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Thode, Henry; Michelangelo; Michelangelo [Mitarb.]
Michelangelo: kritische Untersuchungen über seine Werke; als Anhang zu dem Werke Michelangelo und das Ende der Renaissance (Band 2) — Berlin: Grote, 1908

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Der Karton „Epifania"

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Entwurf dürfte in den zwanziger Jahren entstanden sein. In wie
ergreifender Weise er das genrehafte Motiv mit tiefem Sinne durch-
drungen hat, sagte uns Heinse. Ich möchte hinzufügen: es ist eine
Traumweissagung auf die Pieta! Eine Pietädarstellung aus der Kind-
heit Christi.
VI
Der Karton „Epifania"
In der Hinterlassenschaft des Meisters befand sich ,,un cartone
grando dove sono designate et schizzate tre figure grandi et dui
putti." (Gotti II, 151.) Mit Sicherheit ist dieser Karton zu identi-
fiziren mit einem, den Daniele da Volterra in seinem Briefe vom
17. März 1564 an Vasari anführt als: ,,1'altro quello che dipigneva
Ascanio (Condivi)." (Gotti I, 357.) Der Notar, der bei der Erb-
schaftsregelung fungirte, hat ihn erhalten: Lionardo bekam alle
Kartons „exceptis tamen duobus ex eis, videlicet suprascripto nuper
consignato domino Thomao de Cavaleriis, et altero magno in
quo sunt designate tres figure magne et duo pueri,
nuncupato Epifania, dimisso penes me notarium."
Es kann nun kein Zweifel sein, dass dieses Werk in dem
grossen Karton mit überlebensgrossen Figuren der Malcolm-
schen Sammlung im Printroom des British Museum (Thode 552.
Ber. 1537. Sidney Colvin: Guide to an exhibition of drawings 1895),
der früher im Besitze von Sir Thomas Lawrence und bei Woodburn
war (Passavant: Kunstreise 109; Waagen: Künstler und Kunst-
werke I, 440), wieder zu erkennen ist. Denn, befinden sich auch
auf diesem in der That drei Figuren mehr, so sind deren Köpfe
doch so im Hintergründe, dass die Bezeichnung des Inventars: „drei
Figuren und zwei Kinder" vollständig gerechtfertig erscheint. Trotz-
dem es sehr gelitten, trägt das gewaltige Werk Michelangelos Geist,
Formensprache und Technik noch deutlich zur Schau.
Erhalten ist uns nun aber auch eine unerfreulich harte und un-
geschickte Gemäldekopie in der Casa Buonarroti, in der
„Descrizione" der Galerie von dem jüngeren Michelangelo als „bozza
di mano di Michelangelo" bezeichnet (Fanfani S. 17). Ich stehe nicht
an, in dem Maler Ascanio Condivi zu erkennen, denn offenbar
handelt es sich um die von Daniele da Volterra erwähnte Kopie.
Sie entspricht dem Karton, nur enthält sie noch zwei weitere Köpfe,
so dass die Gesamtzahl der Figuren zehn ist.
Die Mitte der Darstellung nimmt die mächtige Gestalt der
Maria ein. In ein Untergewand, ein helles, an der rechten Schulter
herab gerutschtes Obergewand und einen Mantel gekleidet sitzt sie
 
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