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Thode, Henry; Michelangelo; Michelangelo [Contr.]
Michelangelo: kritische Untersuchungen über seine Werke; als Anhang zu dem Werke Michelangelo und das Ende der Renaissance (Band 2) — Berlin: Grote, 1908

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Die Leda

311

Dass dieser Karton sich nicht erhalten hat, ist nicht genug zu
beklagen. An anderer Stelle (II, S. 56) sprach ich zögernd die Ver-
muthung aus, Michelangelo habe das Porträt vielleicht für den einen
Apostel (Thomas?) im Jüngsten Gericht verwerthet.
III
Die Leda
z. Geschichtliches.
Die erste Begegnung Michelangelos mit Alfonso L, Herzog von
Ferrara, fällt in das Jahr 1512. Am 4. Juli kam Alfonso nach
Rom, wo er bis zum 19. verweilte. An einem der Tage seines
Aufenthaltes besuchte er den Meister in der Sixtinischen Kapelle.
Grossino berichtet darüber an Isabella d'Este Folgendes. (Alessandro
Luzio: Federigo Gonzaga ostaggio alla corte di Giulio II in: Archivio
della R. Societä Romana di storia patria 1886. vol. IX, 540. Stein-
mann, Sixt. Kapelle II, 729.)
„Seine Exellenz wünschte sehr die Decke der grossen
Kapelle zu sehen, die von Michelangelo ausgemalt wird, und Herr
Federico erreichte es durch Vermittlung Mondovis, dass man im Auf-
trage des Papstes den Meister um Erlaubniss bat. Mit mehreren
Personen stieg der Herzog zum Gewölbe hinauf; nach und nach
stieg ein Begleiter nach dem anderen wieder hinab, und der Herzog
blieb mit Michelangelo allein und konnte sich an jenen Figuren
nicht satt sehen und bewies ihm grosse Liebenswürdigkeiten,
sprach auch seinen Wunsch, er möge ihm ein Gemälde machen,
aus, machte ihn reden und bot ihm Geld an, und Michelangelo hat
versprochen, es ihm zu machen."
Welchen Vorwurf dieses Gemälde behandeln sollte, erfahren
wir nicht. Jedenfalls wurde es nicht ausgeführt. Als Michelangelo
im Herbst 1529 in Ferrara sich aufhielt, wiederholte Alfonso seinen
Wunsch und gab ihm den Auftrag auf eine Leda, mit deren Aus-
führung sich der Künstler während seiner Thätigkeit als Festungs-
baumeister beschäftigte. Als das Bild fertig war, gab er durcli
Guarini, früheren Gesandten in Florenz, dem Herzog Nachricht.
Dieser sendet am 22. Oktober 1530 einen Jacopo Laschi, gen. il
Pisanello, nach Florenz, das Werk abzuholen, mit folgendem, aus
Venedig an Michelangelo gerichteten Brief:
„Theuerster Freund. — Messer Alessandro Guarini, früher mein
Gesandter in Florenz, hat mich wissen lassen, was Ihr ihm bezüg-
lich des für mich angefertigten Bildes sagen liesset, und ich habe
mich sehr darüber gefreut. Und da ich schon so lange Zeit, wie
ich Euch mündlich gesagt, den Wunsch gehegt, eines Eurer Werke
 
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