Das Opfer Isaaks
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Pia, worauf v. Geymüller seine Datirung stützte, ansehen kann. —
Übrigens kommt auf die Entscheidung dieser Frage nicht sonderlich
viel an. —
Von Condivis künstlerischer Thätigkeit hat man bis jetzt sehr
undeutliche Vorstellungen. Bewährt sich meine Annahme, dass
er die Kopie des Kartons in der Casa Buonarroti ausgeführt hat,
so ist er auch der Verfertiger zweier Bilder, die ich in der Am-
brosiana zu Mailand fand (Ignoto Toscano). Das eine stellt Christus
mit der Weltkugel überlebensgross dar, hinter ihm die Köpfe von
zwei anbetenden Engeln, das andere Maria mit dem Kinde und
der hl. Anna. Sie verrathen das gleiche Ungeschick.
VII
Das Opfer Isaaks
Ein grossartiger Entwurf dieser Darstellung, in Kreide aus-
geführt, befindet sich in der Casa Buonarroti XIV, 70. Thode 62.
Ber. 1417. Abb. Ricci: Michelange p. 89. Steinmann: Sixt. Kap.
II, S. 625, 30. Phot. Alin. 1012. Steinmann glaubte, er sei für das
Bronzemedaillon der Sixtina bestimmt gewesen, doch sei dann an
seine Stelle ein anderes getreten (s. oben I, S. 264, Nr. XCV). Ich
halte, wie Berenson (I, 223), die Zeichnung für später. Die Kühn-
heit und Kunst der Komposition sucht ihres Gleichen. Auf einem
viereckigen Steinaltar kniet auf dem linken Beine, das rechte über
Holzscheite gekrümmt, der Knabe mit, wie es scheint, im Rücken
gefesselten Armen. Mit dem Schmerzensausdruck eines Laokoon-
sohnes schaut er nach links oben. Über ihn beugt sich, offenbar
mit dem rechten Beine auf dem Altar knieend, das linke fest auf
den Boden gestellt, der langbärtige Abraham und zückt gegen
den Rücken Isaaks das Messer, indessen er mit der anderen Hand
Dessen linken Arm fasst. Ein von links heranschwebender Engel,
ihm ganz dicht in's Auge schauend, packt den Alten am Arm und
weist mit der Linken in die Höhe, von wo er die Rettungsbotschaft
empfängt. Links ist flüchtig ein Ziegenbock angedeutet. — Man
sieht förmlich, wie unter der suchenden und findenden Hand, in
die Höhlung von Abrahams Körper einbezogen, das Bewegungs-
motiv des Knaben entsteht. Der Vergleich mit dem Bronze-
medaillon, wo die zwei Figuren neben einander geordnet sind, zeigt
den bedeutendsten Fortschritt.
War es irgend ein uns unbekannter Wunsch, dem Michel-
angelo durch diese Zeichnung zu entsprechen bemüht war oder
sollte sie irgend einem begünstigten Maler zu Gute kommen? Es
wäre möglich, dass er zur Behandlung des Vorwurfes durch den
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Pia, worauf v. Geymüller seine Datirung stützte, ansehen kann. —
Übrigens kommt auf die Entscheidung dieser Frage nicht sonderlich
viel an. —
Von Condivis künstlerischer Thätigkeit hat man bis jetzt sehr
undeutliche Vorstellungen. Bewährt sich meine Annahme, dass
er die Kopie des Kartons in der Casa Buonarroti ausgeführt hat,
so ist er auch der Verfertiger zweier Bilder, die ich in der Am-
brosiana zu Mailand fand (Ignoto Toscano). Das eine stellt Christus
mit der Weltkugel überlebensgross dar, hinter ihm die Köpfe von
zwei anbetenden Engeln, das andere Maria mit dem Kinde und
der hl. Anna. Sie verrathen das gleiche Ungeschick.
VII
Das Opfer Isaaks
Ein grossartiger Entwurf dieser Darstellung, in Kreide aus-
geführt, befindet sich in der Casa Buonarroti XIV, 70. Thode 62.
Ber. 1417. Abb. Ricci: Michelange p. 89. Steinmann: Sixt. Kap.
II, S. 625, 30. Phot. Alin. 1012. Steinmann glaubte, er sei für das
Bronzemedaillon der Sixtina bestimmt gewesen, doch sei dann an
seine Stelle ein anderes getreten (s. oben I, S. 264, Nr. XCV). Ich
halte, wie Berenson (I, 223), die Zeichnung für später. Die Kühn-
heit und Kunst der Komposition sucht ihres Gleichen. Auf einem
viereckigen Steinaltar kniet auf dem linken Beine, das rechte über
Holzscheite gekrümmt, der Knabe mit, wie es scheint, im Rücken
gefesselten Armen. Mit dem Schmerzensausdruck eines Laokoon-
sohnes schaut er nach links oben. Über ihn beugt sich, offenbar
mit dem rechten Beine auf dem Altar knieend, das linke fest auf
den Boden gestellt, der langbärtige Abraham und zückt gegen
den Rücken Isaaks das Messer, indessen er mit der anderen Hand
Dessen linken Arm fasst. Ein von links heranschwebender Engel,
ihm ganz dicht in's Auge schauend, packt den Alten am Arm und
weist mit der Linken in die Höhe, von wo er die Rettungsbotschaft
empfängt. Links ist flüchtig ein Ziegenbock angedeutet. — Man
sieht förmlich, wie unter der suchenden und findenden Hand, in
die Höhlung von Abrahams Körper einbezogen, das Bewegungs-
motiv des Knaben entsteht. Der Vergleich mit dem Bronze-
medaillon, wo die zwei Figuren neben einander geordnet sind, zeigt
den bedeutendsten Fortschritt.
War es irgend ein uns unbekannter Wunsch, dem Michel-
angelo durch diese Zeichnung zu entsprechen bemüht war oder
sollte sie irgend einem begünstigten Maler zu Gute kommen? Es
wäre möglich, dass er zur Behandlung des Vorwurfes durch den