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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 26.1916

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Heft 7/8
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Friedeberger, Hans: Bernhard Hoetger: Anläßlich der Ausstellung seiner Werke bei Paul Cassirer in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.26490#0261

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Bernhard Hoetger.

Bildnis Frau Düllberg.

Die ersten Arbeiten, mit denen, wenn man es so
nennen will, die Abkehr von Rodin einsetzte, rechneten
immerhin noch mit dem Reiz der stark bewegten Ober-
fläche. Sie betonten noch die Vielfältigkeit der Form,
die Unruhe im kleinen, wenn sie auch im Aufbau schon
eine ungleich größere Geschlossenheit zeigten. Denn
statt der vielfach durchbrochenen Masse von unregel-
mäßigem Umriß findet man in der sogenannten weib-
lichen Maske und in den beiden Bronzetorsen block-
artig geschlossene Körper, die selbst dann nut festen, oft
geometrisch einfachen Linien zu umschreiben sind, wenn,
wie beim Darmstädter Torso, die Arme noch vom Körper
losgelöst sind. Später wird auch das vermieden; die
Gliedmaßen werden fest an den Rumpf gebunden, voni
Gewände zusammengeschlossen, gern sogar ganz in den
Umriß des Körpers ausgenommen; die Figur bleibt im
Block und sogar in der Ebene gebunden, so sehr, daß selbst
Linien, die stark in die Tiefe führen, nach Möglichkeit
vermieden sind. Dagegen behält die Lichtführung zu-
nächst noch etwas Springendes, und auch die Wahl der
dunklen Bronze für diese Arbeiten läßt erkennen, daß im
Flimmern und im Auf- und Abwogen der Oberfläche
ein besonderer Reiz gesucht wird. Aber schon von dem
früheren der beiden Torsen, dem Elberfelder, gibt es
eine zweite Redaktion in Marmor, die mit großen, be-
ruhigten Flächen, einer sehr weitgehenden Stilisierung,
und auch, den: Stoffe entsprechend, mit einer neuen,


Bernhard Hoetger.

Iünglingskopf (Gips), Werkstudie.

einheitlicheren und ruhigeren Lichtführung wirkt, ohne
daß doch das Werk irgendwie leer geworden wäre. Und
zu der Festigung, Klärung und Vereinfachung des Um-
risses tritt nun hier eine gleiche Umbildung der Innen-
formen. An die Stelle der Vielheit setzt die Ein-
heit, die starke Bewegtheit der Oberfläche macht einer
fast unmerklichen, großzügigen, wenn auch noch reichen
Modellierung Platz, und selbst von den hauptsächlichen,
anatomisch und statisch geforderten Binnenformen sind
nur die notwendigen gegeben, und diese wieder so, daß
sie mit wenigen Linien faßbar sind. Eine Hoctgersche
Plastik dieser Aeit (und von dieser Aeit an) läßt sich,
ihrem wesentlichen Forminhalt nach, auf wenige Umrisse
reduzieren, die nun zwar gewiß nicht alles geben, was
das Werk enthält, aber doch das Wesentliche, das, was
den Aufbau bestimmt, und was zuallererst und von
weither spricht.
In dieser Zeit wechselt der Künstler auch mit den
Stoffen. Für die dunkle Bronze, die immer, selbst bei
sparsamer Modellierung, die Fläche durch spitze Lichter
zerreißt, tritt eine Helle Goldbronze ein, auf der sich die
Helligkeiten breit und wohlig ausdehnen, und für den
Marmor wird gern der Kalkstein gesetzt, der gleichfalls,
da er Licht weder aufsaugt noch zurückstrahlt, einer-
gleichmäßig ruhigen Lichtführung Vorschub leistet, und
der zudem noch durch sparsame Bemalung mit einigen
wenigen Farben eine besonders unempfindliche Ober-

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