer Theorie in Einklang bringen könnten.
Bezüglich des langjährigen Streites über die antike Wandmalerei bemerkt Raehlmann S. $Q,
er könne nach den Ergebnissen seiner Untersuchung „als entschieden und beendet gelten".
Demnach wird es zweckentsprechend sein, mit ein paar Worten darauf hinzuweisen, welche Streit-
frage eigentlich zur Entscheidung vorliegt.
Voraussetzen kann ich wohl, dass das Wesen der Freskotechnik allen geläufig ist. Es
besteht darin, dass die Farben, auf dem noch feuchten Grunde aufgetragen, durch ein sich an der
Oberfläche von selbst bildendes Häutchen von kohlensaurem Kalk „gebunden" werden. Der
gelöschte Kalk (Kalziumhydrat) geht nämlich an der Luft durch Kohlensäureaufnahme in kohlensauren
Kalk über und schliesst dabei die Farben in sich ein. Naturgemäss können hierbei nur
Farbkörper verwendet werden, die der ätzenden Wirkung des Kalkes widerstehen. Organische
Farben oder Substanzen werden demnach hier niemals verwendet.
Zur Ausführung von Freskomalereien gehört sehr viel Uebung, I. weil man bei der Mal-
rtrbeit den Effekt des helleren Auftrocknens voraus berechnen muss, und 2. weil man
 
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