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Thode, Henry; Michelangelo; Michelangelo [Mitarb.]
Michelangelo: kritische Untersuchungen über seine Werke; als Anhang zu dem Werke Michelangelo und das Ende der Renaissance (Band 2) — Berlin: Grote, 1908

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Simson und Dalila 445

sieht hier Entwürfe für das Fresko in der Sixtina. Frey hat dies
bestritten und sie in eine spätere Zeit verlegt, worin ich ihm,
kenne ich auch die Originale nicht, durchaus beistimmen muss.
Für verfehlt aber halte ich seine Deutung der Darstellung als des
Kampfes Simsons mit einem Philister. Wie könnte man in der
kleinen Gestalt den Herkules - Simson erkennen? Und wenn
Frey auf die sogenannten Simsonskizzen in Oxford (s. oben II,
S. 377), mit denen die Darstellung Ähnlichkeit hat, verweist, so
haben wir ja schon gesehen, dass dort nicht Simson dargestellt
ist, sondern Studien für den „Traum" zu gewahren sind. Ich muss
daher an der Bezeichnung: „David und Goliath" festhalten und
halte es für wahrscheinlich, dass die Entwürfe für Daniele da
Volterra bestimmt waren, der in seinem Bilde im Louvre Nr. 3,
das einst den Namen Michelangelos trug, den Vorgang ähnlich
dargestellt hat. Schon Mariette erklärte, es sei nicht von dem
Meister, vielleicht aber sei eine Zeichnung Desselben benutzt worden,
und erwähnt von B. Audran angefertigte Stiche. (Bottari: Racc.
II, 290.)
X
Simson und Dalila
In Oxford, Univ. Gall. Nr. 55 (Thode 434. Br. 1718. Abb.
Fisher II, 10) wird ein Entwurf zu einer solchen Darstellung auf-
bewahrt. Berenson meint, es sei eine Skizze von Raffaello da
Montelupo oder Antonio Mini nach einer Vorlage von Michelangelo,
und es scheint in der That zweifelhaft, ob wir des Meisters eigene
Hand hier erkennen dürfen. Nach wiederholter und langer Be-
trachtung schien mir dies doch nicht ausgeschlossen. Jedenfalls ist
es eine Konzeption Michelangelos.
Mit den Armen sich auf den Boden stützend, das rechte Bein
über das linke gestellt, liegt, am Kopf der Haare beraubt, Simson,
den für die Medicigräbern geplanten Flussgöttern vergleichbar.
Auf seiner Hüfte kniet die viel kleinere nackte Gestalt des Weibes,
das sich mit dem linken Arm auf seinen Rücken aufstützt und, nach
hinten sich umdrehend, mit erhobener Hand die Philister herbei-
ruft. Die in seltsamer Weise den Riesen kennzeichnende Dar-
stellung ist von unheimlich prägnanter Wirkung. Die formale Idee
einer Gruppe von zwei in den Verhältnissen verschieden grossen
Gestalten ist auf die des „David und Goliath" in der Sixtina zu-
rückzuführen. Die Komposition vergleicht sich derjenigen der
„Venus mit Amor", was Berenson zu der Ansicht verleiten konnte,
die kleine Skizze für letzteres Bild in London (1859 —6—25 —553.
Thode 295. Br. 1504. Fagan LII) als Simson und Dalila zu deuten.
 
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