Der Engelsturz
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B. Der Engelsturz
Gleichzeitig mit dem Gedanken des Jüngsten Gerichtes für
die Altarwand der Sixtinischen Kapelle fasste kurz vor seinem
Tode Clemens VII. jenen, an der Eingangswand den Sturz Luzifers
und der Engel von Michelangelo malen zu lassen. Das Einzige,
was wir hierüber erfahren, findet sich in der zweiten Ausgabe
Vasaris. „Und an der anderen Wand gegenüber über dem Haupt-
eingang hatte er ihm Auftrag gegeben, darzustellen, wie Luzifer
wegen seines Hochmuthes aus dem Himmel verjagt ward und zu-
gleich mit in die Tiefe der Hölle alle jene Engel, die mit ihm ge-
sündigt, hinabgestürzt wurden. Wie sich erwies, hatte Michelangelo,
es ist schon viele Jahre her, für diese Komposition Skizzen und
verschiedene Zeichnungen angefertigt, deren eine dann von einem
sizilianischen Maler, der viele Monate lang Michelangelo als Farben-
reiber diente, in der Kirche der Trinitä in Rom ausgeführt worden
ist. Dieses Werk befindet sich im Querschiff der Kirche, in der
Kapelle des hl. Gregorius, in Fresko gemalt, und obgleich es schlecht
in der Behandlung ist, gewahrt man doch etwas grossartig Ge-
waltsames (terribile) und grosse Mannigfaltigkeit in den Stellungen
und Gruppen der nackten Gestalten, die vom Himmel herab regnen,
und der in die Tiefe der Erde Gestürzten, die in verschiedenartige
bizarre, von Schrecken erfasste Teufelsgestalten verwandelt sind;
und eine kapriziöse Phantasie ist es wahrhaftig."
Zwei spätere Zeugnisse führt Steinmann (Sixt. Kap. S. 524) an.
Im Codex Capp. Vat. 231, p. 27 des Giulio Mancini heisst es:
„dicono alcuni, ehe la caduta di Lucifero dentro in chiesa sia di
Jacomo da Pontormo". Und in Gaspare Celios „Memorie dei nomi
delli artefici, delle pitture ehe sono in alcune chiese, facciate e
palazzi di Roma", Napoli 1638 (Handschrift im Archäol. Institut in
Rom): „da capo incontro alla Assunta di Federico vi e la pittura
della caduta degli Angioli con alcuni Profeti e Sibille con la sua
invetriata; il tutto e disegno di M. A.; di chi li habbia coloriti
l'opinione e incerta, si dice ehe fu un N. Siciliano, ehe mori subito
dopo, alti dicono che furno quelli due ehe fece venire il Buonarroti
da Firenze per cominciare la volta; puö essere che gli tre insieme
la pingessero essa opera, poiche si va vedendo, che la volta non e
simile del tutto al restante quanto colorito."
Bei Filippo Titi: Studio di pittura, Rom 1674, p. 408 findet
sich nur eine kurze Wiederholung der Vasari'schen Angaben. Im
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B. Der Engelsturz
Gleichzeitig mit dem Gedanken des Jüngsten Gerichtes für
die Altarwand der Sixtinischen Kapelle fasste kurz vor seinem
Tode Clemens VII. jenen, an der Eingangswand den Sturz Luzifers
und der Engel von Michelangelo malen zu lassen. Das Einzige,
was wir hierüber erfahren, findet sich in der zweiten Ausgabe
Vasaris. „Und an der anderen Wand gegenüber über dem Haupt-
eingang hatte er ihm Auftrag gegeben, darzustellen, wie Luzifer
wegen seines Hochmuthes aus dem Himmel verjagt ward und zu-
gleich mit in die Tiefe der Hölle alle jene Engel, die mit ihm ge-
sündigt, hinabgestürzt wurden. Wie sich erwies, hatte Michelangelo,
es ist schon viele Jahre her, für diese Komposition Skizzen und
verschiedene Zeichnungen angefertigt, deren eine dann von einem
sizilianischen Maler, der viele Monate lang Michelangelo als Farben-
reiber diente, in der Kirche der Trinitä in Rom ausgeführt worden
ist. Dieses Werk befindet sich im Querschiff der Kirche, in der
Kapelle des hl. Gregorius, in Fresko gemalt, und obgleich es schlecht
in der Behandlung ist, gewahrt man doch etwas grossartig Ge-
waltsames (terribile) und grosse Mannigfaltigkeit in den Stellungen
und Gruppen der nackten Gestalten, die vom Himmel herab regnen,
und der in die Tiefe der Erde Gestürzten, die in verschiedenartige
bizarre, von Schrecken erfasste Teufelsgestalten verwandelt sind;
und eine kapriziöse Phantasie ist es wahrhaftig."
Zwei spätere Zeugnisse führt Steinmann (Sixt. Kap. S. 524) an.
Im Codex Capp. Vat. 231, p. 27 des Giulio Mancini heisst es:
„dicono alcuni, ehe la caduta di Lucifero dentro in chiesa sia di
Jacomo da Pontormo". Und in Gaspare Celios „Memorie dei nomi
delli artefici, delle pitture ehe sono in alcune chiese, facciate e
palazzi di Roma", Napoli 1638 (Handschrift im Archäol. Institut in
Rom): „da capo incontro alla Assunta di Federico vi e la pittura
della caduta degli Angioli con alcuni Profeti e Sibille con la sua
invetriata; il tutto e disegno di M. A.; di chi li habbia coloriti
l'opinione e incerta, si dice ehe fu un N. Siciliano, ehe mori subito
dopo, alti dicono che furno quelli due ehe fece venire il Buonarroti
da Firenze per cominciare la volta; puö essere che gli tre insieme
la pingessero essa opera, poiche si va vedendo, che la volta non e
simile del tutto al restante quanto colorito."
Bei Filippo Titi: Studio di pittura, Rom 1674, p. 408 findet
sich nur eine kurze Wiederholung der Vasari'schen Angaben. Im