Die Pieta im Dom zu Florenz
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2. An der linken Brustwarze ist ein Stück herausgeschlagen
worden, und der Hammerstreich hat die Finger der Hand
Marias mit fortgenommen, die ebenso, wie das Stück an der
Brust, ungeschickt ergänzt worden sind.
3. Der rechte Unterarm Christi (vom Ellenbogen bis zur Hand)
ist eingesetzt. (In dieser Hand hat der Marmor schwarze
Flecken.)
Äusser jenen Ergänzungen kann Calcagni nicht Viel an der
Gruppe gethan haben. An Maria und Joseph von Arimathia dürfte
er die Hand nicht gelegt haben. Eher wäre dies denkbar an dem
im Wesentlichen vollendeten und polirten Christuskörper, obgleich
es mir doch wahrscheinlich dünkt, dass er von Michelangelo her-
rührt. Mit der Magdalena, die in der Hauptsache ausgeführt ist,
mag sich Calcagni beschäftigt haben. Alles Wesentliche aber weist
auch hier auf Michelangelos Hand hin: die nahe Verwandtschaft
des Kopfes und der Gewandbehandlung mit der Lea lässt nach
meinem Dafürhalten keinen Zweifel hierüber.
Die Motive sind folgende. Nikodemus vorgebeugt, so dass sein
Kopf in eine Fläche mit Christi Kopfe kommt, fasst mit der Rechten
unter Christi Arm und umschlingt mit der Linken Maria. Maria,
eine schräge Fläche über das Eck des Blockes bildend, sitzt auf
niedriger Erhöhung, greift mit dem linken Arm unter Christi Arm
und umfängt mit dem nicht sichtbaren rechten offenbar den Rücken
des Leichnams. Christus, im Herabsinken so gehalten, ruht wohl
zum Theil auf dem nicht sichtbaren rechten Bein der Maria auf.
Sein linkes Bein ist nicht zu sehen, sein rechtes sinkt geknickt auf
den Boden herab. Der linke Arm hängt schlaff mit umgedrehter
Hand hernieder; der rechte, von Marias Kopf gestützt, berührt mit
der Hand Deren Schulter. Das niedergesunkene Haupt ruht an
Marias Kopf, deren Mund die fallenden Locken berührt. Magdalena
kniet mit etwas vorgestelltem linken Bein. Mit der Rechten stützt
sie Christi Bein und berührt mit der Linken Dessen Rücken.
Versuchen wir es nun, uns die Kritik, welche den Meister
veranlasste, sein Werk zerstören zu wollen, verständlich zu machen.
Er wird sich Folgendes gesagt haben.
I. Von vorne gesehen ergiebt die Gruppe keinen geschlossenen
Eindruck, da die drei Figuren rechts eine kompakte Masse
bilden und die Magdalena dieser, ohne Herstellung eines
Gleichgewichtes, nur lose angefügt ist. Die gerade Vertikale
der Schulter und der rechten Seite Christi durchschneidet das
Ganze. — Einen geschlossenen Eindruck erhält man nur, wenn
man sie von halb links her betrachtet. Einer solchen Auf-
stellung aber widerspricht die Blockform, und dann verschwindet
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2. An der linken Brustwarze ist ein Stück herausgeschlagen
worden, und der Hammerstreich hat die Finger der Hand
Marias mit fortgenommen, die ebenso, wie das Stück an der
Brust, ungeschickt ergänzt worden sind.
3. Der rechte Unterarm Christi (vom Ellenbogen bis zur Hand)
ist eingesetzt. (In dieser Hand hat der Marmor schwarze
Flecken.)
Äusser jenen Ergänzungen kann Calcagni nicht Viel an der
Gruppe gethan haben. An Maria und Joseph von Arimathia dürfte
er die Hand nicht gelegt haben. Eher wäre dies denkbar an dem
im Wesentlichen vollendeten und polirten Christuskörper, obgleich
es mir doch wahrscheinlich dünkt, dass er von Michelangelo her-
rührt. Mit der Magdalena, die in der Hauptsache ausgeführt ist,
mag sich Calcagni beschäftigt haben. Alles Wesentliche aber weist
auch hier auf Michelangelos Hand hin: die nahe Verwandtschaft
des Kopfes und der Gewandbehandlung mit der Lea lässt nach
meinem Dafürhalten keinen Zweifel hierüber.
Die Motive sind folgende. Nikodemus vorgebeugt, so dass sein
Kopf in eine Fläche mit Christi Kopfe kommt, fasst mit der Rechten
unter Christi Arm und umschlingt mit der Linken Maria. Maria,
eine schräge Fläche über das Eck des Blockes bildend, sitzt auf
niedriger Erhöhung, greift mit dem linken Arm unter Christi Arm
und umfängt mit dem nicht sichtbaren rechten offenbar den Rücken
des Leichnams. Christus, im Herabsinken so gehalten, ruht wohl
zum Theil auf dem nicht sichtbaren rechten Bein der Maria auf.
Sein linkes Bein ist nicht zu sehen, sein rechtes sinkt geknickt auf
den Boden herab. Der linke Arm hängt schlaff mit umgedrehter
Hand hernieder; der rechte, von Marias Kopf gestützt, berührt mit
der Hand Deren Schulter. Das niedergesunkene Haupt ruht an
Marias Kopf, deren Mund die fallenden Locken berührt. Magdalena
kniet mit etwas vorgestelltem linken Bein. Mit der Rechten stützt
sie Christi Bein und berührt mit der Linken Dessen Rücken.
Versuchen wir es nun, uns die Kritik, welche den Meister
veranlasste, sein Werk zerstören zu wollen, verständlich zu machen.
Er wird sich Folgendes gesagt haben.
I. Von vorne gesehen ergiebt die Gruppe keinen geschlossenen
Eindruck, da die drei Figuren rechts eine kompakte Masse
bilden und die Magdalena dieser, ohne Herstellung eines
Gleichgewichtes, nur lose angefügt ist. Die gerade Vertikale
der Schulter und der rechten Seite Christi durchschneidet das
Ganze. — Einen geschlossenen Eindruck erhält man nur, wenn
man sie von halb links her betrachtet. Einer solchen Auf-
stellung aber widerspricht die Blockform, und dann verschwindet