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Thode, Henry; Michelangelo; Michelangelo [Mitarb.]
Michelangelo: kritische Untersuchungen über seine Werke; als Anhang zu dem Werke Michelangelo und das Ende der Renaissance (Band 2) — Berlin: Grote, 1908

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Die Erzählung von dem Mörser

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der Sakristei aufbewahrt werden, angefertigt habe. Grimm erwähnt
zwar solche, die er 1531 für den Kardinal Farnese gemacht (II, 186),
aber es handelt sich hier um keine beglaubigte Thatsache. Eine
Tradition hatte sich im XVIII. Jahrhundert herausgebildet, dass die
bei Festen am Hochaltar verwendeten grossen goldenen Leuchter
Werke des Meisters seien: wir finden sie unter Anderem in einem
Briefe Wilhelm Heinses an Gleim vom 30. Juni 1782 (Sämtliche
Schriften, Leipzig 1857, V, S. 338): „sieben grosse Leuchter nach
Michel Angelo, wie man behauptet aus reinem gediegenem Golde,
vortrefflich gearbeitet." Was wir wissen, ist dies, dass im Jahre 1581
der Kardinal Alessandro Farnese zwei vergoldete Silberkandelaber
(gemeinhin für goldene gehalten) mit Kristallreliefs von Giovanni
Bernardi (Vasari V, 273) und ein Kreuz, von der Hand des Antonio
Faventino gearbeitet, der Basilika schenkte. Vier andere grössere
kamen als Geschenk des Kardinals Francesco Barberini 1680 hinzu.
(Die anderen Leuchter sind Geschenke Gregors XIII., Urbans VIII.,
der Panfilis etc. Vgl. Chattard: Nuova Descriz. del Vaticano I.,
S. 231. 240 u. A.)
Willkürlich auch ist die Bezeichnung der zwei von Letarouilly
(Le Vatican. Bas. de St. Pierre Pl. 38) abgebildeten Leuchter, des
einen mit dem Namen Michelangelos, des anderen mit dem Raphaels.
Sie wären angeblich von Cellini ausgeführt und im XVIII. Jahrhundert
unter Pius VI. eingeschmolzen worden (publ. zuerst von Charles
Normand: Deux candelabres composes par R. et M., Paris, 1803
nach einer 1778 angefertigten Zeichnung. — Ital. Ausgabe von
Pietro Narducci. Mailand 1823). Das Gleiche gilt von der Zu-
schreibung der Kandelaber in der Kapelle Strozzi in S. Andrea
della Valle in Rom an Michelangelo (S. o. II, S. 188).
In den Uffizien wird die Federzeichnung eines auf einer Säule
angebrachten ziemlich einfachen Kandelabers (530, Nr. 594) mit
einem berechtigten Fragezeichen dem Michelangelo zugewiesen.

XXIV
Die Erzählung von dem Mörser
In einem Briefe des hochgebildeten Kunstfreundes und Sammlers
Vincenzo Giustiniani an den Advokaten Teodoro Amideni (Ende
des XVI. Jahrhunderts, Bottari VI, 133) lesen wir folgende Künstler-
anekdote:
„Ich habe einen Mörser, von der Hand Buonarrotis, des ersten
Bildhauers, Malers und Architekten unsres Jahrhunderts, gearbeitet
gesehen, mit vielen Arabesken, Blattwerk und Masken, Grotesken
und anderen anmuthigen Einfällen, mehr der Art eines Intagliators
 
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