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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 26.1916

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Heft 4
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Fries, Heinrich de: Die werdende Form: zur Entwicklung der modernen Baukunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.26490#0138

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die den Halt des Ganzen bezeichnen sollen, und zu Hori-
zontalen in Sockel-, Gesims- und Dachform, die als um-

die Fenster aber dreiteilig (Figur 8) und stellte zwei
Flachen schräg zur Wandebene, während die dritte sie

schließende Kräfte sich bewähren. Durch die Awischen-

parallcl zur Wand verbindet, so aber, daß ein jedes

ordnung der Flächenrisalite auf die Wandflächen zwischen

Fenster in sich eine Bewegung von innen nach außen

die Fenster werden deren Laibungen betont und es ent-
steht für das Auge des Beschauers eine Abtreppung,
die von der seitlichen Kante des Risalits über die innere
Laibungskante hinwegführt und im Holzrahmen des
Fensters endet, der wieder durch den zurückliegenden

zwischen den Pfeilern zu vollführen scheint. Die ein-
dringende Lichtmcnge kann natürlich hierdurch, wie leicht
ersichtlich, keinerlei Vergrößerung erfahren, da nicht die
Form und Stellung der Glasflächen, sondern die unver-
änderte lichte Öffnung zwischen den Pfeilern für die

Anschlag des Fensterrahmens eine Stufe bildet. So
ist wieder nicht das Fenster als ein Loch in die
Mauer geschnitten, sondern die Abstufungen des
Mauerwerks nach innen und ihre Schattenwirkung
bereiten das Auge des Beschauers bei jedem Fenster
von neuem allmählich auf die Anordnung einer Öff-
nung vor. Die jähe Unterbrechung ist vermieden,
der Ausdruck der räumlichen Geschlossenheit des
Ganzen wesentlich erhöht.
Ein letztes typisches Beispiel für Fensteranord-
nungen an modernen Fabrikbauten sei noch erwähnt.
Da eine photographische Ansicht nicht gegeben werden
kann, möge die beigefügte kleine Skizze erläutern,
der Fassade einer Fabrik stehen in regelmäßigen Ab-
ständen Betonpfeiler, zwischen denen sich hohe und
schmale Fensteröffnungen befinden.
Die Menge des einfallenden Lichtes wird allein be-
stimmt durch die lichte Öffnung zwischen den Pfeilern 1,
2, 3, 4 usw., so daß der praktische Aweck der Fensteröff-
nungen mit der üblichen Gradlinienanlage der Fenster
als der kürzesten Verbindung zwischen zwei Pfeilern zu
erreichen gewesen wäre (Figur ^). Der Architekt gestaltete


Mengendes eindringendcn Lichtes maßgebend ist. Ein
praktischer Aweck liegt also dieser Maßnahme nicht zu-
grunde. Aber durch die angewandte Form gewinnt der
Beschauer den Eindruck, als ob das Innere des ein-
geschlossenen Raumes wie in einem hungrigen Drange
nach Licht von dem kostbaren Gute nicht genug trinken
könnte, daß es gleichsam seine Augen zwischen den Pfei-
lern hervordränge, um mehr Licht zu empfangen und es
stärker und lebendiger von allen Seiten zu empfinden,
als wenn das empfangene Licht in gleichem monotonem

In

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