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Thode, Henry; Michelangelo; Michelangelo [Mitarb.]
Michelangelo: kritische Untersuchungen über seine Werke; als Anhang zu dem Werke Michelangelo und das Ende der Renaissance (Band 2) — Berlin: Grote, 1908

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446 Gemälde, Zeichnungen und Entwürfe religiösen Inhaltes

Hierfür spricht scheinbar der Umstand, dass die liegende Figur in
der Skizze männlich ist. Aber für die Darstellung nackter weib-
licher Figuren hat sich Michelangelo öfters eines männlichen Modelles
bedient, und, abgesehen davon, dass die Haltung des Liegenden
ganz derjenigen der Venus entspricht und in ihrer Lässigkeit für
einen Simson nicht passt, ist es unmöglich, in der Kinderfigur
hinter ihren Füssen Dalila zu erkennen.
Erwähnen möchte ich, dass Berenson in der Studie zum Unter-
körper einer Figur auf der Rückseite des Blattes mit der gross-
artigen Maske in Windsor (Thode 535. Br. 1610) Ähnlichkeit
mit dem Simson in Oxford findet.
In die gleiche Zeit, wie die Venus, möchte ich den Simson-
entwurf versetzen, auch in ihm, in der Behandlung des Problems
der liegenden Gestalt ist der Zusammenhang mit den Medicifiguren
zu gewahren. Auch in ihm offenbart sich des Künstlers Verweilen im
Bereiche des „Riesenheims". Die Beschäftigung mit der Gruppe des
„Simson und die Philister" mag ihn auf den Gedanken geführt haben.

XI
Das „Noli me tangere" 1531
Am II. April 1531 (nach Freys zutreffender Berechnung)
schreibt Figiovanni in Florenz an den gleichfalls in Florenz befind-
lichen Michelangelo:
„Ich möchte Euch nicht lästig fallen; doch muss ich Euch
durch diesen Brief melden, dass der ehrwürdigste Erzbischof von
Capua von Neuem Euch sagen lässt, dass, wenn Ihr jenem Herrn
den Dienst erweisen wollt, der Papst ihn als ihm selbst geschehen
betrachten wird, und so bittet er Euch von Neuem, ihm den Wunsch
zu erfüllen, ohne Euch jedoch zu belästigen, und zwar auf Lein-
wand oder auf Holz nach Eurem Belieben. Entsprecht Ihr seinem
Wunsche in der Wahl des Vorwurfes, so ist er mit Allem einver-
standen, seien die Figuren gross oder klein. Nichtsdestoweniger
aber denkt daran, dass das Bild nahe gesehen sein will, sei es in
kleinem Raume oder in einem Saale oder in der Kirche ... Und
weiter will Seine Ehrwürdigste Signoria hierüber Nichts sagen; Alles
sei Euch überlassen. Von mir aus aber sage ich: würde es Euch
gefallen, eine Skizze in Kreide oder auf einem grünen Blatt auf-
gehöht zu machen und zu senden, so meine ich, wäre das gut ...
Der Ehrwürdigste Capua schrieb, nachdem er von Euch das Ja-
wort erhalten, an den Marchese, dass Ihr begierig wäret, seinen
Wunsch zu erfüllen und ihm zu Eurer eigenen Genugthuung und
zu seiner Freude zu Diensten zu sein, und Seine Ehrwürden sagte:
 
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