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Thode, Henry; Michelangelo; Michelangelo [Contr.]
Michelangelo: kritische Untersuchungen über seine Werke; als Anhang zu dem Werke Michelangelo und das Ende der Renaissance (Band 2) — Berlin: Grote, 1908

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Eine Verwechslung von Lionardo und Michelangelo — Der Traum 375

Mariette, in dessen Besitz sich die Zeichnung befand, hielt die
Gestalt für einen Engel, der ein bekrönender Abschluss des von
ihm willkürlich rekonstruirten Juliusdenkmal gewesen sei (Observ.
zu Condivi S. 71). Dieser Irrthum braucht nicht widerlegt zu
werden. Alles spricht dafür, dass der Entwurf der für Federigo
Ginori angefertigte ist.
XV
Eine Verwechslung von Lionardo und Michelangelo
Von einer Michelangelo zugeschriebenen Röthelzeichnung,
welche auf grossem Blatte ,,un Nettuno tirato da quattro spumanti
bizzarrissimi cavalli marini" darstellte, spricht Giacomo Carrara in
Bergamo, in dessen Besitz sie sich befand, in einem Briefe vom
19. Juni 1768 an Bottari (Lett. VI, 247). Auf dem Blatte war der
Vermerk zu lesen: „Questo Nettuno, disegno originale di Michel-
agnolo Bonarrota, pervenne in mano di Gio. Paolo Lomazzo: fu
poi l'anno 1578 conservato da Gio. Ambrogio Figino per essere stato
suo maestro, e finalmente dal detto Figino lasciato l'anno 1608 al
sig. Ercole Bianchi suo erede." Carrara, welcher sagt: ,,la terri-
bilitä della mossa di quella figura non puö essere piü animata ed
espressiva", meint, es sei ein Entwurf für einen Brunnen gewesen.
Es kann wohl kaum zweifelhaft sein, dass diese Zeichnung
keine andere ist, als der herrliche Entwurf Lionardos in Windsor.
XVI
Der Traum
,,I1 Sogno" wird von Vasari eine Komposition genannt, deren
von Lafreri herausgegebene Reproduktion in Kupferstich er erwähnt.
I. Diese Zeichnung existirt noch heute, denn ich stehe nicht an,
das im Grossherzoglichen Schlosse zu Weimar aufbewahrte,
in Kreide ausgeführte Blatt (Thode 520. Phot. Br. 39), das einst
im Besitze Ottleys, dann Woodburns, Robinsons, endlich des
König Heinrichs von den Niederlanden war, für das Original
von Michelangelo zu halten, so vollkommen ist die Model-
lirung des nackten Körpers, so geistreich die Skizzirung der
Nebenfiguren und so durchaus im Stil der für Cavalieri an-
gefertigten Blätter und der ersten Gesamtstudien für das
Jüngste Gericht (Bayonne, Casa Buonarroti, London) die Be-
handlung. Man darf verwundert sein, dass es nicht längst
eingehendere Beachtung gefunden, sondern einfach als Kopie
abgethan wurde. Wenige freilich dürften es gesehen haben,
aber auch der vortrefflichen Braun'schen Photographie hätte
man ein sicheres Urtheil entnehmen können.
 
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